Spezialtiefbau : Die Erdexperten

Wenn die Betonpumpe anfängt zu brummen sind sie meist schon weg: die Tiefbauexperten. Jedes Haus, das eine Tiefgarage hat, jedes Fundament, das mehr als die üblichen Dimensionen hat und jede Straße braucht für die erdige Arbeit die Spezialisten für das Fundamentale. Sie sind Ersten auf der Baustelle und schon wieder weg, wenn die für alle sichtbaren Arbeiten beginnen. Manche scherzen: Man sieht sie zwar weniger, aber wenn sie gehen, ist meist das Geld noch da, um sie zu bezahlen.

Unter die Bereiche Tiefbau und Spezialtiefbau fällt eine bunte Gruppe an Arbeiten, die alle mit der Erde zu tun haben und von Bauingenieuren geplant und ausgeführt werden. Sie bauen Straßen, Eisenbahnen und Tunnel. Sie heben Baugruben aus, ziehen Kanalisationen durch die Tiefen und stützen Böschungen oder schwieriges Gelände ab. Eines bleibt immer gleich: Sie machen dichter oder standfest oder sicher.

Meist als Sub

Die Unternehmen, die um diese Aufträge ringen, sind ein paar wenige Spezialisten oder Großkonzerne der Bauindustrie. Der Trend ging zuletzt in die Richtung, dass sich österreichische Bauunternehmen einen Experten mit ins Boot holen, um in diesem Bereich selbst sattelfest zu sein. „Dieses System funktioniert in Zeiten des Wirtschaftsaufschwungs, wo eine Unabhängigkeit des Unternehmens erwünscht ist“, sagt Peter Außerlechner, Österreich-Chef von Bauer Spezialtiefbau. Doch er äußert Bedenken. In Deutschland beispielsweise hat sich diese Strategie nicht bewährt. „Auf Spezialtiefbau sollte man sich hundertprozentig konzentrieren.“

Wie groß der Anteil des Spezialtiefbaus an der gesamten Bauleistung in Österreich ausmacht, ist schwer definierbar. Jedes Unternehmen unterteilt seine Tätigkeiten anders. Nur ein Beispiel: Vom Gesamtumsatz der STRABAG macht der Verkehrswegebau 46 Prozent aus. Dazu zählen aber auch der Bau von Sportstätten, Friezeitanlagen und Brücken. Ein Teil der Sparte Hoch- und Ingenieurbau, die 42 Prozent ausmacht, fällt auch unter Tiefbau. Die PORR hingegen erwirtschaftet im Tiefbau 24,2 Prozent, mit Straßenbau 12,3 Prozent der Gesamtbauleistung.

Florierende Aussichten

Dabei zeigt sich heuer der Spezialtiefbau als krisenfestes Geschäft. „Für 2009 prognostieren wir im Tiefbau ein Plus von 4,7 Prozent. Davon müssen wir nicht abweichen“ sagt Marktforscher Andreas Kreutzer. Zum Vergleich: Der Bau insgesamt soll laut Prognosen seine Produktion heuer um 2,9 Prozent steigern. Unter Tiefbau werden in dieser Berechnung der Bau von Straße, Schiene, Verkehrswegen aber auch Telekommunikationseinrichrungen, Energie, Wasser, Tunnel und Brücken verstanden. Aus diesen Bereichen heben sich mit einem satten Plus vor allem zwei heraus. In Energie-Bauwerke wird heuer um 3,5 Prozent mehr investiert. Kreutzer rechnet mit einem Anstieg der Investitionen von 1,5 auf 1,6 Milliarden Euro. Im Straßenbau steigt das Volumen in Österreich von 5,3 auf 5,4 Milliarden Euro an.

Krisenfest sieht es vor allem hierzulande und für heuer aus. Weiter in die Zukunft wagt sich im Moment kein seriöser Forscher. „In Osteuropa sind die Märkte vor allem in Bulgarien und Rumänien stark eingebrochen“, berichtet Außerlechner. Man zieht sich aus diesen Bereichen etwas zurück, gibt sie nicht ganz auf, aber wendet das Interesse stabilen Staaten wie Österreich zu.

