Österreich : Haselsteiner wird 75
Der Bauindustrielle Hans Peter Haselsteiner feiert am 1. Februar seinen 75. Geburtstag. Sich zur Ruhe zu setzen kommt für den Tiroler, den es privat an den Millstätter See gezogen hat, nicht infrage. Der Co-Eigentümer und jahrelange Chef (1998-2013) des größten heimischen Baukonzerns Strabag engagiert sich nach wie vor massiv in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur - vor allem finanziell.
Ein besonderes Anliegen ist dem in allen Gesellschaftsbereichen bestens vernetzten Baumagnaten und Freimaurer dessen soziales Engagement bei der vom Jesuitenpater Georg Sporschill gegründeten Hilfsorganisation Concordia, für die er sich seit 2004 - zunächst als Beiratsmitglied, später als Stiftungsvorsitzender - einsetzt. Die Organisation betreut Tausende Kinder und alte Menschen in Moldau, Rumänien und Bulgarien. Aktuell gehört der private Investor - neben zahlreichen anderen Donatoren - zu den Unterstützern des Sozialprojekts "Cape 10" in Wien-Favoriten. Dort soll bis 2021 beim Hauptbahnhof auf 5.000 Quadratmetern ein Objekt mit gemischter Nutzung für Ärzte, Gastronomie, Kulturräumlichkeiten, Büros und obdachlose Frauen entstehen. Insgesamt werden dort voraussichtlich 13,5 Mio. Euro investiert.
Der liberale Unternehmer sponsert aber auch politische Bewegungen, die seine Gesinnung widerspiegeln - Nutznießer sind bzw. waren die NEOS und das Liberale Forum (LIF), die er bereits mit millionenschweren Geldspenden und persönlichem politischen Einsatz unterstützt hat. Allein an die NEOS, für die Haselsteiner im ORF-Stiftungsrat sitzt, flossen bisher laut Großspenderliste des Rechnungshofs 1,7 Mio. Euro aus seiner Kassa. Von 1994 bis 1998 war er für das LIF selbst Abgeordneter zum Nationalrat. 2008 startete er als Berater der SPÖ Kärnten für die Bereiche "Arbeit, Einkommen, Wirtschaft und Tourismus" einen weiteren Ausflug in die Politik.
Kulturell verdingte sich der Bau-Tycoon 2014 als Retter der privaten Kunstsammlung Essl in Klosterneuburg, die infolge der Zerschlagung der finanziell in Not geratenen Fachmarktkette bauMax (der Familie Essl) zum Verkauf stand. Haselsteiner übernahm einen Anteil von 60 Prozent an der rund 4.600 Werke umfassenden Sammlung, was ihm dem Vernehmen nach mehr als 100 Mio. Euro wert war. Er stellt die Werke zeitgenössischer Malerei und Grafik der Albertina 27 Jahre lang als Dauerleihgabe zur Verfügung. Gezeigt wird die Sammlung künftig im Wiener Künstlerhaus, das er derzeit um 40 Mio. Euro renovieren lässt.
In der Strabag förderte Haselsteiner das firmeneigene Kunstforum inklusive Sammlung und Art Award. Das Kunstforum, das er Anfang der Neunzigerjahre gegründet hat, umfasst über 2.500 Werke zeitgenössischer Malerei und Grafik. 2004 entstand im Strabag-Haus in Wien die öffentlich zugängliche Privatsammlung Gironcoli-Kristall als Dauerpräsentation.
Der rührige Wahlkärntner ist des Weiteren Hauptsponsor und Präsident der Tiroler Festspiele Erl (Bezirk Kufstein), deren Gründer und Intendant Gustav Kuhn im vergangenen Herbst abberufen wurde, nachdem dieser wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung von Künstlerinnen ins Rampenlicht geraten war. In Erl finanzierte Haselsteiner mit 20 Mio. Euro gut die Hälfte des neuen Festspielhauses, das 2012 eröffnet wurde.
Der Unternehmer wurde am 1. Februar 1944 in Wörgl als Sohn einer Lehrerin geboren und studierte später an der Wirtschaftsuniversität Wien. Über seine Tätigkeit als Steuerberater kam er 1972 mit der Oberkärntner Baufirma Isola & Lerchbaumer (Ilbau AG) in Berührung. Der Tiroler heiratete die Tochter des Hauses, Ulrike, und übernahm nach dem Tod des Schwiegervaters die Firmenleitung. Im Laufe von drei Jahrzehnten baute der Wirtschaftstreibende, der sich privat auch für Heliskiing begeistert, das mittelständische Unternehmen mit Sitz in Spittal an der Drau in einen der größten europäischen Baukonzerne um, der 2017 eine Bauleistung von fast 15 Mrd. Euro und unterm Strich einen Gewinn von knapp 280 Mio. Euro auswies.
