Bauschaden-Report : Bauschäden: Dach ohne Bauphysik

Der Hallenbesitzer hat laufend Ärger mit seinem Foliendach. Der 20.000 Quadratmeter großen Fläche fetzt der Sturm immer wieder Teile heraus. Wasser steht am Dach. Pilze können jederzeit eine neue gute Heimat finden. Dabei ist die Theorie zum Bau eines Daches simpel: Die Tragschale wird aus Trapezblech gefertigt, darauf kommt die Dampfbremse, dann die Dämmung und zuletzt wird abgedichtet mit der PVC-Folie.

So ist eine Warmdachkonstruktion perfekt. Da bei einem Warmdach im Gegensatz zu einem Umkehrdach kein teures Extrudiertes Polystyrol – XPS – verwendet werden muss, ist es in der Regel wirtschaftlicher aber auch weniger baufehlerverzeihender. Soweit die Theorie.

200.000 Euro eingespart

In der Praxis sieht das Flachdach des Unternehmers traurig aus. Es zeigt alle Systemprobleme beim Warmdach. Die Trapezblechschale ist nicht luftdicht ausgeführt, es muss darüber eine Dampfbremse verlegt und verklebt werden. Die billige PE-Folie ist auf dem Trapezblech fehlerhaft verklebt. Die zusätzliche Plattenlage, die rund 200.000 Euro gekostet hätte, wurde eingespart. Die Dämmplatten sind weder mit Stufenfalz noch zweilagig verlegt. Zehn Zentimeter Dämmstofffugen - und damit Wärmebrücken und Kondensatfallen - lassen sich mittels Wärmebildkamera und Ertasten feststellen.

Statt einer Schotter-Auflast ist der Dachaufbau mit Tellerschrauben und Befestigungsschienen am Trapezblech befestigt. Was in Ordnung ist. Doch die Ausführung ist derart fehlerhaft, dass bereits zwei Stürme ihr Unwesen erfolgreich trieben. Bei Sturm passiert das: Der Wind drückt über die Seitenwände unter den Dachaufbau. Die Kombination von Windsog und Überdruck schleudert ganze Dachteile heraus.

Erste Rettungsversuche

Der Eigentümer beauftragt zuerst die Firma mit der Behebung der Sturmschäden. Er wird mißtrauisch. Schlussendlich wird gemeinsam mit dem Generalunternehmer und dem Schwarzdecker das Dach geöffnet. Dieser nimmt sinnvollerweise einen Gegengutachter mit. Wodurch eine sachliche Auseinandersetzung möglich ist.

Die Meinungen klaffen auseinander. Mängel an der Luftdichtheitsebene und an der Dampfbremse erkennt der Sachverständige für Schwarzdeckerarbeiten nicht an. Obwohl bereits der mikrobielle Befall an den Lichtkuppelkränzen aus Holz feststellbar ist. Die Dampfbremse ist einfach nicht vorhanden. Die feucht-warme Luft aus der Halle strömt über Leckagen in die Warmdachkonstruktion und unterkühlt. Kondensat fällt aus – es wird feucht. Ein Schaden von mehreren hunderttausend Euro könnte in den nächsten Jahren drohen.

Letztendlich geht der Eigentümer einen Kompromiss ein. Die Mängel zur Sturmsicherung und der Dämmlage werden behoben. Um einen Produktionsstopp unter dem Hallendach zu vermeiden, geht er eine Garantieerklärung ein. In fünf Jahren soll der Unternehmer mehrere Stellen zur Kontrolel öffnen. Bleibt nur abzuwarten, ob der Generalunternehmer dann noch existiert.

Autor Günther Nussbaum-Sekora ist EU-zertifizierter Bau-Sachverständiger, Spengler und Dachdeckermeister, Gebäudethermograf und Luftdichtheitsprüfer. www.Bauherrenhilfe.org