Interview mit Manfred Asamer : "Kriegsgewinner ist man nie"

Manfred Asamer ist Chef in zweiter Generation. Das Unternehmen wurde von Vater Hans Asamer vor 50 Jahren mit einem Lastwagen gegründet, der für den Bau der Westautobahn Schotter lieferte. Heute ist das Unternehmen ein Großkonzern mit Holding und internationalen Töchtern: In 19 Ländern produzieren 154 Werke Beton, Zement & Co. Ein Fünftel des Umsatzes erwirtschaftete der Konzern letztes Jahr in Libyen. Die Umsatzträger sind zu 50 % Kies und Beton, 40 % entfallen auf Zement und der Rest sind Recyclingumsätze. Manfred Asamer führt gemeinsam mit seinen zwei jüngeren Brüdern Kurt und Andreas den Baustoff-Konzern.

SOLID: Herr Manfred Asamer, was treibt Sie an?

Manfred Asamer: Es ist ein Auftrag, ein Familienunternehmen über Generationen hinweg unabhängig zu führen.

Asamer ist seit 50 Jahren erfolgreich. Doch mit dem Libyen-Krieg mussten Sie drei Zementwerke ausschalten und sehen 20 Prozent des Vorjahresumsatzes schwanken. Wie managen Sie diese schwierige Situation?

Asamer: Das ist ein markanter Eingriff. Vor sechs Wochen ist die Lage in Libyen eskaliert. Das ist bisher erst ein kurzer Zeitraum. Die ersten eineinhalb Monate haben wir ganz normal produziert. Jetzt kommt es darauf an, wann es wieder möglich ist, den Betrieb aufzunehmen. Zum Glück haben wir auch für dieses politische Risiko entsprechende Versicherungen abgeschlossen. Zusätzlich gibt es ein sehr gutes bilaterales Investitionsschutzabkommen zwischen Libyen und Österreich, das den jeweiligen Investor im anderen Land schützt. Wir rechnen damit, dass wir unsere Schäden ersetzt bekommen.

Wie sieht die Lage derzeit in ihren libyschen Werken aus und was tun Sie?

Asamer: Unsere Werke sind nach uns vorliegenden Informationen nicht beschädigt, aber sie wurden runtergefahren, um Schäden zu vermeiden. Unsere Ex-Patriats sind aus Sicherheitsgründen außer Landes gebracht und nun ist auch nicht mehr gewährleistet, dass die Fabriken fachmännisch in allen Bereichen geführt und gemanagt werden. Jetzt warten wir, wie es weitergeht. Es ist zur Zeit sehr schwer einzuschätzen, wie es politisch weitergehen wird. Ich glaube eher nicht, dass sich das derzeitige Regime halten kann. Natürlich gibt es verschiedene Szenarien – Voraussetzung ist aber politische Stabilität und Sicherheit für unsere Mitarbeiter.

Sie haben Anfang Februar bereits gesagt, dass Sie mit Zementsäcken in Libyen durchaus wieder ein Geschäft machen könnten. Sind Sie ein Kriegsgewinner?

Asamer: Nein Kriegsgewinner ist man aus so einer Situation sowieso nie. Das, was wir abzusichern versucht haben, sind Schäden, die wir durch diesen Krieg erleiden. Werden die Schäden ersetzt, stehen wir so da, wie vorher.

Vor einem halben Jahr standen die Schalter von Asamer noch auf Expansion. Wie schaut es jetzt aus?

Asamer: Ich bin optimistisch. Die Baukonjunktur in Europa hat wieder positive Anzeichen im Gegensatz zu den Jahren 2009 und 2010. Aber die positive Stimmung der Wirtschaft ist noch nicht in Bautätigkeit umgesetzt worden.

Aber Faktum ist, die Staatskasse ist leer. Die Kassen der Gemeinden und Kommunen sind ebenfalls leer.

Asamer: Das ist die andere Seite. Die öffentlichen Budgets wurden zur Krisenbewältigung sehr stark reduziert. Das ist aus meiner Sicht ein falscher Weg. Wenn der Staat bei Infrastruktur, Bildung und Forschung spart, dann ist es so, als ob ein Unternehmen nichts mehr investiert. Das oberste Ziel der Politiker müsste sein, laufende Kosten etwa bei Pensionen oder Sozialversicherung einzusparen, um einen Spielraum für zukunftsorientierte Investitionen zu haben.

Die besten Geschäfte machte ihr Vater im Gasthaus. Wo und wie machen Sie ein halbes Jahrhundert später Geschäfte?