Am Kuchen der Konjunkturförderung isst der Spezialtiefbau ein kleines Stück mit. Über das Wohnbauförderungspaket werden indirekt oft Tiefgaragen geplant. Sobald es zwei Stockwerke in die Tiefe sind, können es kleine Bauunternehmen nicht mehr selbst machen. Dann fahren die Spezialtiefbauer mit ihrem Know-How und ihren Geräten auf. Vorgezogene Maßnahmen bei Bahn und Straße machen sich noch nicht spürbar bemerkbar - aus folgendem Grund: Nur Projekte, die die Umweltverträglichkeitsprüfung hinter sich haben, können vorgezogen werden. Die Bahnhofsoffensive in Vorarlberg und der Bahnhofausbau in Sankt Pölten sind zwei davon. Andere Projekte werden wahrscheinlich erst im kommenden Jahr folgen.

Eine handliche Szene

Die größten Auftraggeber für Spezialtiefbau sind in Österreich nur ein paar Unternehmen. ÖBB, ASFINAG und via donau, die Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mit Sitz in Wien. Die Big Player am Markt sind schnell aufgezählt. Die drei großen Bauindustriebetriebe STRABAG, ALPINE und PORR decken die Bereiche Spezialtiefbau selbst ab. Die PORR hat dafür eine eigene Abteilung. Die beiden anderen lagerten den Bereich in Töchter oder Beteiligungen wie INSOND oder Grund- Pfahl- und Sonderbau GPS aus.

Zur Gruppe der Experten zählen neben Bauer-Spezialtiefbau auch die Keller Grundbau Gesellschaft oder Bilfinger-Berger. Habau und andere Mischfirmen rittern bei den Aufträgen genauso mit. Der Kreis der Spezialtiefbauer ist und bleibt überschaubar in Österreich. Sie arbeiten meist als Subunternehmen bei Großaufträgen. Und das nur für kurze Zeit. Durchschnittlich sind die Verfahrensexperten nach zwei bis drei Monaten von ihren Baustellen wieder weg.

Gerätelastig

Was die spezialisierten Unternehmen können ist im Grunde schnell gesagt: Sie besitzen das Know-How und vor allem den dazugehörigen Fuhrpark, um in der Erde fest zu veranken oder den Grund entsprechend zu bearbeiten. Pfahlrammanlagen, Tiefbohrgeräte sowie Injektions- und Spülpumpen müssen im Fuhrpark bereit für den Einsatz stehen. Zu den bauüblichen Fahrzeugen wie Bagger & Co braucht es noch Hochdruckbetonpumpen, Betonanlagen und spezielle Messgeräte. Geologische Verhältnisse sind für Spezialtiefbauer keine Hindernisse, sondern Herausforderungen, die lösbar sind. Auch bei guter Vorplanung und geologischen Proben kann in jedem Untergrund eine böse Überraschung verborgen sein.

Beinahe alles ist technisch lösbar. Bohrpfähle können bis in Maximaltiefen von 70 Metern gegründet werden. Sie können schräg oder gerade versetzt werden und bis über eineinhalb Meter Durchmesser haben. Die Pfähle sichern Baugruben oder sind die unsichtbaren, unterirdischen Säulen, um Hochbauten auf sicheren Grund zu stellen. Bis zur tragenden Schicht im Untergrund fräsen Großmaschinen Schlitze in den Boden. Mit Suspension gefüllt, kann so zum Beispiel ein Hafen eine dichte Kaimauer erhalten. Mit Injektionsbohrungen kann man Tunnelwände im Stein befestigen und so U-Bahn-Schächte sicherer machen. Das sind für Spezialtiefbauer Standardaufgaben.

Diese Techniken beherrschen nicht nur die Big Player am Markt. „In den vergangenen Jahren mischten sich junge Firmen vor allem mit neuen Gründungstechniken in die Reihen der Alteingesessenen ein“, sagt Außerlechner. (PK)