SOLID: Worauf bauen Sie?Georg Niedersüß: Auf eine schnelle Lernkurve zum Beispiel – wie jetzt eben bei Griffner. Am schnellsten lernt man aus Fehlern, die man alleine gemacht hat. Ich bin ja doch neu in der Fertighausbranche, obwohl sie einige Gemeinsamkeiten mit meiner bisherigen Branche hat. Ich war ja vorher im Immobilien- und im Baumarktgeschäft. Da ist der Einkauf auch ein wichtiger Punkt. Dass man schaut, wie man seine Lieferantenstruktur so aufstellt, dass es passt. Aber das Wichtigste ist, dass man relativ schnell herausbekommt: Was wollen unsere Kunden eigentlich? Und wer sind unsere Zielgruppen? Du kannst nicht für jeden ein Haus bauen. Dann verzettelt man sich.Welche Rolle spielte die vorhergehende Erfahrung als langjähriger Baumarkt- Franchisenehmer?Niedersüß: Als Baumarktbetreiber habe ich zwei Millionen Kunden im Jahr gehabt. Aber kennen tust du vielleicht 100 und 80 davon, weil sie sich beschwert haben. Im neuen Job ist das Schöne, dass du fast jeden Kunden, fast jedes Haus kennst. Es sind zwei Häuser pro Woche, die wir machen. Und bei diesen 70 bis 80 im ganzen Jahr geht es sich tatsächlich aus, dass man fast jede Baustelle persönlich besucht. Ein Haus ist – im Gegensatz zu einer Zange oder einer Bohrmaschine – ja eine sehr große Entscheidung. Und wir wollen Kunden, die mit dem Haus so glücklich sind, dass sie gar nicht mehr auf Urlaub fahren wollen.
Worauf bauen Sie da?Niedersüß: Auf die richtige Qualität – und dass wir herausfinden, was für die Kunden WIRKLICH das Wichtigste ist. Das ist nicht unbedingt das, was man zunächst selber glaubt. Deshalb kommunizieren wir eben sehr viel mit den Kunden.Das war aber immer so und damit ist Griffner ja zuletzt gescheitert. Was machen Sie anders?Niedersüß: Wir geben vielleicht einfach weniger Geld aus als wir einnehmen. Ich komme ja aus dem Handel – und die Händler reiten ja auf jedem Euro herum, bis er quietscht. Und das kann ich auch für mich nicht ganz leugnen. Wir haben geschaut, was wir wirklich brauchen und was eigentlich nicht und wie wir die beste Lösung finden.Zum Beispiel?Niedersüß: Früher wurde zum Beispiel sehr viel ausgelagert an externe Architekten, Techniker etc. Da haben wir gesagt: Das machen wir selber, wo wir es können – und wo wir es nicht können, da schauen wir, dass wir es lernen. Da kostet etwa der Energieausweis auf einmal nur mehr die Hälfte. Oder ein anderes Beispiel: Ich ärgere mich, wenn die Leute auf der Tankstelle Frostschutz nachkaufen. In der Firma haben wir 5-Liter-Kanister zum Nachfüllen und an der Tankstelle kostet das drei Mal so viel. Und das sind Kleinigkeiten, die sich einfach summieren. Ich baue darauf, dass die Leute ihre Einstellung dorthin ändern, dass sie sagen: Es ist zwar nicht mein Geld, aber wenn es meines wäre – was würde ich dann machen?Wir nehmen daraus mit, dass Sie im Beruf sehr detailverliebt sind. Bauen Sie privat auch aufs Detail?
Niedersüß: Es gibt schon gewisse Sachen, die mir wichtig sind. Aber ein guter Buchhalter wäre nie aus mir geworden. Ich bin Unternehmer mit Leib und Seele und mir ist auch wirklich der Mitarbeiter sehr wichtig. Und nicht nur, weil ich weiß, dass ein zufriedener Mitarbeiter mehr Leistung bringt. Es macht mir einfach Spaß, zu sehen, wenn es Mitarbeitern gut geht. Und es beschäftigt mich auch, wenn Mitarbeiter private Probleme haben. Ich versuche da auch immer zu helfen, auch wenn alle sagen: Misch dich da nicht ein. Für mich ist die Pflicht eines Unternehmers nicht nur, Geld zu verdienen, sondern auch Wert zu schöpfen für die ganze Volkswirtschaft. Um die fünf Millionen, die ich für Griffner bezahlt habe, hätt’ ich mir auch Zinshäuser kaufen und vermieten und jedes Monat die Mieten kontrollieren können. Das interessiert mich nicht und das ist auch das Schöne jetzt: dass ich wieder Menschen sehe und ihre Familien. Ich baue da auf den Stakeholder Value anstelle des Shareholder Values. Ich muss mit Griffner nicht reich werden und den großen Schnitt machen. Es gibt eine unternehmerische Verantwortung, auch für ältere Mitarbeiter.Gibt es ein Leben außerhalb der Firma auch?Niedersüß: Natürlich – meine Frau, meine drei Kinder sind sehr wichtig. Zeit mit ihnen und für mich alleine. Ich jage sehr gern, marschiere im Gebirge herum und sitze am Hochstand. Auch die Kunst ist für mich ein Ausgleich. Unsere ganze Familie beschäftigt sich ein bisschen mit moderner Kunst, weil das ein spannender Gegenpol zur Firma ist. Als Baumarktbetreiber kommt man ja leicht in Kontakt mit Künstlern, die ein Bauernhaus ausbauen oder ein Atelier. Einige davon sind auch Freunde geworden.“ Eine Parallele zu den Essls? Niedersüß: Das wird vielleicht einmal ähnlich begonnen haben – aber sonst sehe ich da keine großen Parallelen.Das heißt, Sie sammeln?Niedersüß: Ich selber bezeichne mich nicht als Sammler. Ich habe dann aber bei einem Seminar den Direktor einer großen Schweizer Kunstsammlung kennen gelernt, der mich fragte, ob ich Kunst sammle. Ich habe geantwortet, dass ich nicht sammle, aber hier und da etwas kaufe. Dann er: Haben Sie genug Wände, um alle Bilder aufzuhängen? – Und als ich das verneint habe, sagte er: Dann sind Sie Sammler!
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Mag. Georg Niedersüß, 48,ist Spross einer Kärntner Unternehmerfamilie, deren Firmengeschichte bis 1707 zurückreicht. Niedersüß wohnt mit seiner Frau und drei Söhnen in Wolfsberg. Mit Abschluss des Wirtschaftsstudiums in Wien 1990 trat Niedersüß ins Familienunternehmen J. M. Offner ein. 1995 folgte der MBA in Lausanne, im Jahr darauf wurde er Geschäftsführer der imo Markt GesmbH. Die Marke IMO wurde im selben Jahr auf OBI umgestellt und Eröffnungen zahlreicher OBI-Märkte folgten.
2013 übernahm Niedersüß als geschäftsführender Gesellschafter die insolvente GriffnerHaus AG, die 1980 durch Ari Griffner gegründet wurde (von jenem allerdings 2006 verkauft). Die Marke Griffner, nun im Eigentum der J. M. Offner Fertighaus GmbH, samt Sitz und Produktionsstandort im Kärntner Griffen ist seit rund einem Jahr wieder auf Kurs.www.griffner.com
(SOLID 10/2014)