Überblick/Zusammenfassung : Die Grasser-Porr-Geschichte

not found
© Industriemagazin Verlag GmbH

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist durch eine vom "Kurier" am Sonntag veröffentlichte Aktennotiz unter Korruptionsverdacht geraten. Demnach wurde bei einer Durchsuchung beim Baukonzern Porr ein Aktenvermerk gefunden, wonach beim Linzer Terminal Tower der Verdacht auf eine überteuerte Einmiete der Finanzbehörden gegen Schmiergeld bestehe. Dies werde durch Zeugenaussagen erhärtet, so die Zeitung. "profil" schreibt in seiner aktuellen Ausgabe, dass eine Grasser bekannte Finanzbeamtin in Wien Steuerprüfungen bei ihm und seiner Ehefrau Fiona ausgesetzt habe.

Grasser hat stets alle Korruptions- und sonstigen Vorwürfe gegen ihn stets dementiert. Auch für alle anderen hier Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Nach bisherigen Berichten soll es für eine 200.000 Euro-Zahlung der Porr an die zypriotische Briefkastenfirma Astropolis von Peter Hochegger und Walter Meischbergerkeine Gegenleistung gegeben haben. Die Zahlung wurde im Dezember 2005 vereinbart, floss aber laut Rechnung erst im Februar 2007.

Bereits seit längerem laufen Ermittlungen rund um den Linzer Terminal Tower. Das Bürohaus wurde von einem Konsortium des Baukonzerns Porr, der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und RaiffeisenLeasing errichtet. Der "Kurier" berichtete von einem Aktenvermerk, der bei einer Hausdurchsuchung im Porr-Konzern gefunden wurde. Darin ist die Rede von zwei Mietvarianten, einer billigeren und einer teureren, verbunden mit einer einmaligen Zahlung von 700.000 Euro "an die Finanz" oder zu nennende Dritte. Die Porr-Notiz sei ihm bekannt, sie liege im Akt, so Ainedter zur APA. Grasser habe aber nie Bestechungsgelder angenommen.

Der "Kurier" berichtete auch von einer belastenden Zeugenaussage: Bei der Planung 2004 soll es im Büro von Porr-Chef Horst Pöchhacker (heute ÖBB-Aufsichtsratschef) zu einem Treffen mit dem Makler und Grasser-Freund Ernst Karl Plech gekommen sein. Der damalige Porr-Vorstand und spätere ÖBB-Chef Martin Huber soll nun als Zeuge ausgesagt haben, dass Pöchhacker damals von guten Chancen gesprochen habe, "mit Unterstützung von Plech" die Finanzämter als Mieter in den Terminal Tower zu bringen. Plechs Provisionsvorstellungen würden demnach bei 700.000 Euro liegen. Er, Huber, habe das damals abgelehnt. Anfang Oktober 2011 waren Hausdurchsuchungen bei der Porr durchgeführt worden. Genährt werde der Korruptionsverdacht auch durch eine Aussage des Chefverhandlers des Finanzministeriums für den Terminal Tower, wonach Grasser die ausverhandelte Einmietung am 21. Dezember 2005 überraschend und ohne Angabe von Gründen gestoppt habe, berichtet der "Kurier". Am nächsten Tag sei bei der Porr der ominöse Aktenvermerk entstanden. Schließlich gab Grasser doch Grünes Licht. Ende März 2006 mietete das Finanzministerium 16.000 Quadratmeter im Terminal Tower - für den höheren Mietpreis der zwei Varianten, nämlich für 9,90 Euro pro Quadratmeter.

Die Provision könnte über den Posten "Marketing" für das Projekt geflossen sein, der am Tag vor der Vertragsunterzeichnung von 20.000 auf 200.000 Euro aufgestockt worden sei, so die Zeitung. 200.000 Euro seien laut Vermutungen der Ermittler in Liechtenstein auf den drei im Rahmen der Buwog-Ermittlungen entdeckten Konten gelandet. Ein Konto werde Grassers Freund Walter Meischberger zugeordnet, ein weiteres Plech und beim dritten Konto gebe es "aufgrund der bisherigen Kontoauswertungen Indizien, die auf Mag. Grasser als faktischen Kontoinhaber hinweisen".

