Österreich : HPH: "Wir sind fett, träge, wir stinken. Und genau diese Politik haben wir."
Ex-STRABAG-CEO und Noch-immer-Chefverhandler für die Bauindustrie beim Kollektivvertrag Hans-Peter Haselsteiner hat dem KMU-Magazin "Die Wirtschaft" ein Interview gegeben, in dem er ausdrücklich nicht über die Bauwirtschaft sprechen wollte.
Hier einige Passagen aus dem Interview, das sie in voller Länge HIER lesen können:
"Ich kann sagen, es geht mir besser, und ich kann mich jetzt auch entspannter geben und auch genießen, was ich habe. Dabei gibt es zwei Fixpunkte: einerseits die Dankbarkeit gegenüber den Mitarbeitern, denen ich meinen Erfolg verdanke, und andererseits die Dankbarkeit gegenüber der glückhaften Fügung, die manche meiner Entscheidungen zum Besseren hin gelenkt hat. Viele Menschen glauben ja, sie allein haben ihren Erfolg geschaffen. Das gilt vielleicht für einen Bildhauer, Maler oder Dichter. In allen anderen Bemühungen ist man auf ein Miteinander angewiesen."
"Ich bekomme viel Anerkennung und Respekt (für das soziale und finanzielle Engagement, Anm.). Das ist erfreulich. Aber die Dankbarkeit der Betroffenen macht mich nicht glücklich – sie ist mir vielmehr peinlich und unangenehm. Es ist doch beschämend, dass es solche Not in unserer Welt gibt: Menschen, die vollkommen unschuldig in gewisse Situation hineingeboren werden und ein unwürdiges Leben führen müssen. Wenn wir schon nicht in der Lage sind, eine Gesellschaft zu schaffen, in der es so etwas nicht gibt, wäre es eine Schande, nicht zumindest kleine Schritte zu unternehmen."
"Es ist doch eine Tatsache, dass die vermögensbezogenen Steuern in Österreich weit hinter allen international vergleichbaren Werten liegen. Wir sollten uns Gedanken machen, ob das gut ist. Ich denke, dass es richtig ist, Vermögen als Steuergrundlage zu betrachten. Den Standpunkt, Vermögen sei aus versteuerten Gewinnen wohl erworben und müsste daher steuerfrei bleiben, teile ich nicht. Wenn es in meinem Hosensack klingelt, dann ist es doch argumentierbar, dass ich einen Teil davon abtrete. Erben ist doch kein Menschenrecht! Bei Vermögenstransfersteuern wäre zumindest eine Anpassung an den internationalen Median überfällig."
"Es fehlen die Vorbilder. Die Kirchen haben versagt. Familien spielen nicht mehr die Rolle von früher, und der Einfluss von Massenmedien mit bescheidener Qualität und ohne jeglichen Anspruch, ethische Grundsätze zu vermitteln, prägt maßgeblich die Gesellschaft. Dazu kommt, das Geld zum alleinigen Gradmesser von Erfolg und Sozialprestige aufgestiegen ist. Speziell für die Jungen ist es natürlich eine Katastrophe, wenn nur mehr jene zu Vorbildern taugen, die das Maximum an Geld scheffeln. Ein Schlüsselereignis war darüber hinaus das Jahr 1989. Nachdem der Kapitalismus, wenn man so sagen will, den Kommunismus besiegt hat, wurde fälschlicherweise ein System samt all seinen Schwächen geadelt. Die Politik war zu schwach und vielleicht einseitig beeinflusst, um das zu verhindern. Heute fliegen uns die Folgen um die Ohren, insbesondere die Konsequenzen ungezügelter Spekulationen der Finanzmärkte."
"In der Politik äußert sich die Trägheit der ganzen Gesellschaft vielleicht am deutlichsten. Sie spiegelt letztlich die Gesellschaft wider. Eine saturierte, fett daliegende Gesellschaft hat jene Politik, die sie verdient: Wir sind fett, träge, wir stinken. Und genau diese Politik haben wir. Ich habe lange gegen die Erstarrung gekämpft. Ich bin vielleicht ermüdet, glaube aber immer noch, dass wir diese überwinden werden."