Blog : "Kein Stein auf dem anderen" nach Bau-Razzien?
Ab Donnerstag abends kracht eine Meldung nach der anderen auf den Tisch. Die schreibenden Kollegen sagen "Na, in deiner Branche ist ja mal wieder was ganz Unübliches passiert", und ein absoluter Insider meint am Telefon: "Es wird kein Stein auf dem anderen bleiben."
Die Liste der in den aktuellen Bau-Preisabsprachen-Skandal in Österreich involvierten Unternehmen ist lang und prominent. Strabag, Porr, Swietelsky, Habau - das ist das Größte und Stärkste, was Österreichs Bauwirtschaft zu bieten hat.
Eben erst haben die größte Baufirma Österreichs und die mit dem meisten Geschäft hierzulande mehr als zufrieden Bilanz für 2016 gezogen. Ein Teil davon: das Ziel der EBIT-Marge von drei Prozent wurde erreicht.
Drei Prozent.
Andere Branchen rühren für drei Prozent Marge nicht einmal einen Finger - viel zu riskant, viel zu knapp. Die Baubranche muss mit beiden Händen zupacken, um das zu erreichen.
Mittlerweile scheint, was die Schadenshöhe anbelangt, leise Beruhigung einzukehren und man kann nicht unmhin, sich wieder einmal ein paar Gedanken über Alarmismus zu machen und darüber, dass so mancher vielleicht einmal genauer nachfragen sollte, ehe er Zahlen in den Raum stellt. Denn der Unterschied zwischen 100 Millionen Schaden (wie es ursprünglich gemeldet wurde) und 100 Millionen Auftragswert (was der Wahrheit entsprechen dürfte) ist so ungefähr der zwischen drei Mal am Tag oder ein Mal im Monat eine warme Mahlzeit bekommen.
Dennoch: Da ist was schief gelaufen, da läuft was schief, da sind viele Rechtsmaterien betroffen von Straf- über Kartell- und Vergabe- bis zum Steuerrecht und darüber hinaus (darüber werden wir von SOLID Ihnen in den nächsten Monaten genau berichten).
Es liegt mir ferne, da irgend jemanden verteidigen zu wollen, denn was da offenbar geschehen ist, ist nicht in Ordnung und muss geklärt werden.
Aber ich erinnere mich an mein erstes persönliches Gespräch mit Karl-Heinz Strauss. Der Porr-Chef sagte damals Anfang 2015: "Die Leute, die bei der Alpine gearbeitet haben - und das waren ja sehr gute Leute - sind ja nicht verschwunden. Das heißt, die gleiche Anzahl von Bauleuten rauft um die maximal gleiche, eher kleiner werdende Zahl an Bauaufträgen. Das führt natürlich zu einem Margendruck und es wird sicher 2015/16 wieder eine Bereinigung geben." Und zuletzt meinte er, dass der Gesetzgeber aus Arbeitsmarktgründen "gar keine Marktbereinigung am Bau will".
Schauen wir der Wahrheit ins Auge und die ist - wie es eben manchmal vorkommt - nicht nur angenehm: Wenn Baufirmen keine anständigen Preise gezahlt werden, wenn Auftraggeber sie in ruinöse Preiskämpfe hetzen oder diese zumindest wohlwollend zur Kenntnis nehmen, dann kann man sich schon vorstellen, dass man in schwachen Stunden versucht, den Preis nicht zu tief werden zu lassen.
Ja, das ist rechtswidrig, teils kriminell, auf jeden Fall verboten.
Aber es lässt sich mit einer Vergabe- und Preiskultur auf Seiten der Auftraggeber in einem sehr hohen Maß von vornherein verhindern.