Stahlbau : „Der erste Schritt ist wichtig“
Die 34 Jahre alte Ewa Wojtaszek arbeitet seit zwei Jahren bei Zekon (einer 100-Prozent-Tochter der Zeman Beteiligung) als Schweißerin. Sie gehört, so Firmenchef Peter Zeman, zu den sehr guten in ihrem Beruf und so leicht ist das nicht. Zeman: „Von den Bewerbungen sind 10 Prozent brauchbar, wenn wir Glück haben“.
Im oberschlesischen Zekon-Werk arbeiten mit 65 knapp mehr als die Hälfte aller Schweißer von Zeman, geschweißt wird dort unter anderem auch für den Um- und Ausbau des Kongresszentrums beim Vienna International Center. Deshalb ist Ewa Wojtasek auch in Wien und freut sich, „an diesem Bauwerk beteiligt gewesen sein zu dürfen“
Das Gespräch mit ihr, Peter Zeman und Zekon-Werksleiter Tomas Sobol dreht sich schnell um die in Österreich herrschende Technikerarmut. Zeman: „Techniker werden in unseren Breiten vorwiegend Männer. Somit werden nur etwas mehr als 50% der Bevölkerung angesprochen. Davon entscheidet sich wieder nur ein Teil, in die Technik zu gehen. Uns fehlen die Frauen in der Technik.“
Das gilt in Österreich ganz besonders. In Polen ist die Lage bezüglich Frauen in der Technik besser, in der Türkei sehr gut. Wenn Frauen aber in die Technik gehen, so sind sie dann sehr stolz auf ihre Entscheidung, und Peter Zeman findet die Vorbildwirkung wichtig.
Eine neue Herausforderung
Der Weg Ewa Wojtaseks zur Schweißerin verlief dabei alles andere als schnurgerade von Schule über Ausbildung zum Job. „Ich habe zehn Jahre lang als Kellnerin in der Gastronomie gearbeitet, davor als Telemarketer,“ sagt sie. „Nach einer gewissen Zeit wollte ich etwas anderes tun. Irgendwann wurde mir auch die Anzahl der Menschen und das dauernde Arbeiten am Wochenende zu viel. Außerdem hat man nicht so besonders gut verdient.
Einer der Gäste der Bar war von Beruf Schweißer, wie sich im Gespräch herausstellte. Das klang interessant und ich wollte mehr darüber erfahren. Und als er mein Interesse merkte, sagte er: du könntest ja auch Schweißerin werden.“
Wojtasek beschloss dann, es zu versuchen und absolvierte einen zweieinhalb Monate dauernden und von der Europäischen Union finanzierten Kurs.
„Es hat mir sehr gut gefallen und ich beschloss, mir einen Job als Schweißerin zu suchen. Aber das war dann gar nicht so einfach, weil mich lange Zeit niemand einstellen wollte. Sie wollten keine Frauen – hauptsächlich mit der Begründung, dass sie keine eigenen Räumlichkeiten für Frauen zum Umziehen, Duschen etc. hätten.
Im Internet habe ich dann das Stellenangebot der Firma Zekon gefunden und wurde tatsächlich für eine Probe eingeladen. Ich war glücklich und nervös gleichzeitig. Und es hat funktioniert!“
Wojtasek bekam von Sobol und dessen Co-Geschäftsführer Marek Gierat jemanden an die Seite gestellt, der sie eingeschult hat – und sie bekam auch ihre eigenen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. „Es war überhaupt kein Problem! Die Einschulung dauerte ungefähr drei Monate – und seither arbeite ich völlig eigenständig.“
Was war so anziehend am Schweißen, fragen wir? Schließlich ist das ja kein Beruf für jedermann, geschweige denn jederfrau? Oder war es der Gast, der das so vermittelt hat?
