Österreich : Doka: "Börse? Das brauchen wir nicht!"
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"Man steht eh oft genug mit negativen Nachrichten in der Zeitung." So eröffnet Andreas Ludwig das Gespräch, an dessen Anfang er vom besten Quartal, das es jemals in der Geschichte von Doka gegeben hätte, berichtet. Die offiziellen Zahlen werden zwar wie gewohnt erst im Mai veröffentlicht, aber das Jahr ist genau gegenläufig zur allgemeinen Entwicklung in der Bauwirtschaft verlaufen.Während für den Großteil der Baubranche nach einem (auch wetterbedingt) guten Start am Ende grad noch eine Null in Schwarz oder Rot ins Ziel gerettet werden konnte, war es bei den Amstettnern mit weltweit ca. 160 Stabdorten in 70 Ländern genau umgekehrt.Andreas J. Ludwig: Das letzte Jahr war eigenartig. Bis zum Halbjahr war es schwieriger, als wir es erwartet haben. Der Umsatz war schwächer als erwartet, es gab schon etwas Wachstum, aber nichts großartiges. Und dann ist es kontinuierlich besser geworden. Und das letzte Quartal war in der Geschichte der Firma das auch absolut gesehen beste Quartal ever!"SOLID: Welche Gründe sehen Sie für diese doch überraschende und dem Branchentrend entgegen laufende Entwicklung?Es gibt zwei Regionen, die nach wie vor extrem gut performen: das sind Nordamerika und der Mittlere Osten. Im Mittleren Osten gibt es ja klimabedingt keine saisonalen Schwankungen - aber in den USA und Kanada gab es sehr wohl einen strengen Winter und unsere Niederlassungen dort haben trotzdem tolle Resultate abgeliefert.Wichtig war außerdem, dass die Menge der Mietschalungen, die auf den Baustellen auch überwintern, extrem hoch ist. Das ist natürlich auch für 2015 ein toller Start.Normalerweise kommt da viel mehr zurück und füllt unsere Lager.Wie stellen sich Lage und Geschäft in Europa dar?Europa war schwierig, 2014 unterm Strich knapp rückläufig - vor allem getrieben durch die Entwicklung im Süden. Dass die iberische Halbinsel, Italien und Griechenland schwach sind, war aber natürlich keine Überraschung. Gut läuft es in Österreich, Deutschland, aber auch in den nordischen Staaten. Auch England kommt wieder stärker ins Geschäft. In Summe bleibt Europa aber schwierig, akut natürlich vor allem durch die Lage in Russland und der Ukraine.Was haben Sie dort genau gemacht und wie hat es sich entwickelt? Wir haben Organisationen sowohl in Russland als auch in der Ukraine und hatten auch vor, dort zu investieren - aber das werden wir jetzt nicht tun. Wir werden zuwarten, diese Märkte zwar nicht verlassen, aber im Grunde die Kunden mit unseren Beständen vor Ort bedienen. Neues Material hinzufahren hat überhaupt keinen Sinn, weil es ja auch durch die dortige Abwertung für die lokalen Kunden extrem teuer geworden ist. 2014 sind Doka und die Umdasch Group ja vor allem durch Kurzarbeit bei Doka in Amstetten und eine eher kritisch gesehene Abstimmung im Ladenbau über Lohnverzicht gegen Standortgarantie in der Öffentlichkeit präsent gewesen. Was wurde aus der Kurzarbeit? Das zeigt, wie extrem unser Geschäft ist. Wir sind von Kurzarbeit im zweiten Halbjahr 2014 kommend ohne Übergang bei einem neuen Schichtmodell gelandet, bei dem wir jetzt inklusive Wochenende arbeiten. Wir haben momentan Steigerungen in der Produktionskapazität von bis zu 60 Prozent zu verarbeiten.Unser Mietgeschäft erzeugt da einen großen Hebel in beide Richtungen. Im Jänner 2014 hatten wir relativ hohe Rücklieferungen und konnten und mussten daher nichts produzieren. Und jetzt ist es genau umgekehrt. Die Bestände sind - auch durch die Kurzarbeit - sehr gering und die Nachfrage ist stark. Vor allem der Mittlere Osten ist historisch bedingt ein Verkaufs- und weniger ein Mietmarkt. Daher ist unsere Fertigung jetzt sogar überausgelastet.Wir haben da sehr schnell reagiert und haben jetzt vor kurzem auch ein neues Arbeitszeitmodell mit unserer Belegschaft gemeinsam verabschiedet, das es ermöglich, am