Neue Details sind auch zu Grassers Steuercausa aufgetaucht: "profil" berichtet, dass bei der Übersiedlung des Ehepaars Grassers vonTirol nach Wien 2009 das Finanzamt Wien 1/23 anhängige Steuerprüfungen eingestellt habe. Demnach sei bei Grassers Ehefrau Fiona Pacifico Grissini-Grasser eine bereits eingeleitete Großbetriebsprüfung für das Geschäftsjahr 2007 von einer Finanzbeamtin in Wien ersatzlos abgesagt worden. Der Akt sei ohne Anlegung eines Ersatzakts bei der Beamtin, "welche eine Studienkollegin und sehr gute Bekannte von KHG sein soll", heißt es laut "profil" in einem mit 31. Jänner 2011 datierten Schreiben eines Fahnders der Großbetriebsprüfung im Finanzministerium an die Staatsanwaltschaft Wien. Die Vorgangsweise der Finanzbeamtin sei als "höchst bedenklich" einzustufen. Auch bei Grasser selber sei eine Steuerprüfung abgesagt worden. "Bei der Valuecreation GmbH wurde am selben Tag der Aktenübernahme des Akts der FPGG (Fiona, Anm.) aus Kitzbühel durch das FA 1/23 eine Umsatzsteuerprüfung widerrufen".

Mittlerweile wurde das Steuerverfahren an das Finanzamt 9/18/19/Klosterneuburg abgegeben. In einem Zwischenbericht dieser Behörde heißt es laut "profil", "Es besteht der begründete Verdacht, dass der Beschuldigte (Grasser, Anm.) vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung für die Jahre ab 2003 bewirkt hat." Grasser sei Alleinbegünstigter zweier Stiftungen in Liechtenstein, die miteinander direkt und über durchwegs ebenfalls in Steueroasenangesiedelte juristische Personen in unmittelbarer Beziehung stehen. Dort sei ein Vermögen von mindestens 9,28 Mio. Euro. Davon dürfte nach Auffassung der Finanzbeamten nur ein Teil an die Grasser-Gesellschaft Valuecreation geflossen und damit in Österreich versteuert worden sein. Der fehlende Betrag von rund 4,9 Mio. Euro müsse sich noch in den Stiftungen befinden, "da der Beschuldigte selbst im Zuge seiner Einvernahme eine Erklärung vorgelegt hat, in der die Stiftungsvorstände bestätigen, dass alles Geld in den Stiftungen nur aus Erträgen für Tätigkeiten bei der Meinl-Gruppe stammt."

Grasser war für die Meinl International Power (MIP) mit Sitz in Jersey tätig. Nach seinem Ausscheiden als Finanzminister Anfang 2007 wurde er im Wirtschaftsimperium des Bankers Julius Meinl V. Direktor der Meinl Power Management Ltd. (MPM) mit Sitz in Jersey, wobei diese wiederum einen Teil ihrer Aufgaben über ihre 100-prozentige Tochtergesellschaft Meinl Power Management s.r.o. (MPM SK) in Bratislava wahrgenommen hat. Die MPM hatte auf Basis eines Managementvertrags das operative Management der MIP (später PI Power International) durchgeführt. Sie stand zu zwei Drittel im Eigentum der Meinl Bank, zu einem Drittel im Besitz von Grasser.

Gegen Grasser läuft ein Finanzstrafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien. Die Finanzbeamtin vom Finanzamt Wien 1/23 wurde suspendiert, gegen sie werde wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch ermittelt, hieß es zur APA aus Kreisen der Finanzverwaltung. Anwalt Ainedter weist alle Vorwürfe zurück, Grasser sei bevorzugt behandelt worden. Die Finanzbeamtin sei zwar Grassers Studienkollegin gewesen, aber er habe sich nicht mehr daran erinnert. Außerdem habe er sie als Minister bei einer Beförderung übergangen.

Ainedter ist empört, dass wieder Details aus den Ermittlungen in den Medien gelandet sind. "Dass das jetzt wieder aufgekocht wird, ist offensichtlich nur darauf zurückzuführen, dass man nach über zwei Jahren Ermittlungen ohne greifbares Substrat versucht, medial gegen meinen Mandanten loszugehen, um weiter die öffentliche Meinung zu beeinflussen", so der Anwalt zur APA. Der Verdacht auf ein Leck in den Ermittlungsbehörden und Amtsmissbrauch dränge sich auf. In der Sache selbst ist Ainedter nach wie vor zuversichtlich, dass die Ermittlungen gegen Grasser bald ohne Ergebnis beendet werden. Über seine bereits vor Wochen eingebrachten Anträge auf Einstellung des Verfahrens werde hoffentlich bald entschieden. (apa)