Management : Die 5 Kapitalfehler im Projektmanagement

Bauprojekte, deren Kosten explodieren. Plötzliche Baustopps, die das Schlimmste verhindern sollen. Gerippe von Rohbauten, an denen Monate oder Jahre nicht gearbeitet wird. Beteiligte, deren Nerven blank liegen und deren Feindschaft ein Leben lang hält. Läuft ein Bauprojekt aus dem Ruder, wiegen die Folgen schwer und werden Großprojekte zu Skandalen.

Passieren kann bei Bauvorhaben an vielen Stellen etwas. Baustellen ohne Probleme wird es wohl nie geben. Denn durch tausende große und kleine potenzielle Stolpersteine führen die Beteiligten üblicherweise ein Projekt zu Ende. Ein professionelles Projektmanagement wird eingesetzt um alles zu koordinieren. Doch auch Manager, die zumeist letztendlich zur Verantwortung gezogen werden, können sich vor Fehlern schützen. SOLID hat die Kapitalfehler des Projektmanagments gesucht und mithilfe von Experten aus der Praxis ermittelt. Wer diese Fehler nicht vermeidet, kann jedes Projekt mit Sicherheit versenken.

Kapitalfehler 1: Dem Bauherren alles Recht machen

Es ist Sache der Projektmanager die Wünsche des Bauherren in Beton, Ziegel, Stahl oder Holz zu übersetzen. Der Erfolg scheitert nicht am Willen des Bauherren. Er weiß er möchte ein Bürogebäude, ein Wohnhaus, ein Krankenhaus oder eine neue Firmenzentrale um eine bestimmte Kostensumme. Der Architekt oder Planer wird beauftragt ihm dafür die ersten Pläne machen. Nach diesen kommen erste Diskussionen, wo Bauherr und Architekt gemeinsam ihre Vorstellungen umsetzen und der erste Stolperstein für Bauprojekte bereits gelegt sein kann.

Bereits in dieser frühen Phase kann der professionelle Projektmanager die Sache in die richtige Richtung lenken. „Bauherren wissen zwar was sie wollen, aber denken nicht nach was sie brauchen“, sagt Karl Friedl. Der Geschäftsführende Gesellschafter von beneconsulting begleitet seit Jahren große und kleine Bauherren bei der Vorplanung. Er stellt dabei dem Bauherren durchaus unangenehme Fragen, um schon in der Vorphase größtmögliche Wahrheit über Kosten und Bedarf zu ermitteln. „Wer im Bedarf denkt, spart Kosten von Anfang an“ unterstreicht Friedl nachdrücklich. Demm jeder Quadratmeter Bürogeschoßfläche kostet ungefähr 2.500 Euro in der Errichtung und weitere 120 pro Jahr im Betrieb. Da kann bei größeren Projekten eine 5-Zentimeter-Einsparung auf der Länge sich auf das Geldbörserl schlagen.

In diese Phase eines jeden Projekts wird die Hälfte der Projektkosten bereits fixiert, der Wissensstand der Projektkosten ist dabei aber noch klein. „Je früher der Bauherr die Anforderungen klar vor Augen hat, desto besser kann die Auftragserteilung an den Architekten erfolgen“, ist Friedl überzeugt.

Kapitalfehler 2: Zum falschen Zeitpunkt beginnen

Für schlechte Nachrichten im Leben gibt es nie einen guten Zeitpunkt. Für den Beginn eines Bauprojekts dagegen schon. Den Zeitpunkt des Baubeginns gibt der Bauherr vor. Planungsbüros werden meist beauftragt eine professionelle Vorgehensweise in Planung, Koordination und Überwachung festzulegen. Solch ein gut durchdachter Plan kann jedoch aus nicht beeinflussbaren Gründen durcheinandergewürfelt werden. Politische Termine wie Spatenstiche in Vorwahlzeiten sind ein Paradebeispiel dafür. Manchmal drängen auch die Baufirmen aus Auslastungsgründen auf einen früheren Termin. Wie auch immer. Die Sache rächt sich.

„Es ist ein Irrglaube zu denken, je früher man beginnt, desto früher ist das Projekt fertig“, sagt Wolfgang Kradischnig, Projektmanager von Delta. Ist nicht von Anfang an sauber geplant und sind die Ziele nicht klar in den Plänen abgebildet, beginnt ein Sog nach unten. Ganz abgesehen von dem Fall, wo ohne Baugenehmigung gestartet wird. Denn mit dem Startzeichen beginnen die ausführenden Firmen mit Arbeiten. Der Auftraggeber kommt erst im Laufe der Arbeiten drauf, was er wirklich will. Die Behörde schreibt vor, was sein muss. Dann beginnen die Streitereien um Nachträge. Große Baufirmen haben für ihr Claim-Management eigene Abteilungen und eines ist gewiss: Letztendlich verteuert sich die Sache. „Nur eine detailierte Planung vor Baubeginn schafft Kosten- und Terminsicherheit“ sagt Kradischnig.

Genauso sehen dies Alexander Specht und Dietmar Kalss von der pro projekt Baumanagement-& Panungs GmbH in Wien. Sie setzen auf Planung bis ins letzte Detail. „Beim Projekt River Gate haben wir ein tausendseitiges Leistungsbuch erstellt, das als Grundlage der Ausschreibung des 50.000 Quadratmeter Projekt eine brauchbare Kostenschätzung ermöglicht.“ Ein einseitiger Zeitplan für eine großes Bauprojekt ist in jedem Fall für die Ausschreibung zu wenig.