Wochenende sehr einfach zusätzliche Schichten zu fahren. Das Modell ermöglicht es den Mitarbeitern, ihre Arbeitsstunden in ein sogenanntes Langzeitkonto über mehrere Jahre hinein zu arbeiten. Das Ziel ist, bei einer Konjunkturdelle wie eben 2014 ein Jahr lang mit halber Kraft laufen zu können, ohne dafür in Kurzarbeit gehen zu müssen. So ein Modell wollten Sie ja 2013 schon durchsetzen - warum hat es damals nicht geklappt und diesmal schon? Vor zwei Jahren haben wir viel über persönliche Freiwilligkeit diskutiert: wer entscheidet, wer am Samstag arbeiten muss? Unsere Lösung 2015 heißt: es ist die Freiwilligkeit des Einzelnen, aber die Verpflichtung der Gruppe. Das ist mit der Belegschaftsvertretung so vereinbart. Und wenn es die Gruppe nicht tut, tut es in der letzten Konsequenz der Betriebsrat. Das System basiert auf gegenseitigem Vertrauen.Wir müssen den Menschen in Österreich überhaupt beibringen, in allen Fragen viel flexibler zu werden. Die Märkte ändern sich einfach ununterbrochen. Wenn sie mich vor einem Jahr zu Russland gefragt hätten, hätte ich gesagt: dort investiere ich und baue zwei Niederlassungen. Jetzt mache ich gar nichts. - Da müssen wir als Standort besser werden und in dem Zusammenhang ist das eine sehr gute Message, was uns da gelungen ist. Und wie war es mit der persönlichen Abstimmung über Lohnverzicht im Ladenbau? Das hat - vor allem wegen der Nicht-Anonymität - doch einigen Staub aufgewirbelt. Im Ladenbau war die Herausforderung eine andere und ich stehe auch zur viel kritisierten namentlichen Abstimmung. Die Doka ist ja immer gewachsen. Im Ladenbau hatten wir Überkapazitäten und mussten entscheiden, wo wir sie reduzieren. Der niederösterreichische Standort war historisch gewachsen mit Abstand der teuerste und zwar auch gegenüber Steiermark oder Baden-Württemberg. Daher haben wir - wie ich glaube, fairer Weise - die Frage gestellt: liebe Mitarbeiter, seid ihr bereit, einen Beitrag zur Kostenreduktion zu leisten? Und dazu haben wir eine Abstimmung gemacht, die ja wegen des Arbeitsrechts sogar namentlich sein MUSSTE. Denn wenn jemand nicht zustimmt, muss ich ja wissen, mit wem ich eine Änderungskündigung mache. Und es haben ja 99 Prozent zugestimmt, da mitzumachen.
Sie haben vorhin über traditionelle Miet- und Kaufmärkte gesprochen und dass das Mietgeschäft ihr Ergebnis wesentlich beeeinflusst. Wohin fährt da der Zug? Das ist regional sehr unterschiedlich. Der Mittlere Osten ist ein ganz starker Kaufmarkt, Südamerika ganz starker Mietmarkt. In Zentraleuropa sehen wir meistens einen Mix. Da werden für den eigenen Bauhof Schalungen für die Grundauslastung gekauft und die Spitzen werden dazu gemietet. So einen Mix von Mieten und Kaufen halte ich in einem reifen Markt wie Zentraleuropa für sehr sinnvoll.Im Grunde läuft es immer mehr dorthin, dass wir ja eigentlich kein Produkt liefern, sondern eine Lösung. Und wir warten und pflegen auch den Schalungspark der Kunden.Das ist unser entscheidender Wettbewerbsvorteil: bei der Lösung noch besser zu sein als beim Produkt. - Als zentraleuropäischer Schalungslieferant können sie sich auch nur so positionieren. Über den niedrigen Preis geht das sicher nicht, obwohl das selbst in Europa manche versuchen. Wie wichtig sind Preise wie der US-Wirtschaftsoskar, den Doka kürzlich gewonnen hat? Wir freuen uns natürlich darüber. Wir können es marketingmäßig gut verwenden, aber es ist natürlich auch eine große Motivation für die Mannschaft. Gerade diese Kletterprojekte, da sind wir einfach stolz drauf - von den zehn höchsten Gebäuden der Welt sind ja acht mit Doka gemacht und das ist schon eine deutliche Aussage." Wenn Sie expandieren, wie es ja ihre Strategie ist: wie finanzieren Sie diese Expansion? Zum Großteil aus dem eigenen Cashflow. Wir haben eine sehr konservative Finanzierungsstruktur mit fast 60 Prozent Eigenkapital. Dazu haben wir vor drei Jahren erstmals ein Schuldscheindarlehen