International : Europa als weltweiter Wirtschaftsmotor
Die Aussichten für die internationale Wirtschaft für das neue Jahr sind sehr gut. Der kräftige Konjunkturaufschwung in Europa reißt globale Wirtschaft mit.
Laut Experten wie IWF, Wifo, IHS, OECD oder Weltbank wird sich das bereits 2017 begonnene Wachstum weiter fortsetzten und die Konjunkturkurve 2018 nach oben zeigen. So wird etwa Europa nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) immer mehr zur Zugmaschine der Weltwirtschaft, und könnte die USA als globale Wirtschaftsmacht Nummer eins ablösen.
Auch das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und das Institut für Höhere Studien (IHS) prognostizieren für die nächsten Jahre wirtschaftliche Aufbruchsstimmung für Europa. Das Wachstum in Europa liefere einen großen Beitrag zur Steigerung der globalen Wirtschaftsleistung, so der IWF in einer Analyse, die sich auf den gesamten Kontinent bezieht, nicht nur auf die Länder der EU. Eine Rolle spielen dabei auch Staaten wie Ungarn, Polen, Russland und die Türkei.
Österreich liegt vor Euro-Raum
Auch Österreich profitiert von der derzeitigen Aufbruchsstimmung in der globalen Wirtschaft. Sowohl die Nationalbank als auch WIFO und IHS gehen von einem realem Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von zumindest drei Prozent für heuer aus. Der Anstieg ist so hoch wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Damit weist Österreich erstmals seit 2012 für 2017 und 2018 wieder einen Wachstumsvorsprung gegenüber dem Euro-Raum auf. Das WIFO hob seine Prognose für 2017 und 2018 auf je 3,0 Prozent an, für 2019 werden 2,2 Prozent BIP-Plus gerechnet.
Auch das IHS hat die Vorhersage für Österreich für dieses Jahr auf 3,1 Prozent erhöht, für 2018 leicht auf 2,7 Prozent gesenkt und rechnet für 2019 mit 1,9 Prozent realem Wachstum. Gestützt wird der kräftige Aufschwung in Österreich durch eine lebhafte Exportdynamik, hohe Investitionszuwächse und die Konsumnachfrage der privaten Haushalte, so das WIFO.
IHS: Breitflächiges Wachstum in hohem Tempo
Das IHS sieht eine rasche, breitflächige Expansion der Weltwirtschaft sowie eine deutliche Belebung des Welthandels, was sich auch auf Österreich positiv auswirkt. Das IHS sieht den Euro-Raum heuer um 2,3 Prozent wachsen, 2018 um 2,1 Prozent und 2019 um 1,9 Prozent. Für die EU-28 wird nur für heuer mit 2,4 Prozent ein etwas stärkeres Plus vorhergesagt, 2018/19 dasselbe wie im Euro-Raum.
Der IWF hat bereits im Vorjahr seine Prognosen für Europa nach oben korrigiert und rechnet insgesamt mit einem Wachstum für 2017 von 2,4 Prozent und für 2018 mit 2,1 Prozent. In der Eurozone werden 2,1 Prozent (2017) und 1,9 Prozent (2018) Wirtschaftswachstum erwartet.
OECD: Wachstumshoch
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet ein so rasches Wachstum wie seit sieben Jahren nicht mehr. Heuer dürfte das globale Bruttoinlandsprodukt um 3,6 Prozent zulegen, 2018 um 3,7 Prozent und 2019 erneut um 3,6 Prozent, heißt es in dem Ende November veröffentlichten Wirtschaftsausblick der Industriestaatenorganisation.
Auch in den USA stehen die Chancen für Wachstum gut. Der private Konsum macht rund zwei Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung der USA aus. Die Notenbank Fed hob gerade erst ihre Wachstumsprognose für 2018 auf 2,5 von 2,1 Prozent an.
Risiken rechtzeitig abfangen
Allerdings bremsen die Experten rund um OECD-Chefökonomin Catherine Mann die allzu große Euphorie. „Die Konjunkturaufhellung ist zwar erfreulich, bleibt aber verhalten im Vergleich zu vergangenen Aufschwungsphasen“, heißt es im OECD-Bericht. Investitionen, Handel, Produktivität und Lohnentwicklung litten noch immer unter den Nachwehen der Finanzkrise. Für ein anhaltend starkes Wachstum seien kräftigere Investitionen notwendig.
Auch der IWF warnt, dass es mittelfristig in Europa eine Reihe von Wachstumsrisiken gebe und verweist unter anderem auf die ungünstige Bevölkerungsentwicklung in den zunehmend älter werdenden Gesellschaften und auf das verhaltene Produktivitätswachstum. Der Politik rät der IWF zu einer Konsolidierung der Staatsfinanzen sowie einer Reform der Wirtschaftsstrukturen, um künftig Schocks besser auffangen zu können. Gerade Staaten mit soliden Staatsfinanzen müssten hier ihre Spielräume nutzen.
Türkei droht Wachstumsrückgang
Die türkische Wirtschaft hat ein rasantes Wachstum hingelegt und hat im dritten Quartal 2017 so kräftig wie seit sechs Jahren nicht mehr zugelegt. Das BIP lag laut Statistikamt des Landes zwischen Juli und September um 11,1 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Ökonomen waren von zehn Prozent ausgegangen.
Damit hat sich das Wachstum mehr als verdoppelt: Im zweiten Quartal reichte es zu 5,4 Prozent, am Jahresanfang zu 5,3 Prozent. Das starke Plus erklärt sich zu einem guten Teil aus der Schwäche im Vorjahr: Im dritten Quartal 2016 war die Wirtschaft wegen der Verunsicherung nach dem gescheiterten Putsch um 0,8 Prozent geschrumpft.
Experten wie der Ökonom William Jackson vom Analysehaus Capital Economics warnen davor, dass das extrem hohe Tempo wird nicht anhalten wird. Ein massives Problem ist die wegen der schwächelnden Landeswährung Lira hohe Inflationsrate von fast 13 Prozent, die so hoch ist, wie seit 14 Jahren nicht mehr.
China: Wachstum verlangsamt sich
In China dürfte das Wirtschafswachstum in den nächsten Jahren Rasanz verlieren. Die Weltbank rechnet für die nächsten zwei Jahre mit einem deutlich langsameren Wachstum in China. Mit der erwarteten Verringerung der Verschuldung werde nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt im neuen Jahr um 6,4 Prozent und 2019 um 6,3 Prozent wachsen, sagte die Weltbank in Peking voraus. Die Erwartung für heuer wurde von bisher 6,7 auf 6,8 Prozent Wachstum nach oben korrigiert.
China habe stark von der Erholung des globalen Handels profitiert, der die wirtschaftlichen Aktivitäten in diesem Jahr unterstützt habe, stellte die Weltbank fest. Die Zuversicht der Unternehmen habe sich verbessert, Arbeitsplätze werden geschaffen und der Kapitalabfluss habe sich stabilisiert. Auch habe die chinesische Währung gegenüber dem US-Dollar an Wert gewonnen. (ORF Online/red)