SOLID: Wie lange arbeiten sie selber schon mit dem Konzept natürliches Licht - und was ist die große neue Entwicklung und Entdeckung bei diesem Projekt?
Paul Kalkhoven: Natürliches Licht und Durchsichtigkeit sind immer schon ein Kernthema von Foster+Partners. Das hat bei unseren allerersten Projekten begonne, etwa Willis Faber in Ipswich oder dem Sainsbury Center in Norwich - und das war vor 40 Jahren. Natürliches Licht wird für die Benutzer eines Gebäudes zunehmend wichtiger. Es ist eine essenzielle Sache, sowohl von der Farb- und Lichtqualität her als auch vom Kontakt mit der Außenwelt. Die Herausforderung dabei war und ist, auf der einen Seite das Überhitzen und auf der anderen Seite übermäßigen Temperaturverlust zu vermeiden. Die Latte dabei liegt immer höher, es gibt immer mehr Vorschriften und es wird imemr mehr Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Mittlerweile sind wir so weit, dass wir die Form eines Gebäudes und die Art der Verglasung in einem sehr frühen Stadium so gut wie möglich an das natürliche Licht anpassen, allenfalls in Kombination mit einem Abschattungssystem. dabei hilft uns Computersimulation enorm - und jetzt, wo wir das alles visualisieren können, ist Design mit Tageslicht mehr als nur ein theoretischer, konzeptueller Zugang.
Welches Detail gefällt ihnen am neuen Velux-System am besten und warum?
Kalkhoven: Ich liebe den schlanken, aber sehr leistungsfähigen Rahmen! Er versteckt die gesamte Technologie des Öffnens und Schließens, so dass man sie von innen kaum sieht. Nicht einmal die Motoren sind sichtbar! Was ist ihr nächstes Entwicklungsziel und wie weit entfernt ist es?
Was muss passieren, damit es Wirklichkeit wird?
Kalkhoven: Ich wünsche mir die Entwicklung hin zum Fenster als Teil eines modularen, multifunktionellen Dachsystems, das dann im Idealfall Photovoltaik-Paneele, Wärmedämmung und Energiespeicherung enthalten würde. Dafür brauchen wir einen noch wesentlich stärker integrierten Zugang zum Bauen an sich - und wir würden gleichzeitig mehr vorfertigen können. Und ganz wichtig: das sollte auch in der Sanierung alter Gebäude einsetzbar sein, und zwar zu wettbewerbsfähigen Preisen. Das ist wesentlich schwieriger als beim Neubau.
Früher sprach man ja vom natürlichen Licht hauptsächlich aus Gesundheits- und nicht aus wirtschaftlichen Gründen. Was hat sich geändert, dass hier richtig Geld investiert wird?
Kalkhoven: Energieeffizienz ist natürlich ein Riesenthema geworden. Dämmung und alternative Energien sind da ein Schlüssel. Aber meiner Meinung nach geht es heir nicht nur um Geld, sondern um die Zukunft des Planeten. Verbesserte Licht- und Lüftungssysteme sollten in Kombination mit energieeffizienterer künstlicher Beleuchtung sollten es speziell in Europa allen Menschen ermöglichen, in Räumen ohne Klimaanlage zu arbeiten. Bei kleineren Gebäuden geht das ganz gut mittels Fassadentechnologien. Aber größere Gebäude wie Flughäfen, Einkaufszentren oder Bürogebäude können sich das Dach viel mehr zunutze machen, damit Licht und Luft herein kommt. Damit kommt da eine ganz andere Qualität für die Menschen heraus, die dort arbeiten oder konsumieren. Wir sollten die dunklen Orte den Robotern überlassen!
Dieser Artikel entstammt der Ausgabe 4/2017 von SOLID - Wirtschaft und Technik am Bau