Im Oktober 2010 brachte Haselsteiner den Bauriesen als Strabag SE ein zweites Mal an die Wiener Börse, nachdem die Bauholding-Strabag dem Börsenparkett erst wenige Jahre davor (2003) überraschend den Rücken gekehrt hatte. Als Begründung für den Abschied hatte es geheißen, die Börsennotiz (seit 1990) habe sich "nicht als taugliches Instrument für die Aufbringung von Eigenkapital erwiesen", zum anderen seien Akquisitionen ohne der Notierung leichter und schneller zu bewerkstelligen. Der Handel mit Strabag-Aktien war wegen des geringen Streubesitzanteils von damals nicht einmal 9 Prozent recht gebremst, die Liquidität also schlecht. Doch auch nach dem zweiten Anzapfen der Börse ist der Streubesitz mit heute 13,5 Prozent immer noch sehr klein. Den milliardenschweren Konzern dominieren einige wenige Eigentümer: Der Haselsteiner-Familie gehören 26,4 Prozent, dem im April 2007 hereingenommenen russischen Milliardär Oleg Deripaska (über dessen Rasperia Trading) 25,9 Prozent und den Gesellschaften UNIQA/Raiffeisen 27,5 Prozent der Unternehmensanteile.
Trotz des kurz zuvor erfolgten Einstiegs des (einfluss)reichen Russen, der sich das Unterfangen rund 1,2 Mrd. Euro kosten ließ und zum inneren Zirkel um Wladimir Putin gehören soll, ging die beim zweiten IPO (Initial Public Offering) lancierte Investmentstory mit Russland als einem potenziellen dritten Strabag-Hauptmarkt (neben Deutschland und Österreich) bis dato nicht auf. Die erhoffte Dimension an Bauaufträgen bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi blieb ebenfalls aus und wurde von 1 Mrd. auf 500 Mio. Euro zusammengestutzt. 2016 erzielte die Strabag in dem Land nicht einmal 1 Prozent der konzernweiten Bauleistung. Finanzkrise, Ukraine-Konflikt, westliche Handelssanktionen und der Rohölpreisverfall hatten das Ihrige dazu beigetragen. Die US-Sanktionen gegen drei russische Firmen Deripaskas, die wegen dessen Nähe zum Kreml verhängt worden waren, wurden erst vergangenes Wochenende unter dem Einfluss von Präsident Donald Trump aufgehoben.
Im Bereich Wirtschaft beschränkte sich Haselsteiner keinesfalls auf die Lenkung des Strabag-Konzerns, sondern beteiligte sich auch an einer Reihe von anderen Unternehmen. So trat der promovierte Handelswissenschaftler mit der mehrheitlich privaten Westbahn, die 2011 gegründet wurde, gegen die Bundesbahnen (ÖBB) an. Gewinn steht dabei nicht im Fokus - der private Zuganbieter, bei dem die Haselsteiner Familien-Privatstiftung mit 49,9 Prozent größter Anteilseigner ist, war der im Wirtschafts-Compass zuletzt veröffentlichten Bilanz zufolge auch 2017 noch in den roten Zahlen unterwegs.
Doch auch in der Immobilienbranche mischt(e) der Baulöwe mit, indem er in Firmen wie die conwert, die inzwischen dem größten deutschen Wohnungskonzern Vonovia gehört, oder die Signa-Gruppe rund um den Tiroler Großinvestor Rene Benko einstieg. 2009, ein Jahr nach den Anfängen der weltweiten Finanzkrise, übernahm Haselsteiner mit Partnern die finanziell angeschlagene Semper Constantia Privatbank, die mittlerweile zur Gänze an die Liechtensteinische Landesbank weiterverkauft wurde. Und erst kürzlich sicherte er sich die Mehrheit am Betreiber des Energiewechsel-Start-ups "Energy Hero" des früheren Bundeskanzlers und Ex-SPÖ-Chefs Christian Kern sowie dessen Ehefrau Eveline Steinberger-Kern.
Von der Haselsteiner Familienstiftung gehen 51 Prozent der Ausschüttung an kulturelle und soziale Zwecke, 49 Prozent an die Begünstigten. Der bald 75-jährige Haselsteiner hat drei eheliche Söhne - Johannes, Sebastian und Klemens - sowie (seit 2002) Nachzügler Simon. Sein sehnlicher Wunsch nach einer Tochter blieb unerfüllt. Der Weinkenner mit Zweitwohnsitz in Bozen gilt als einer der wohlhabendsten Menschen Österreichs. Der Strabag steht Haselsteiner nach wie vor als Generalbevollmächtigter zur Verfügung. (APA)