Industriebau : Gebremster Tatendrang
Franz Binder kann zufrieden sein. Er produziert nicht nur Holz - sein Betrieb arbeitet umgeben von Holz. Die Werke in Jenbach zieren Holzfassaden. Der Firmenhauptsitz im Vorarlberger Fügen ist ein gar nicht hölzerner Holz-Eye-Catcher. Dass Werkshallen in Holz gebaut werden, ist eine Seltenheit. „Ein signifikanter Marktanteil ist noch nicht erreicht, aber Holz ist im Industriebau im Vormarsch“, sagt Dieter Kainz. Der Obmann von proHolz Austria rechnet damit, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren ein Drittel Marktanteil erreicht werden könnte. Denn neuerdings sind große Spannweiten möglich und der CO2-Footprint von Holz ist eben besser als der von anderen Materialien.Holz ist selten im Industriebau. Es dominieren noch immer Beton und Stahl. Für die schnell errichtete Produktionshalle, die Fuhrparkhalle oder das Lager wird meist zu Beton gegriffen. Die Hülle dagegen wird in Stahl gekleidet. In Österreich ist der Markt für dieses Spezialsegment sehr klein. 59 Hallen wurden im Jahr 2009 in Österreich errichtet, rechnete Marktanalyst Andreas Kreutzer hoch. Das war im Vergleich zum Jahr davor ein Einbruch um mehr als 50 Prozent. In den nächsten Jahren erwartet Kreutzer ein Wachstum um durchschnittlich fünf Prozent pro Jahr.Das Jahr des GewittersDiese Zahlen zeigen deutlich: Industriehallenbau ist eng gekoppelt an die Wirtschaftsentwicklung. „2008 kam das große Gewitter und jetzt rappelt man sich wieder auf“, sagt Erne Walerich. Der Geschäftsführer von Pflaum Bausysteme im oberösterreichischen Traun ist wie so viele seiner Branche nicht vom österreichischen Markt allein abhängig. Doch ganz Europa liegt nach dem Crash am Boden. Im Osten hat Pflaum alle Aktivitäten auf Null heruntergefahren. Der einzig funktionierende Markt ist derzeit Polen. In Tschechien, Russland und der Ukraine scheitern Projekte an der Finanzierung. Erne hält diese Länder auf „stand by“. Nur einige große, deutsche Konzerne bauten im letzten Jahr etwas: Mercedes ein Werk in Ungarn, VW in Tschechien und die Kauflandgruppe investierte.Unternehmen die Industriehallen aufbauen sind meist nicht allein von diesem Segment abhängig. Pflaum Bausysteme bietet stählerne Fassaden für Bürobauten genauso an, wie Akustikpanele. PEM, einer der Markführer für Industrie- und Hallenbau in Stahl realisiert auch weltweit Projekte in Büro und Kommunalbau. „Der Umsatz ist letztes Jahr um 25 Prozent eingebrochen“ sagt Wolfgang Hochgatterer. Der PEM Geschäftsführer erklärt sich dies jedoch nicht nur mit dem Rückgang der Aufträge. Was sich deutlich in den Büchern der Stahlbauer niederschlägt, sind stark gesunkenen Stahlpreise. Dieser hat sich in den letzten zwei Jahren halbiert. „Wer 2008 ein Objekt um eine Million Euro baute, erhält dieses derzeit um 700.000 Euro.“ Eine Stahlpreiserhöhung steht jedoch kurz bevor. Pflaum-Mann Erne rechnet heuer noch mit steigenden Preisen. Grüne GedankenAuch wenn es derzeit ruhig ist im Industriehallenbau, warten bereits einige Neuerungen auf ihre Umsetzung. So wie im Privathausbau kommt auch der Industriebau nicht mehr um das Thema Umwelt herum. „Früher war der Passivhausgedanke undenkbar, doch er kommt jetzt langsam auf“, sagt Erne. In Frankreich baute man die erste Passivhaushalle. Die Bauherren schauen neuerdings auf die Heiz- und Energiekosten. Es wird stärker isoliert mit neuen Dämmstoffen. In ein bis zwei Jahren rechnet Erne damit, dass dieser Trend auch in Österreichs Industriebau landet. Was noch fehlt, sind die Förderungen vom Bund, analog zum privaten Hausbau.Große bautechnische Änderungen sind am Grundgerüst einer Industriehalle nicht zu erwarten. Man baut meist Flachdächer, auch die teureren Giebel und Bogendächer, bei denen Dichtheit weniger zum Problem wird, werden nachgefragt. Bei der Hülle und am Dach dagegen ändert sich etwas. „Die Optik wird immer mehr zu einer Imagefrage“, beobachtet Walerich Erne. Unternehmen setzen auf auffällige Fassaden oder fragen nach themosolaren Anlagen, um die Gesamtenergierechnung zu verbessern. So wird Warmwasser am Hallendach erzeugt oder mithilfe von Photovoltaik ein Teil des Stroms selbst erzeugt. Bisher zählte vor allem der Neubau als Umsatzbringer der ausführenden Unternehmen. Wie im Wohnbaubereich stellt sich jedoch immer mehr die Frage nach der Sanierung. Bestehende Objekte werden renoviert und auf den Stand der Technik gebracht. Das Thema Energie ist auch im Industriebau gelandet und wartet auf den nächsten – wenn auch moderaten – Aufschwung.