Österreich : Österreich ist Europameister beim Bodenverbrauch

Bei der Verbauung von Äckern und Wiesen ist Österreich führend. "Es wird sechsmal so viel verbaut wie in der Nachhaltigkeitsstrategie der Österreichischen Bundesregierung im Jahr 2002 festgeschrieben wurde. Wir sind somit bei der Zerstörung unserer Böden leider Europameister im negativen Sinn", betonte Hagelversicherungs-Chef Kurt Weinberger am Montagabend bei einem "Kamingespräch" mit Experten.

Der Bodenverbrauch gefährde so die Lebensgrundlage der nächsten Generationen. In den vergangenen zehn Jahren wurden laut einer Aussendung vom Dienstag pro Tag durchschnittlich 20 Hektar Äcker und Wiesen verbaut, was der Fläche von 30 Fußballfeldern täglich entspricht. "Wir fordern daher eine Korrektur der Bodenpolitik und eine Reform der Raumordnung", so der gemeinsame Appell von Weinberger, Salzburgs Grünen-Chefin LHStv. Astrid Rössler, Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer sowie Karl Kienzl vom Umweltbundesamt.

"Die verbaute Fläche nahm von 2001 bis 2016 um rund 24 Prozent zu. Das entspricht einem Plus von rund 1.090 Quadratkilometern", was umgerechnet rund dem 2,5-Fachen der Landesfläche Wiens entspricht, erläuterte Pesendorfer. Damit wuchs die Beanspruchung von Flächen seit 2001 deutlich schneller als die österreichische Bevölkerung (plus 8,7 Prozent), so der Experte weiter. Ein folgenschweres Umweltproblem sei die fortschreitende Bodenversiegelung, also die Abdeckung des Bodens durch wasserundurchlässige Schichten, etwa Asphalt. Der Anteil der versiegelten Flächen an den Siedlungs- und Verkehrsflächen in Österreich betrug 2016 rund 41 Prozent.

Das Umweltbundesamt präsentierte die aktuellen Werte der Verbauung, die zumindest einen Rückgang erkennen lassen. In den Jahren 2014 bis 2016 wurden pro Tag durchschnittlich 14,7 Hektar an Boden verbaut, während es in der Periode 2013 bis 2015 noch täglich 16,1 waren. Die Böden stehen infolge für die landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr zur Verfügung. Der Wegfall von Versickerungsfläche erhöht zudem die Gefahr von Überschwemmung und Hochwasser. Von den 14,7 Hektar an täglichem Bodenverbrauch werden sechs Hektar versiegelt. Das bedeutet, dass kein Wasser- und Luftaustausch für den mehr Boden möglich ist und die natürlichen Bodenfunktionen verloren gehen, erläuterte Kienzl die Konsequenzen.

Der Umwidmung von Agrar- in anderweitige Nutzflächen steht andererseits eine enorme Fläche an ungenutzten Gewerbe- und Industriegründen und Gebäuden gegenüber, wie Weinberger ausführte: "In Österreich stehen rund 40.000 Hektar an Industriebrachen leer, das entspricht in etwa der Fläche der Stadt Wien. Diese sollten durch finanzielle Anreize wieder wirtschaftlich genutzt werden." Weitere Fakten zum Bodenverbrauch zeigen zudem, dass Österreich mit 1,8 Quadratmetern die höchste Supermarktfläche pro Kopf hat (Italien: 1,0, Frankreich: 1,2) und mit 15 Metern pro Kopf eines der dichtesten Straßennetze (Deutschland: 7,9, Schweiz: 8,1).

Zumindest in Salzburg will die Landesregierung diesen Entwicklungen mit einem neuen Raumordnungsgesetz entgegenwirken. Die Novelle soll Anfang 2018 in Kraft treten, kündigte Rössler an. Damit erfolgt unter anderem die Ansiedlung von neuen Märkten künftig nach strengen Kriterien. "Bei Verbrauchermärkten wird auf eine ausreichende Anzahl an Einwohnern im Nahbereich geachtet. Neue Handelsgroßbetriebe an den Ortseinfahrten oder unmittelbar an einem Kreisverkehr oder auf der 'grünen Wiese' sollen damit der Vergangenheit angehören", sagte Rössler. (APA)

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