Zunächst eine vielleicht überraschende Klarstellung: Entgegen manch weit verbreiteter Meinung war im Bundesvergabegesetz (BVergG) das Bestbieterprinzip, bei dem neben dem Preis auch die Qualität der Angebote bewertet wird, schon bisher als Haupt-Zuschlagsprinzip vorgesehen. Insofern erfolgt also gar keine Neuerung.
Neu ist allerdings, dass das Gesetz explizit in einer (nicht-abschließenden) Aufzählung jene Fälle nennt, in denen auf jeden Fall dem Bestbieter der Zuschlag zu erteilen ist, so etwa: bei funktionaler Leistungsbeschreibung; bei Zulassung von Alternativangeboten; wenn kostenwirksame Faktoren berücksichtigt werden sollen wie etwa Entsorgung; wenn aufgrund der Abweichung von geeigneten Leitlinien wie ÖNORMEN keine vergleichbaren Angebote zu erwarten sind usw. Feigenblätter gibt es weiterhin Im Vorfeld der Novelle wurde weiter kolportiert, dass sogenannte Feigenblatt-Kriterien bei Bestbietervergaben (zB 2% für Gewährleistungsverlängerung etc.) abgeschafft werden sollen. Tatsächlich findet sich dazu im Gesetz aber keine Regelung. Lediglich nach den (unverbindlichen) Erläuterungen soll eine Gewichtung der Qualitätskriterien unzulässig sein, wenn diese gegenüber dem Preis keinen "realistischen Einfluss" auf die Bewertung hat; ob dies im Einzelfall vorliegt, ist aber auf Basis des konkreten Auftrags zu beurteilen. Bei Leistungen mit sehr hohem Standardisierungsgrad (Straßenbau, Rohbau) sollen derart gering gewichtete Qualitätskriterien dennoch zulässig sein. Hier bleibt abzuwarten, welche Bedeutung die Rechtsprechung diesen unverbindlichen Erläuterungen beimessen wird.
Das Billigstbieterprinzip darf weiterhin dann zur Anwendung gelangen, wenn der Auftragsgegenstand durch den Auftraggeber in rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Sicht klar und eindeutig definiert ist (betrifft wohl den Großteil der Ausschreibungen auf Basis konstruktiver Leistungsverzeichnisse). Transparenz bei Sub-Unternehmern Eine wirklich wesentliche Änderung besteht darin, dass zukünftig alle Subunternehmer, also auch nicht notwendige (nicht eignungsrelevante) Subunternehmer sowie Sub-Subunternehmer bereits mit dem Angebot bekannt gegeben werden müssen (der Auftraggeber kann hiervon lediglich aus sachlich rechtzufertigenden Gründen abgehen). Das bedeutet, dass bereits bei Angebotsabgabe alle Subunternehmer und deren allfällige (Sub-)Subunternehmer bekannt sein müssen. Daher sollte dem Bieter von seinen Aauftragnehmern bereits ein verbindliches Angebot vorliegen, da der Bieter sonst (nach Zuschlagserteilung) erpressbar in Preisverhandlungen würde.
Soll ein (Sub-)Subunternehmer nach Zuschlagserteilung ausgewechselt oder erst nachträglich beauftragt werden, bedarf dies der ausdrücklichen Zustimmung des Auftraggebers (diese sollte auf jeden Fall schriftlich eingeholt werden). Im Gesetzestext werden jedoch keine Voraussetzungen für die Zustimmung spezifiziert; nur in den (unverbindlichen) Erläuterungen findet sich der Hinweis, dass der Auftraggeber die Zustimmung lediglich aus sachlichen Gründen verweigern darf. Hellseher gefragt? Darüber hinaus sind laut Regierungsvorlage auch für diese nachträglichen Subunternehmer bereits dem Angebot (!) entsprechende Verpflichtungserklärungen beizulegen. Wie ein Bieter, der über keine hellseherischen Fähigkeiten verfügt, dies vorab bewerkstelligen soll, bleibt allerdings offen. Aufgrund des Umstands, dass alle nachträglichen Änderungen bei (Sub-)Subunternehmern bekannt zu geben sind, sollten Bieter diese Verpflichtung zur Bekanntgabe unbedingt auch auf ihre (Sub-)Subunternehmer überbinden (und diese Pflicht allenfalls pönalisieren).
Bei "kritischen Leistungsteilen" bei Bau- und Dienstleistungsaufträgen sowie bei Verlege- und Installationsarbeiten kann der Auftraggeber zudem festlegen, dass der Bieter die Arbeiten selbst erbringen muss (für diesen Leistungsteil also keine Subunternehmer heranziehen darf). Sinnvolle Neufassung der Kleinlos-Regelung Infolge einer VwGH-Entscheidung stellt der Gesetzgeber nun klar, dass für die Wahl des Vergabeverfahrens bei Anwendung der Kleinlos-Regelung der Auftragswert des einzelnen Loses maßgeblich ist. Die Neuerung bewirkt, dass bestimmte Lose (Auftragswert weniger als EUR 1 Mio.; Summe dieser ausgewählten Lose geringer als 20% des Gesamt-Volumens) nach Unterschwellenbereich-Verfahrensarten vergeben werden können. Besonders interessant für den Baubereich ist hier natürlich die Direktvergabe mit Bekanntmachung, welche bei Losen mit einem Volumen von unter EUR 500.000 zur Anwendung kommen kann (eine Direktvergabe ohne vorherige Bekanntmachung wäre unter EUR 100.000 zulässig). Diese Regelung könnte daher tatsächlich sehr positive Auswirkungen für (lokale) KMU haben.
Bei der Prüfung der beruflichen Zuverlässigkeit müssen Auftraggeber nun zwingend eine Abfrage nach Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) beim Kompetenzzentrum für Lohn- und Sozialdumping Bekämpfung durchführen (nach AVRAG drohen Verwaltungsstrafen bei Verstößen gegen Meldepflichten bei Entsendungen von Arbeitnehmern sowie bei der Dokumentation der Anstellung). Unternehmen, die aktuell derartige "Vorstrafen" aufweisen, sind daher gut beraten, bereits jetzt sog. "selbstreinigende Maßnahmen" ins Auge zu fassen. Dabei werden mit diversen (personellen, organisatorischen etc) Maßnahmen zukünftige Verstöße hintangehalten bzw erschwert und die berufliche Zuverlässigkeit (wieder) hergestellt (und dem Auftraggeber für die Zuverlässigkeitsprüfung auch nachgewiesen). Wird sich der Mehraufwand lohnen? Der Gesetzgeber ist bei dieser Novelle mit dem Ziel angetreten, den Billigstbieter-Preisdruck sowie das Lohn- und Sozialdumping einzuschränken. Das erste Ziel könnte erreicht werden; beim zweiten Ziel ist zumindest Skepsis angebracht. Jedenfalls bedeutet die Novelle einen erheblichen Mehraufwand für Bieter und Auftraggeber bei Angebotserstellung und -prüfung. Es werden – für Zwecke der Qualitätsbewertung – mehr Konzepte (Baustellenablauf, Entsorgungskonzepte etc) zu erstellen sein und mehr Hearings stattfinden. Ein weiterer Nachteil wird darin bestehen, dass Zuschlagsentscheidungen intransparenter (subjektive Qualitätsbewertung) und weniger nachvollziehbar werden.
Von Mag. Manfred Essletzbichler (Leiter der Abteilung) und Mag. Wolfgang Lauchner, Vergaberechtsexperten bei WolfTheiss