Interview : "Das Jahr der Verkäufer"

SOLID: Die Bauwirtschaft setzt in allen Bereichen auf Energieeffizienz. Seien es Baustoffe, Bauteilsysteme, oder Nutzung von emissionsfreien Energiequellen wie Erdwärme, Photovoltaik und so weiter. Hat Energieeffizienz für die Käufer am Immobilienmarkt einen Wert?

Peter Weinberger: Energieeffizienz kommt für die Käufer an vorletzter Stelle. Das haben wir in einer Studie das „Traumhaus der Österreicher“ vom Marktforscher Gallup im Jahr 2008 erheben lassen. Wichtiger sind Vorratsraum, Terrasse und zwei Bäder. Energieeffizienz rangiert bei der Kaufentscheidung an vorletzter Stelle.

Die Umfrage ist zwei Jahre alt. Inzwischen wurde im letzten Jahr der Sanierungsscheck propagiert und Kampagnen für den Klimaschutz lanciert. Hat sich dadurch nichts geändert?

Weinberger: Bei der Kaufentscheidung spielt Energieeffizienz noch immer keine Rolle. Sie bleibt mehr eine Endvision. Derzeit werden gebrauchte Objekte häufig gekauft und nachgefragt. Diese Objekte werden zuerst selbst genutzt und durch das stärker ausgeprägte Risikobewusstsein im Gefolge der Wirtschaftskrise wird eine Sanierung erst in fünf Jahren angepeilt. Ich bin aber überzeugt, dass das Umdenken passieren wird.

2009 war für Ihr Unternehmen ein voller Erfolg. 23,5 Prozent mehr Umsatz, neue Außenstellen und mehr Mitarbeiter. Hat die Krise denn gar keine Spuren hinterlassen?

Weinberger: Die Wirtschaftskrise brachte einen Run auf Immobilien als Wertanlage. 2009 war das Jahr der Verkäufer. 2010 wird es ähnlich sein. Der Verkauf ist derzeit ein lukratives Geschäft. Vor vier Jahren hatten wir sechs Außenstellen, in denen rund 30 Mitarbeiter die Hälfte des heutigen Umsatzes machten. Unser Ziel haben wir überplanmäßig erfüllt. Damals haben wir uns für eine engere Zusammenarbeit mit der Raiffeisengruppe entschieden und bauen jeweils lokal spezialisierte Maklerteams auf.

Aber alle Welt spricht von Kreditklemme. Die Konditionen von den Banken sind hart. Wieviel Eigenkapital ist denn derzeit notwendig?

Weinberger: Die Bedingungen sind nicht schlechter geworden. Wenn Sie mich festnageln wollen, so sage ich 30 bis 35 Prozent Eigenkapital wären sinnvoll. Doch ein Kredit hängt auch von der Bonität und den Haushaltsausgaben ab. Meiner Meinung nach ist es derzeit nicht schwieriger als früher zu einer Finanzierung zu kommen. Von Kreditklemme kann nicht gesprochen werden.

Wo klemmt es denn dann?

Weinberger: Die Nachfrage nach Büro- und Gewerbeimmobilien ist in Wien, Niederösterreich und Burgenland nahezu zum Stillstand gekommen. Wirtschaftskrise und Kurzarbeit lassen die Produktion zurückgehen. Die Unternehmen reduzieren ihre Produktionsflächen. Ähnliches gilt für Büroflächen. Heimische Firmen, ausländische Investoren und große Immobilienfonds halten ihre Cash-Bestände statt in Bürogebäude zu investieren.

Wird im Jahr 2010 dieser Stillstand bei Büro- und Gewerbeimmobilien anhalten und der Boom beim Privathaus fortgesetzt?

Weinberger: Die Entwicklung am Büro- und Gewerbemarkt ist nicht abschätzbar. Irgendwann wird der Investitionsdruck wieder steigen, das ist sicher. Aber wann kann ich nicht sagen. Während ich davon ausgehe, dass am Wohnmarkt 2010 wieder ein Jahr der Verkäufer wird.

Danke für das Gespräch.

KASTEN: Peter Weinberger (39) ist seit 2008 alleiniger Geschäftsführer der „Waldviertel Immobilien-Vermittlung GmbH“, einer hundertprozentigen Tochter der Raiffeisen Immobilien Vermittlung, deren Geschäftsführer der geborene Waldviertler seit 2005 ist.