Wachstumsmarkt : Brasilien will Solarenergie ausbauen
Die Regulierungsbehörde Aneel genehmigte im April 2012 Kleinerzeugern (bis 1 MW), überschüssigen Strom ins Netz einzuspeisen und gegen spätere Stromlieferungen einzutauschen. Spezialauktionen zum Aufbau von Solarparks, die das Energieministerium ab 2013 erwägt, könnten die Branche dann richtig in Schwung bringen. Bis 2016 könnte der Anteil an der Energiematrix so auf 3 bis 5 % anwachsen. Nachdem die Windkraft durch Spezialauktionen in Brasilien den Durchbruch schaffte, kreisen die Planungen des Energieministeriums um ein ähnliches Modell für die Solarenergie. Bisher beschränkt sich die Solarenergienutzung auf Solarthermie zur Wassererhitzung und Photovoltaikanlagen zur autonomen Stromversorgung in abgelegenen Regionen, meist im Norden und Westen des Landes. Besonders im Rahmen des Programms Strom für alle (Luz para todos) wurden viele netzferne Haushalte mit Solarpanels ausgestattet.
Für eine Erzeugung für das Netz liegen die Kosten momentan noch deutlich zu hoch, beim rund Dreifachen der Windkraft, deren Kosten infolge der regelmäßigen Auktionen, des sicheren Planungshorizonts und der entsprechenden Skaleneffekte bei der Produktion des Equipments stark gefallen sind. Auktionen für die Photovoltaik könnten ab 2013 einen ähnlichen Effekt haben. Einen ersten Anreiz für Mikro- und Kleinproduzenten (bis 1 MW) schuf die Regulierungsbehörde Aneel im April 2012 mit der Möglichkeit, überschüssig produzierten Solarstrom, zum Beispiel in der Mittagszeit, ins Netz einzuspeisen und gegen spätere Stromlieferungen, zum Beispiel abends, einzutauschen. Ein möglicher Erfolg der Solarenergie hängt auch damit zusammen, wie schnell sich Smart Grid-Instrumente und Anwendungen bei Privathaushalten und auf dem Markt durchsetzen. Branchenexperten rechnen damit, dass die Solarenergie noch etwa vier bis fünf Jahre braucht, bis sie landesweit wettbewerbsfähig ist.
Bislang existieren erst acht etwas größere Solaranlagen, meist öffentliche Test- und Forschungsanlagen oder Pilotprojekte privater Gruppen, darunter der Solarpark der Firma EBX von Multimilliardär Eike Batista in Tauá im Bundesstaat Ceará, der im Juli 2011 in Betrieb ging, und rund 5.000 Panels umfasst. In Campinas im Bundesstaat Sao Paulo baut der Stromversorger CPFL die landesweit zweite kommerzielle Solaranlage mit 4.500 Panels und wird 1,6 GWh/Jahr erzeugen. Geplant ist deutlicher Ausbau auf eine Kapazität von 50 MW. Der staatliche Erdölkonzern Petrobras erhielt kürzlich die Genehmigung zum Bau eines Solarparks im Bundesstaat Rio Grande do Norte. Die spanische Sky Solar wartet momentan auf die Umweltlizenz zum Aufbau mehrerer Solarparks mit insgesamt 48 MW. Insgesamt 18 Projekte wurden Ende 2011 durch die Regulierungsbehörde Aneel freigegeben, darunter ein 60 Mio. R$-Projekt des Unternehmens Tractebel sowie eine Solaranlage der Stromversorgers Cesp im Vila Lobos-Park in Sao Paulo.
Einige Zulieferer bringen sich bereits in Position, um für den anstehenden Boom gerüstet zu sein. Umberto Gobbato, Direktor für Automation beim Maschinenbauer Weg, glaubt, dass die Solarenergie in den nächsten Jahren ein mindestens genau so großes Geschäft wird wie die Windkraft. Branchenexperten rechnen mit einem Bedarf an Ausrüstung bis 2020 von rund 25 Mrd. R$. Damit könnte der Anteil der Solarenergie an der Energiematrix von heute 0 % bis 2016 auf 3 bis 5 % anwachsen.
Der brasilianische Metallverarbeiter Tecnometal startete in Campinas bereits seine Produktion von PV-Platten auf Basis importierter Solarzellen und nahm als bisher einziger lokaler Hersteller den Wettbewerb mit den internationalen Branchenfirmen auf. Tecnometal beliefert nach Unternehmensangaben mindestens 5 der insgesamt 18 von der Aneel genehmigten Pilotprojekte. Das Unternehmen forscht gemeinsam mit der renommierten Universität von Campinas (Unicamp) an innovativen Prozessen zur Purifikation von Silizium. Brasilien besitzt eine der weltweit größten Vorkommen von Quarz, einem der wichtigsten Vorprodukte von Silizium, sowie Kupfer und Zink.
Global Player DuPont hält Brasilien für einen der vielversprechendsten Märkte der Welt und rechnet damit, dass die Erzeugungskosten spätestens 2015 wettbewerbsfähig sind. "Wir sehen dass der Markt dabei ist, zu explodieren", sagt Sylvie Gallou, die bei DuPont das Elektronikgeschäft in Lateinamerika leitet. Gemeinsam mit den Universitäten von Sao Paulo (USP) und Rio Grande do Sul (PUC) testet das Unternehmen Solarmodule.
Anschub bekommt die Solarenergie momentan durch die Initiative einiger Industrieunternehmen. Kfz-Hersteller GM wird sein neues Motorenwerk in Joinville in Santa Catarina mit einer Solaranlage versorgen. Zum anderen wirken sich die anstehenden sportlichen Megaevents aus, die zumindest in der Energieversorgung einen grünen Anstrich bekommen sollen. Am 2.7.12 läuft die Ausschreibungsfrist für das Mineirao-Stadion in Belo Horizonte ab, auf dessen Dach eine PV-Anlage installiert werden soll. Das Projekt wird von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) unterstützt und von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mitfinanziert. Solaranlagen sind für mindestens drei weitere Stadien geplant, unter anderem für das Itaquerao-Stadion in Sao Paulo, wo der US-amerikanische Stromkonzessionär AES rund 24 Mio. R$ investieren wird. Das erste solarbetriebene Stadion Lateinamerikas war das Pituaçu-Stadion in Salvador.