Sicherheit : Maurer leben gefährlich
Ein Schwerverletzter bei Abbrucharbeiten auf einer Baustelle in der Simmeringer Hauptstraße in Wien, ein Toter bei Dacharbeiten im burgenländischen Oberwart – und das alles an einem Tag Mitte Juni. Die Serie von Arbeitsunfällen am Bau reißt nicht ab. Immerhin jeder fünfte Arbeitsunfall passiert am Bau. Im Vorjahr gab es allein in dieser Berufssparte 18.087 Arbeitsunfälle, insgesamt zählte die AUVA über alle Wirtschaftsklassen 98.995 Arbeitsunfälle. 21 Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Im Jahr zuvor starben bei 20.713 Unfällen noch 41 Arbeiter.
Wer am Bau arbeitet, lebt also nach wie vor gefährlich. „Grob gesagt: am Bau gibt es zehn Prozent der Beschäftigten,20 Prozent der Unfälle und 30 Prozent der Toten“, sagt Erich Bata, in der AUVA für den Bau zuständig. Am gefährdetsten sind Maurer: in dieser Berufsgruppe kam es im Vorjahr zu 4222 Unfällen, gefolgt von Bauspenglern und Sanitär- und Heizungsinstallateuren mit 1978 Arbeitsunfällen. Platz drei belegen Zimmerleute und Bautischler (1603 Arbeitsunfälle). Rund ein Viertel der Verletzungen sind "nur" Quetschungen und Prellungen, in zwölf Prozent der Fälle handelt es sich um Knochenbrüche. Wirtschaftlich gesehen keine Kleinigkeit: Knochenbrüche verursachen mit rund 100.000 pro Jahr die meisten Krankenstandstage – das ist ein Drittel aller im Bauwesen durch Arbeitsunfälle bedingten Ausfallstage.
Unlesbare Vorschriften
Aber es gibt eine gute Nachricht: die Arbeitsunfälle in der Baubranche gehen kontinuierlich zurück. Bata sowie Wolfgang Birbamer von der Gewerkschaft Bau-Holz führen das neben der kontinuierlichen Aufklärungsarbeit bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern auch auf die gesetzlichen Vorschriften wie Bauarbeitenkoordinationsgesetz und die für Bauarbeiten zutreffenden Arbeitnehmerschutzvorschriften, die im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, der Arbeitsmittel- sowie der Bauarbeiterschutzverordnung und ähnlichen Regelungen zu finden sind, zurück. Wenn auch Birbamer die „wahre Flut an Arbeitnehmerschutzbestimmungen“ kritisiert. Diese seien zwar zum Wohle der Beschäftigten gedacht, aber zum Teil nicht mehr verständlich. „Wir arbeiten gemeinsam mit den Arbeitgebern daran, die Vorschriften für die Unternehmer lesbar zu machen“, erzählt er.
Betriebliche Verantwortung
Neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen hat auch die Sensibilität bei den Unternehmern laufend zugenommen: „Es ist eindeutig erkennbar, dass der Arbeitnehmerschutz vor allem bei großen Unternehmen funktioniert“, heißt es dazu aus dem Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten. Österreichweit sind 2009 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) 16.064 Baustellen besichtigt worden, 2910 davon in Wien. 17763 Übertretungen wurden dabei festgestellt. Problematisch seien vor allem kleinere Baustellen. „Leider kommen dort immer häufiger ungelernte Arbeitskräfte, wie etwa Leiharbeiter zum Einsatz“, kritisiert Bata. Deren Unfallrate sei viermal so hoch wie jene der gelernten, ständig am Bau Beschäftigten. Er führt die Tatsache, dass am Bau im Vergleich zu anderen Arbeitsstätten mehr und schwerere Unfälle passieren vor allem auf die sich ständig ändernden Gegebenheiten zurück: so würden die Arbeitsplätze von Tag zu Tag in die Höhe oder Tiefe wachsen, die Maschinen würden laufend umgestellt, dazu kämen sich dauernd ändernde Wetterbedingungen oder geologische Gegebenheiten - „mit einem Wort: eine Baustelle ändert täglich ihr Gesicht“, so der AUVA-Experte.
Um auch auf kleinen, privaten Baustellen das Risiko zu minimieren, setzt Birbamer, auch Obmann-Stellvertreter der AUVA, künftig auf Kooperation mit den Kommunen. Ziel sei es, dass auch private Bauherren beim Einsatz mehrerer Gewerke einen Sicherheits- und Gesundheitsplan erstellen sollten. „Es gibt Gespräche darüber, wie die Kommunen diese dabei mit Informationen unterstützen können“, erzählt Birbamer. Denn Unfälle wie in Wien und im Burgenland kommen auch auf privaten Baustellen regelmäßig vor.
Diese und noch mehr spannende Stories lesen Sie in SOLID Ausgabe 7/8 – Juli/August 2011