mit einer Laufzeit zwischen fünf und sieben Jahren aufgelegt, das vor allem in Deutschland sehr gut verkauft worden ist. Das ist das eine Standbein der Fremdfinanzierung. Und dann haben wir historisch sehr gute Hausbankverbindungen mit Bank Austria, Oberbank, Raiffeisen Oberösterreich und Raiffeisen International. Wir haben aufgrund unserer Bonität überhaupt kein Problem, uns zu refinanzieren. Trotzdem macht immer wieder das Gerücht die Runde, Doka würde an die Börse gehen. Was ist dran? Gar nichts. An die Börse geht man entweder, wenn man Kapital braucht, oder wenn der Eigentümer verkaufen will. Das ist beides bei uns nicht der Fall. Wir haben so viel Kapital, so viel wir brauchen - wahrscheinlich sogar mehr. So schnell könnten wir gar nicht wachsen. Wir haben ja auch unser Umlaufvermögen gerade in letzter Zeit extrem optimiert. Und wir haben mit der Familie Umdasch einen Aktionär, der das jetzt seit fast 150 Jahren macht und überhaupt keine Intention hat, zu verkaufen. Die Familie ist dem Unternehmen sehr verbunden und fragt auch immer wieder öffentlich rhetorisch: Wo gibt es ein besseres Investment? Und was versteht die Familie Umdasch in Zahlen unter diesem Investment? Wie sieht es mit der Rentabilität aus? Unsere Zielrendite ist ein ROI von über zehn Prozent. Dorthin sind wir jetzt wieder unterwegs, was in Zeiten wie diesen sehr gut ist. Das Ziel ist aber auch gut zu rechtfertigen, da das Geschäft sehr kapitalintensiv ist und die Märkte volatil sind. Sie selber sind ja - vielleicht auch daher die Börsengerüchte - vor fünf Jahren von Zumtobel gekommen. Das ist ebenfalls ein Famlienunternehmen, aber ein börsenotiertes. Wie sieht der Vergleich der beiden Unternehmen aus? Kulturell ist es sehr ähnlich. Auch strategisch gibt es eine sehr große Parallele in der Fokussierung auf eine Kernkompetenz. Bei Zumtobel war es aber notwendig, zur Finanzierung einer großen Aqkuisition einen Private-Equity-Partner zu holen - und Private Equity ist kein Investment auf 100 Jahre, sondern die wollen nach fünf Jahren Geld sehen. Die Antwort DARAUF war dann der Börsegang.Die Börse verändert vor allem die Arbeitsmethodik der Führungscrew. Die Kommunikation mit dem Eigentümer ändert sich sehr stark. In meiner jetzigen Situation kann ich mit hundert Prozent meines Kapitals innerhalb von fünf Minuten telefonieren. Börseneigentümer zu erreichen ist unglaublich aufwändig. Sie müssen Roadshows machen, immer wieder dasselbe von Null weg erklären etc. etc.Wo allerdings übertrieben wird, ist bei der angeblichen quartalsweisen Orientierung. Sie müssen zwar quartalsweise BERICHTEN, aber haben hoffenlich trotzdem einen langfristigen oder zumindest mittelfristigen Plan. Man muss es nur eben dauernd dokumentieren. Und wenn der Kurs einmal ein Quartal nach unten geht, macht das normalerweise auch kein Problem - außer wenn Sie gerade Geld brauchen, dann ist es ärgerlich. Also eine gehörige Skepsis gegenüber dem Thema Börse, das Sie da mitbringen? Ich würde die Börse nicht verteufeln. Die Böse in Österreich leidet ein wenig unter den politischen Bedingungen in diesem Land. Aber sonst ist sie ein absolut adäquates Mittel, um Geld aufzustellen, wenn man es braucht. In den USA ist es super effizient.
Erschienen in SOLID 4/2015
Die Umdasch Group in Zahlen
2009
2010
2011
2012
2013
Konsolidierter Umsatz in Mio. Euro
955
908
968
1.059
1.092
Auslandsanteil
88%
87%
87%
88%
88%
Mitarbeiter gesamt
7.256
6.881
7.114
7.430
7.411
davon Ö
2.917
2.699
2.777
2.850
2.772
davon international
4.339
4.182
4.337
4.580
4.639
Investitionen in Mio. Euro
40
39
55
97
47
Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit in Mio. Euro
219
123
-46
2
104
Betriebserfolg in Mio. Euro
81
66
82
73
74
Jahresüberschuss in Mio. Euro
53
37
47
40
23
Quelle: Geschäftsbericht. Die Zahlen für 2014 werden traditionell erst im Mai bekannt gegeben
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