Strabag-Gebäude Wien, 11. Stock, Zentrale Technik. In einem Foyer kleben an Wand und Decken ziemlich große QR-Codes. "Virtual Reality", sagt Nedzad Sabanovic, "heißt: wir können uns in einem 3-D-Modell bewegen. Augmented Reality heißt: wir sehen mehr, als die Wirklichkeit uns zeigt., also auch eine modellierte Welt." Sabanovic ist einer der beiden Träger des Augmented-Reality-Projekts (AR) der Strabag, der andere ist der Leiter der BIM.5D-Abteilung in Österreich, Theodor Strohal.
Die QR-Codes dienen derzeit als Trigger, erklärt Strohal und kommt aber schnell zum Grundsätzlichen, wie man überhaupt auf das Thema Augmented Reality gekommen ist: "Wir wollen im Thema BIM die gesamte Wertschöpfungskette abdecken, von der Planung bis zum Facility Management."
Das AR-Projekt kommt aus den Fragestellungen des Facility Managements." Die Frage war: wie kann die FM-Tochter der Strabag, die SPFS (Strabag Property & Facility Management) von BIM profitieren und was kann sie mit den Daten machen? "Wir dachten uns: super, jetzt kommen endlich die Leute, die die Modelldaten dann auch tatsächlich brauchen und weiter verwenden können - über die Angebots- und Ausführungsphase hinaus."
80 Prozent der Gebäudekosten, sagt Strohal, entstünden schließlich im Betrieb und nur 20 in Planung und Entstehung. In der Folge konzentrierten sich Strohal und co. auf das technische Facility Management und fragten weiter, welche Probleme es zu lösen gäbe und wo Optimierungsbedarf herrscht. Die Antwort: es gibt eine ständig sich vergrößernde Anzahl an Projekten und eine immer neue Anzahl an Technikern oder auch Ausfälle bei bestehenden Technikern und damit Einspringbedarf.
Die Pläne liegen an vielen verschiedenen Orten dezentral herum. Wenn Störungsmeldungen kommen, braucht es dann erstens eine gewisse Zeit bis zur Lokalisierung des Problems und vor Ort dann oft die Frage: wo machen wir jetzt die Decke auf?
> Dieser Artikel ist aus SOLID 09/2017 entnommen - weitere nützliche Artikel und Möglichkeiten in unserem Angebot zeigen wir Ihnen HIER <
"Da lag für uns der Gedankensprung zu Augmented Reality auf der Hand. Das TGA-Modell ist ja in BIM schon modelliert, das heißt, wir müssen es nur in ein System hinein spielen, das vom Techniker komfortabel abgerufen werden kann." Komfortabel heißt wiederum: mit dem Handy oder mit dem Tablet. Das Projekt dreht sich somit um die Darstellung des TGA-Modells am mobilen Gerät.
Demonstriert wird uns das Ganze dann von Nedzad Sabanovic. Er verbindet das Telefon mit der Datenbank und liefert der App mit dem QR-Code die entscheidenden Daten für die Lokalisierung. Nur so ist es möglich, den entsprechenden Ausschnitt des TGA-Modells auch in sinnvoller Geschwindigkeit auf das Mobiltelefon zu bringen. In der App könnte man in der Zukunft dann auch Formulare für Beobachtung und Wartung anklicken und nach der beendeten Aktion wieder (meist bei vorhandenem Netzwerk) mit dem Server synchronisieren.
> mehr zum Thema BIM auf www.solidbau.at <
Das digitale Modell wird so auf dem einfachsten Weg im Betrieb nutzbar - auch wenn es natürlich noch einiges zu verbessern gibt, denn etwa lauter an der Wand klebende QR-Codes kann man sich als dauerhafte Trigger nicht so richtig vorstellen. Dabei sind allerdings der Phantasie wenig Grenzen gesetzt, wie wir aus einem kurzen Gedankenaustausch zwischen Strohal und Sabanovic entnehmen.
> Sie wollen mit BIM konkret Geschäft machen? Klicken Sie HIER! <
Über die Idee hinaus ist die Herangehensweise spannend: Bei diesem Forschungsprojekt kommt eine sehr pragmatische Entwicklungsstrategie zur Anwendung, die sich in der Software-Industrie Scrum nennt. Es geht dabei darum, in kurzer Abfolge immer auf höherem Niveau funktionierende Versionen einer Software herzustellen und diese an der Wirklichkeit sofort zu überprüfen und dann erst den nächsten Schritt zu machen - im Gegensatz zu langfristigen Entwicklungen, bei denen man erst am Ende sieht, ob das Ganze überhaupt funktioniert und bei Änderungen aus der Praxis oft viele Schritte zurück muss.
Das AR-Forschungsprojekt der Strabag ist zunächst auf ein Jahr geplant, zeigt aber schon jetzt, knapp über der Hälfte, neue Dimensionen auf - etwa auch beim Bauen im Bestand sollte da sehr viel Interessantes möglich sein. "Mit dieser Datenrealität kann ich enorm weit in die Tiefe gehen, bis hinein in Wartungsprotokolle und zur direkten Verbindung mit Herstellern etc.", sagt Theodor Strohal. Wie weit er selber dabei denkt, kann man aus einem beiläufig hineingestreuten "das geht dann wahrscheinlich wirklich in Richtung Industrie 5.0" ermessen.