Bauweise : Müssen Häuser bei Erdbeben einstürzen?

Es ist weniger die Lava, vor der die Bewohner von Catania auf Sizilien Angst haben, sondern mehr die Erdbeben, die mit dem Vulkanausbruch einhergehen. In der Nacht auf gestern, Mittwoch, brach der Ätna aus und mehrere Erdstöße gingen mit der Eruption einher. Das stärkste dieser Erdbeben erreichte einen Wert von 4,9 auf der Richterskala. Das US Gyological Survey berichtet sogar von der Erdbebenstärke 5. Die Folge: Viele Gebäude wurden schwer beschädigt, 28 Menschen verletzt und 370 Menschen können nicht mehr in ihre Häuser zurück. 1.600 Aufforderungen wurden beim Zivilschutz eingereicht – der soll feststellen, ob die Gebäude stabil oder einsturzgefährdet sind.

Dabei müssten, würden alle technischen Maßnahmen getroffen, gar keine Häuser einstürzen. Der Stand der Technik ermöglicht eigentlich sogar den Turmbau in besonders erdbebenreichen Regionen.

Airbag gegen die Erschütterung

So kann ein Airbag nicht nur Autofahrer, sondern auch Gebäude schützen. Denn ist der bebende Untergrund das, was Schwierigkeiten bereitet, macht eine Isolation unter der Bodenplatte durchaus Sinn. Die pumpt sich mit Luft auf, sobald ein Sensor Erschütterungen wahrnimmt und fängt sie ab. Das Haus wird dadurch tatsächlich ein wenig in die Höhe gehoben. Die Methode wird etwa in Japan angewendet.

https://youtu.be/4cJ6AUUOEJY

Wenn das Pendel schwingt

Starke Schwingungen müssen auch in Taiwan abgefangen werden. So weist der Wolkenkratzer Taipeh 101 mit ebenso vielen Stockwerken eine besondere Stahlkonstruktion auf – wie ein Pendel ist eine 660 Tonnen schwere Stahlkugel im Inneren des Turmes angebracht und schwingt bei einer Erschütterung in die entgegengesetzte Richtung des sich bewegenden Baus. Die Bewegungen neutralisieren einander also. Ähnliche Systeme – sogenannte Schwingungstilger – kommen auch im John Hancock Building in Boston und dem Centerpoint Tower in Sydney zum Einsatz.

https://youtu.be/OSEYOavsKxA

Bauweise und Baustoffe machen den Unterschied

Um Bauen erdbebensicher zu gestalten, wird in erster Linie auf solche Baustoffe und Bauweisen gesetzt, die sich bei horizontaler Belastung nur wenig verformen – wie Bauten aus Stahl, die Stahl-Beton-Verbundbauweise oder der Fachwerksbau. Andere Faktoren spielen ebenso eine Rolle in der Erdbebensicherheit, wie eine Schwerpunktlegung möglichst nahe am Boden oder symmetrische Grundrisse. Verschiedene Arten der Lagerung funktionieren außerdem nach einem ähnlichen Prinzip wie die Airbags in Japan – sie trennen das Gebäude vom Untergrund ab, um die Kräfte von Erdbeben auf die Struktur zu verringern. Gegen starke Erdbeben werden hier große Vollgummilager eingesetzt.

Bambus, Nylon und Beton

Der peruanische Ingenieur Marcial Blondet stellte vor wenigen Jahren seine Idee vor, Betonmauern durch Plastiknetze zu sichern. So würden einfache Häuser in Peru nicht mehr mit Lehmziegeln gebaut, da diese bei Erdbeben zerbersten, sondern aus Netzen aus starkem Nylon, die einfach verputzt werden. Solche Wände könnten an bereits bestehenden Betonmauern zusätzlich angebracht werden und sie so stabilisieren, meint Blondet. Er ist mit der Idee nicht ganz alleine, wird in Indien doch bereits Bambus in Beton eingearbeitet.

Lesen Sie weiter auf Seite 2: Können diese Methoden Italien in Zukunft erdbebensicher machen?

Die Lage in Italien

In Italien sind es aber oftmals die alten Gebäude, die den Erschütterungen zum Opfer fallen. Das kann an ihrer Bauweise, dem sogenannten Füllmauerwerk, liegen. Hier werden die Hohlräume zwischen Außen- und Innenmauer mit losen Geröll gefüllt – das Gebäude wird damit höchst instabil, da die Energie eines Erdbebens jeden Stein einzeln bewegt. Wurden später noch schwere Betondächer auf die alten Häuser aufgesetzt, verschlimmerte das die Instabilität nur noch. Solche Häuser sind trotzdem nicht unrettbar. So könnten die schweren Dächer durch leichtere ausgetauscht werden. Zudem sollten Innen- und Außenmauer mit dem dazwischenliegenden losen Gestein mit Stahlgittern zusammengehalten werden. Dieser sogenannte Schachtel-Effekt lässt die Häuser als ein großes Ganzes auf die Schwingungen reagieren, was sie stabiler macht.

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