Kapitalfehler 3: Den Überblick verlieren

Die Bauarbeiten schreiten voran. Nach Monaten gehen den Verantwortlichen mit Schrecken die Augen auf: Die Kosten haben sich erhöht, auf der Baustelle ist einiges anders umgesetzt als ursprünglich vereinbart. „Wer eine Sache sechs bis sieben Monat verschleppt, zahlt dafür teuer“, weiß pro projekt-Mann Dietmar Kalls. Unweigerlich verlieren die Beteiligten den Überblick.

Überblick schaffen transparente und klare Organigramme, detaillierte Bauzeitpläne und ein professionelles Änderungsmanagement. Flexibilität hat auf der Baustelle nichts mehr verloren, denn vor Ort muss das Rad nicht jeden Tag neu erfunden werden. „Auch wir machen Fehler und arbeiten im Bewusstsein, dass der Stein der Weisen noch nicht gefunden ist“, räumt Wolfgang Kradischnig ein. Wer sich des Risikos bewusst ist und sieht, dass etwas daneben geht, muss eben die Notbremse ziehen. Stellt der Auftraggeber wechselnde Anforderungen, so muss gestoppt werden. Auf Gewalt können die alten Zeitpläne dann eben nicht eingehalten werden. Denn eines, so Kradischnig, wäre fatal: „Wenn ein Auto repariert werden muss, macht es einen Boxenstopp. Keiner wechselt einen Reifen während der Fahrt. Genauso muss es bei Bauprojekten gemacht werden.“

Schlingert ein Projekt, erhöht sich der Druck auf alle Beteiligten enorm. Der Pojektmanager hat dabei eine zentrale Funktion und Aufgabe. „Die Kostenkontrolle muss der Manager permanent im Auge behalten, denn Architekt, Bauherr und ausführende Firmen haben ihren je eigenen Zugang dazu“, fügt Alexander Specht hinzu.

Kapitalfehler 4: Schweigen und verletzen

„Die Kunst zu schweigen ist größer, als die Kunst zu reden“ philosophierte Arthur Schopenhauer. Diese Philosophie hat jedoch bei Bauprojekten nichts verloren. Der Erfolg von Bauprojekten hängt stark vom Miteinander-Reden ab. Denn nur beim Reden kommen die Leut zusammen, weiß auch der Volksmund.

Baustellen sind eigene Welten für sich. Viele handelnde Personen, viele Gewerke, unzählige Arbeitsschritte kommen zusammen. Allen Beteiligten muss eines klar sein: das Ziel. Dieses muss kommuniziert werden, auch wenn das lapidar klingt. Denn in der Praxis kommt durchaus der Fall vor: Baufirmen kommen auf die Baustelle, haben nicht die passenden Pläne und es wird getan, was sich gerade ergibt, falls nicht einfach wieder abgefahren wird. So können keine Termine eingehalten werden.

Baustellen brauchen eine organisierte Gesprächskultur. Startgesprächen müssen regelmäßige Besprechungen folgen. Da noch kein Projekt ohne Änderungen ausgekommen ist, muss der Wissensstand permanent aktualisiert werden. Dafür sind regelmäßige Sitzungen notwendig. „Die Kommunikation darf bei einem Projekt nie aufhören – auch wenn sie nur noch schriftlich geht. Wenn sich die Entscheidungsträger nur quartalsweise treffen, ist die beste Voraussetzung geschaffen, dass ein Projekt schief geht.“ sagt Dietmar Kalss von pro projekt.

Und in der Sache Gesprächskultur steckt noch großes Potenzial. Firmen, die ihre Mitarbeiter in Kommunikation schulen, vermeiden einen Kapitalfehler: sprachlos machende Beleidigungen. Denn es geht unter dem Zeit- und Gelddruck nicht darum verletzend sondern lösungsorientiert zu kommunizieren. Und das kann gelernt werden – uns spart letztendlich Anwaltskosten.

Kapitalfehler 5: Augen zu und durch

Manchmal im Leben ist es einfacher etwas nicht gesehen zu haben, etwas nicht zu wissen und über eine Sache Gras wachsen zu lassen. Im Leben möge jeder selbst entscheiden, ob diese Strategie passend ist, beim Projektmanagement hat so ein Vorgehen allerdings nichts verloren.

„Ein guter Projektmanager schafft Transparenz. Wenn der Bauherr Folgen nicht richtig abschätzt oder Kostspieliges wünscht, so kommt der Manager zwar in eine schwierige Situation, muss aber in jedem Fall Klartext reden: ‚Lieber Bauherr, so geht das nicht!“, sagt Kadischnig aus Erfahrung. Wer Konfrontationen meidet und Konflikte umgeht ist als Projektmanager fehl am Platz. Das bedeutet aber nicht, dass auf Biegen und Brechen gestritten und diskutiert werden muss. Vieles löst sich mit einer klaren Vergabe der Verantwortung und Struktur. Statt bei Abweichungen wegzusehen ist es dann die Aufgabe die Konsequenzen zu ziehen und das Vereinbarte einzufordern.

Und zu guter Letzt kommt eine Sache dazu. Es ist Aufgabe des Projektmanagers Risken abzuschätzen. „Der gröbste Fehler passiert, wenn man Risiko nicht rechtzeitig erkennt“, sagt Karina Breitwieser, Leiterin des Projektsmanagements bei Waagner Biro Stahlbau. Mit klarem Blick muss entlang der Zeit- und Kostenpläne durchgegangen werden. Denn das Motto „Augen zu und durch“ hat auf keiner Baustelle etwas verloren.