Österreich : Im Wiener Wohnbau muss mehr gefördert werden
Wien will die Quote leistbarer Wohnungen merkbar heben. Das soll über einen Hebel in der neuen Bauordnung, die Ende November beschlossen wird, passieren. So muss künftig auf allen Flächen, die neu als Wohngebiet gewidmet werden, ein verpflichtender Anteil geförderter Wohnungen entstehen. Konkret darf im Regelfall nur noch ein Drittel der Wohnnutzfläche frei finanziert werden.
"Das heißt, dass künftig auf jeder zusätzlichen Fläche in Wien, die dem Wohnen gewidmet wird, zu zwei Dritteln leistbarer Wohnraum geschaffen werden muss", erklärte der grüne Planungssprecher Christoph Chorherr im APA-Gespräch. Geregelt wird das über die neue Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau", die in der Bauordnungsnovelle verankert wird. Die Neuerung wurde öffentlich bereits in Grundzügen vorgestellt, in den vergangenen Wochen wurden nun die Details für den Vollzug der Regelung erarbeitet. Diese "Planungsgrundlagen" liegen der APA vor.
Wann wird diese Zwei-Drittel-Regelung nun schlagend? Grundsätzlich bei jeglicher Neuwidmung ab einer Wohnnutzfläche von 5.000 Quadratmetern. "Also grob gesagt überall dort, wo in etwa 50 Wohnungen oder mehr ermöglicht werden", so Chorherr. Das umfasst auch sogenannte Aufzonungen - also wenn bestehende Gebäude aufgestockt oder mit einem Zubau versehen werden. Auch Hochhäuser sind von dieser Vorgabe hinsichtlich leistbarem Wohnraum betroffen.
Leistbarer Wohnraum bedeutet in diesem Fall eine Netto-Miete von fünf Euro pro Quadratmeter. Die oberirdischen Grundstückskosten werden mit 188 Euro pro Quadratmeter limitiert. Das sei insofern wichtig, als "explodierende" Grundstückspreise gewissermaßen das Haupthindernis für günstige Wohnungen seien. Laut dem Grün-Politiker ist der Anteil geförderten Wohnbaus an der gesamten Neubauleistung in Wien in den vergangenen Jahren von vormals bis zu drei Viertel auf ein Drittel zurückgegangen. Dank der Novelle soll künftig wieder mindestens die Hälfte der neu errichteten Wohnungen gefördert und damit leistbar sein.
"Mit der neuen Widmungskategorie kurbeln wir den leistbaren Wohnbau im ganzen Stadtgebiet an", versicherte Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ). Eine Aufstockung der Wohnbauförderung sei trotzdem nicht nötig, meint man im Rathaus. Denn die Mittel seien in den vergangenen Jahren von den Bauträgern bei weitem nicht ausgeschöpft worden.
Bestehende Widmungen werden jedenfalls nicht angegriffen, versichert Rot-Grün. Und es gibt Ausnahmen, wo die Zwei-Drittel-Regelung auch bei Neu- bzw. Umwidmungen nicht angewendet wird. Neben Dimensionen von unter 5.000 Quadratmetern kann die Stadt etwa auch auf den geförderten Anteil verzichten, wenn es beispielsweise um gewünschte städtebauliche Projekte geht, die sonst nicht und in der entsprechenden Qualität nur schwer zu finanzieren wären. "Die Überbauung von Bahngleisen ist zum Beispiel sehr teuer", betonte Chorherr.
Bei derlei Ausnahmefällen muss die Abweichung allerdings von der Stadtentwicklungskommission abgenickt werden. Dort ist - neben der Stadtregierung, Magistratsbeamten und Bezirksvertretern - die gesamte Opposition vertreten.
Und über etwaige Schlupflöcher hat man sich ebenfalls Gedanken gemacht. Denn laut Chorherr dürfen bei einer erfolgten Wohnwidmung nicht nur Wohnungen, sondern auch Hotels oder Büros gebaut werden. Deshalb kann die Stadt eine "Wohnzone" verordnen und die Errichtung von Beherbergungsbetrieben untersagen. Denn es sei durchaus denkbar, dass Immobilienentwickler die Zwei-Drittel-Verpflichtung in Form von als Hotelapartments getarnten Luxuswohnungen umgehen.
Beschlossen wird die Bauordnungsnovelle samt neuer Flächenwidmungskategorie am 29. November im Landtag. Die "Planungsgrundlagen", wie die Neo-Kategorie konkret zu vollziehen ist, sind Gemeinderatsmaterie und werden somit schon in der Sitzung tags zuvor abgesegnet. (APA)