Städtebau : Die Pläne für das Wiener Nordbahnhofgelände
Das Nordbahnhof-Areal ist eines der wichtigsten innerstädtischen Entwicklungsgebiete der Stadt Wien. Im Rahmen eines EU-weiten, anonymen, zweistufigen städtebaulichen Wettbewerbs wurden für das 30 ha große Gebiet entlang des Bahndamms konkrete Planungsgrundlagen geschaffen. Aus 116 Einreichungen wurde das Projekt des Wiener Architekturbüros STUDIOVLAY mit der Freiraumplanung von Agence Ter und der Verkehrsplanung des Büros Käfer von einer Jury ausgewählt. "Dieses städtebauliche Projekt ist mutig und einmalig in Österreich, wahrscheinlich auch international", so Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. "Wir wollen die Geschichte des Ortes aufgreifen und der Stadt durch eine kompakte, urbane Bebauung einen ungewöhnlich großen Freiraum zurückzugeben. Bis 2030 werden hier rund 8.000 Menschen ein neues Zuhause finden, Arbeitsplätze, Geschäfte und ein Schulcampus entstehen."
Gerhard Kubik, Bezirksvorsteher der Leopoldstadt, betont die Wichtigkeit der Arealsentwicklung für den 2. Bezirk: "Das gesamte Nordbahnhof-Gelände in der Leopoldstadt hat fast die Größe des 8. Bezirks und ein Recht auf die höchsten Qualitäten bei der Entwicklung. Der Gewinner des Wettbewerbes hat hier große Möglichkeiten eröffnet. Wohnen, Arbeiten, Lernen, die Freizeit verbringen - für das alles steht das Siegerprojekt. Die Schaffung eines weiteren großen Grünbereiches - neben dem Rudolf Bednar Park - wird auch dafür sorgen, dass die grüne Lunge des 2. Bezirkes noch um ein gutes Stück größer wird."
Herbert Logar, Geschäftsführer ÖBB-Immobilienmanagement GmbH: "Wir freuen uns, dass wir jene Liegenschaften, die wir für den Bahnbetrieb nicht mehr benötigen, dank der guten Zusammenarbeit mit der Stadt Wien hochwertig verwerten können. Das ist eine echte Win-Win-Situation, die Stadt Wien kann damit neuen, hochwertigen innerstädtischen Lebensraum schaffen. Gemeinsam mit der Immobilienprojektentwicklung am Wiener Hauptbahnhof demonstrieren die beiden Großprojekte, wie durch professionelle Zusammenarbeit hochwertige Flächen geschaffen werden können."
Das Leitbild Nordbahnhof stammt aus dem Jahr 1994. In den letzten Jahren haben sich wesentliche städtebauliche Rahmenbedingungen geändert. Deshalb lobte die Stadt Wien (Magistratsabteilung 21A) gemeinsam mit der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH im Jahr 2011 einen EU-weiten, anonymen, zweistufigen, städtebaulichen Ideenwettbewerb aus. Ziel des Wettbewerbs war es, unter Berücksichtigung der Aspekte Ökologie, Verkehr, soziale Infrastruktur und Gender Mainstreaming, Ideen für eine optimale Bebauungs- und Freiraumstruktur als Grundlage für die Aktualisierung des Leitbilds zu finden. Eine Jury wählte in der ersten Stufe aus 116 eingereichten Projekten acht Projekte für eine detailliertere Bearbeitung aus. "Das Siegerprojekt von StudioVlay ist städtebaulich höchst zeitgemäss, weil es minimalen Ressourcenverbrauch, intensive Nutzungsdurchmischung, maximalen Erhalt des vorhandenen Freiraums und atmosphärische Vielfalt verbindet", so Christoph Luchsinger, Vorsitzender der Wettbewerbsjury.
Das Siegerprojekt schafft es, die geforderten Flächen für Wohnen, Handel und Arbeitsplätze mit einer hohen Freiraumqualität in Einklang zu bringen. Die derzeitige Weite des Nordbahnhofareals wird als zukünftiger Mehrwert für die umliegenden Viertel des 2. und 20. Bezirks gesichert. Anstatt das Areal flächig zu bebauen, sollen große städtische Grünräume miteinander verbunden werden: Augarten, Donauinsel, die zukünftige grüne Mitte am Nordwestbahnhof und der zentrale Parkraum des Nordbahnhofs können so ein Archipel grüner Inseln bilden, die innerstädtische Lebensqualität garantieren. Um die neue, freie Mitte zu ermöglichen, konzentriert sich die gesamte Bebauung um diesen Freiraum und schafft eine Verbindung von Erholungsgebiet und umliegender Stadtstruktur. Bestehende Elemente wie beispielsweise der Bahndamm werden in die neue Gestaltung eingebettet. Die Randbebauung ermöglicht eine Reduktion der Ausgaben für Verkehrsinfrastruktur: alle Baufelder liegen an bereits bestehenden Straßen. Neue Straßen für den motorisierten Verkehr sind kaum notwendig. Zufahrten werden im Zuge der Bebauung miterrichtet. Damit steht das Projekt für eine zukunftsweisende Strategie einer Stadtentwicklung, die Ressourcen schont und gleichzeitig einen Mehrwert generiert.
Die Bebauung selbst gliedert sich in 8 Teilbereiche mit unterschiedlichen Gebäudetypen, -höhen und Nutzungen. Um Schattenbildung im umliegenden Stadtgebiet weitgehend zu vermeiden, liegen die insgesamt 7 Hochpunkte ausnahmslos an der Innenseite zum Park und sind von den bestehenden Straßen abgerückt. Die erhöhte Dichte innerhalb der Baufelder und ihre exzellente Lage - alle Bauflächen liegen am Park - führen zu einer Belebung der Erdgeschoßzone. Die Freiräume auf den Dachflächen bieten den BewohnerInnen zusätzliche Aufenthaltsqualitäten. Der geplante Schulcampus versorgt das Gebiet mit notwendiger sozialer Infrastruktur. Aufgrund der 1991 im Gemeinderat beschlossenen "Leitlinien für die Stadtentwicklung Wiens" entstand in den 1990er-Jahren in Zusammenarbeit von ArchitektInnen, StadtplanerInnen, VerkehrsexpertInnen, SoziologInnen und ÖkologInnen ein Konzept für eine nachhaltige Entwicklung des Nordbahnhofs. Die Bebauung des gesamten Areals ist mit insgesamt rund 10.000 Wohnungen (für ca. 20.000 EinwohnerInnen), etwa 20.000 Arbeitsplätzen und ergänzender Infrastruktur in Etappen bis ca. 2030 vorgesehen.