„Der Gast – es war ein Stammgast – und seine Begeisterung haben sicher eine Rolle gespielt. Und ich war offen für eine neue Herausforderung in meinem Leben. Ich habe auch mit anderen Stammgästen über neue Berufsmöglichkeiten gesprochen, aber das war das Spannendste.“
War sie als Kind schon technikinteressiert, fragen wir nach? Nein, antwortet sie – und nach einer kurzen Pause:„Ich mag den Beruf der Schweißerin sehr, obwohl es sehr harte Arbeit ist. Man muss sehr geduldig sein, darf nie aufgeben und muss immer wieder neue Dinge zu lernen bereit sein. Wichtig ist die gute Arbeitsatmosphäre. Vor allem am Anfang hatte ich sehr viele Fragen und zum Glück waren alle in unserem Werk sehr hilfsbereit. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, haben sie mir geholfen, das wieder in Ordnung zu bringen.“
„Fast ein Kunsthandwerk“
Da spricht sie nur über den Anfang, sagt Peter Zeman, und dass sie „mittlerweile eine sehr sehr gute Schweißerin ist und nicht nur da, weil sie eine Frau ist. Sie gehört zu den absoluten Leistungsträgern bei uns.“
Was macht einen guten Schweißer aus? Zeman: „Das ist eine Art Mysterium, das kann nicht jeder. Ich habe das Geheimnis selber noch nicht entdeckt und es konnte mir auch noch niemand erklären. Manche können es, viele können es nicht. Es ist fast ein Kunsthandwerk.“
Wojtasek: „Es ist vor allem Geduld und Lernbereitschaft. Man darf weder zu schnell noch zu langsam sein. Aber es ist unheimlich zufriedenstellend, wenn man es gut hinbekommt. Wenn ich etwas fertig gemacht habe und die Qualitätskontrolle es abgenommen hat, bin ich immer sehr stolz, weil ich sagen kann: das Stück hier habe ich gemacht. Man kann es anschauen, man kann es angreifen, es ist meine Arbeit.“
Und wie ist es als Lady unter 180 Guys – gut oder schlecht? Ewa Wojtasek: „Ich mag die Kollegen einfach und sie mögen mich, soviel ich weiß. Ich arbeite überhaupt lieber mit Männern als mit Frauen. Männer sind offener, ernsthafter und gehen konzentrierter an die Dinge heran.“
Nächster Schritt Qualitätskontrolle
Wo soll es hingehen für Ewa Wojtasek, eine Frau, der die Qualität der eigenen Arbeit so wichtig ist, wie sie sagt? Wenig überraschend kommt also die Antwort: „Ich kann mir gut vorstellen, in der Zukunft in der Qualitätskontrolle tätig zu sein. Das könnte ein nächster Schritt sein.“ Und dann Werksleiterin? „Nein nein nein!“
Eine nicht unwesentliche Rolle bei ihrer Entscheidung für diesen Beruf und weg aus dem alten Umfeld hätte auch das Geld gespielt. „Nach einem Jahr als Schweißerin habe ich schon doppelt so viel verdient wie zuvor nach zehn Jahren in der Gastronomie.“ Die Freundinnen und Bekannten sähen ihren Karriereschritt dabei leicht verunsichert. „Die meisten sehen vor allem die harte Arbeit, beneiden mich aber um den Verdienst“, sagt Wojtasek und plädiert für einen einfacheren, weniger mit Vorurteilen überfrachteten Zugang: „Dieser Job ist sicher nichts für jede Frau – aber es sollten zumindest mehr Frauen versuchen! Es ist ja auch kein Job für jeden Mann.“
„Man muss die Frauen näher daran bringen, sich überhaupt einen Technikberuf vorzustellen“
„Als ich den Kurs begann, hat niemand geglaubt, dass ich das schaffe – nicht einmal meine Eltern. Schon gar nicht meine Freundinnen und Kolleginnen. Alle haben nur die Nachteile gesehen, die harte Arbeit in Schichten etc. Das hat mich daran erinnert, dass ich zehn Jahre davor mit dem Gedanken gespielt hatte, LKW-Fahrerin zu werden. Damals habe ich es mir noch ausreden lassen. Diesmal nicht mehr! Ich wollte den Fehler nicht noch einmal machen, es nicht einmal zu versuchen. Ich wollte etwas tun, das sich für mich gut anfühlt.“
Das Schweißen sei zwar körperlich sehr anstrengend, aber „ich muss in der Früh ein Makeup auflegen“, sagt sie gegen Ende des Gesprächs. Von der gesellschaftlichen Verständnislosigkeit sollten sich ihre Geschlechtsgenossinnen aber auf keinen Fall abhalten lassen, ist ihre Botschaft, die Frauen sollten „Go and try“. „Der erste Schritt ist wichtig – dass man es überhaupt versucht!“
Peter Zeman fasst am Ende zusammen: „Man muss die Frauen näher daran bringen, sich überhaupt einen Technikberuf vorzustellen. Wie wir gerade gehört haben, haben sie gar keine Vorstellung davon. Es ist zu weit weg von der Wirklichkeit der meisten Frauen.“ Und das soll sich mit solchen Vorbildern ändern.