Asamer: Es ist das Naturell eines Familienbetriebes, dass man an sich eher die umgängliche Art des Geschäftemachens bevorzugt. Das hat uns als Österreicher auch bei der Osteuropa-Expansion in den 90er-Jahren Vorteile gebracht. Wir haben mit einer sehr lockeren, geselligen Art Partnerschaften im Osten gefunden hat. In dem Fall haben sich deutsche Unternehmen offensichtlich schwerer getan, die strikter aufgetreten sind, etwa mit: „Jetzt werden wir da alles neu organisieren“. Wir haben sehr viel technisches Know-How und Management-Know-How vor Ort vorgefunden und unsere Partner, mit denen wir nun seit 20 Jahren zusammenarbeiten, sind ein guter Widerpart in der Firmengruppe.

Den Stammtisch im Gasthaus gibt es also nicht mehr?

Asamer: Nachfolger des Stammtisches ist heute, im weiterentwickelten Sinn, das gemeinsame, freundschaftliche Abendessen.

Wie entwickeln sich Geschäfte in fernen Ländern – kauft man sich in lokalen Firmen ein?

Asamer: Wir haben sehr positive Erfahrungen damit gemacht, dass wir bestehende Betriebe übernehmen, auch wenn es im Osten zum Teil sehr alte Betriebe waren. Eine vorhandene Marktposition ist immer sehr hilfreich. So können wir uns regional präsentieren und die regionale Identität der Unternehmen bestehen lassen.

Ihr Vater war ein Schotterkaiser, Sie und ihre Brüder weiten die Tätigkeitsfelder immer mehr aus. Sie arbeiten an Leitplanken für Motorradfahrer, Basaltfasern und Mineralien, die mit Duftstoffen Hunde und Katzen von Sandkisten fernhalten oder Leichtbau für Flugzeuge. Wollen Sie das Schottergeschäft nicht mehr?

Asamer: Doch, die Innovationen sind nur eine konsequente Weiterentwicklung aus unserem Kerngeschäft. Unsere Strategie heißt „mineralische Rohstoffe und eine möglichst hohe Veredelung“. Das passiert beim Schotter mit hochwertigen Gesteinsprodukten, mit Ton und mit den traditionellen Baustoffen, wo immer gemeinsam mit dem Kunden Innovation gefordert ist. Der andere Bereich ist die Entwicklung innovativer, mineralischer Rohstoffe. Dazu gehören Industriemineralien wie Zeolith und Basaltfaser - ein höchst interessanter, neuer Verbundstoff. Innovation ist wichtig, weil ich heute nachdenken muss, was morgen am Markt gebraucht wird. Alle Produkte haben einen Lebenszyklus. Da muss man als Unternehmer einfach schauen, dass, richtig dosiert, immer wieder neue Produkte auf den Markt kommen.

Ist das verspielte, unternehmerische Neugierde oder ist mittelfristig ein lukratives Geschäft in neuen Produkten drinnen?

Asamer: Absolut. Das Ziel ist es ein Produkt zu entwickeln, das am Markt Absatz findet und Mehrwert bietet. Bei den Leichtbaumaterialien für Flugzeuge ist das ein langwieriger Weg. Aber für die Basaltfaserentwicklungen im Windenergiebereich und die Bewehrungsstäbe hoffe ich noch in Jahresfrist in die echte Anwendung zu gehen. Der Lärmschutz aus Altreifengummi ist ebenfalls weit gediehen. Bei diesem Produkt fehlen nur noch die Zulassungen, um dann mit kleinen 80 Zentimeter hohen Wänden am Schotterbett der Gleise eine Alternative zu den hohen Lärmschutzwänden zu bieten.

Ihr Vater sagte einmal: Ein Unternehmen, in dem die Kinder nicht arbeiten wollen ist krank oder die Erziehung ist falsch gelaufen. Schließen Sie sich dieser Einstellung an?

Asamer: Nein, ich kann keinen Menschen darauf programmieren, dass er Unternehmer sein soll oder muss. Es gibt bei Kindern oft ganz andere Neigungen und Talente als bei den Eltern. Es wäre verkehrt, wenn man irgendwen in etwas hinein zwängen oder pressen würde, das überhaupt nicht seiner Intention entspricht.

In Ohlsdorf, wo Ihre Zentrale steht, lebte Thomas Bernhard, der in seinem Stück „Heldenplatz“ sagte, die Österreicher seien stumpfsinnig, korrupt und engstirnig. Sehen Sie das auch so?

Asamer: Thomas Bernhard hat es zur jeweiligen Zeit und wenn es ihm reinpasste so formuliert. Aber auch anders. Vor seinem Ableben sagte er, es ist nirgends so schön wie in Österreich. Das hat man auch gespürt, dass es ihm in Österreich trotz seiner Kritik sehr gefallen hat. Ich kann das nur bestätigen: Wir leben hier auf einem sehr schönen Fleck Erde.