SOLID 07+08/2019 : Baureport: Fünf Wochen unter Hochdruck am Flughafen Salzburg
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Großprojekte am Bau gibt es in Österreich viele. Dass ein echtes Großprojekt exakt fünf Wochen Bauzeit bekommt, ist selten. Und noch viel seltener ist es, wenn ein Vorhaben praktisch auf die Minute genau fertig wird. All das war bei der Sanierung der Start- und Landepiste am Salzburger Flughafen der Fall – doch damit ist es noch nicht genug der Besonderheiten bei diesem Projekt. Dazu kommt die schiere Masse, die für die Sanierung dieser knapp drei Kilometer langen und 45 Meter breiten Betonpiste bewegt werden musste. Zur Veranschaulichung: Die zu verbauenden vier Schichten an neuem Asphalt entsprechen 70 Fußballfeldern oder einer 50 Kilometer langen und zehn Meter breiten normalen Straße.
Und dann war da gerade heuer im Mai schließlich noch das Wetter. Dir. Prok. Ing. Peter Mall, technischer Niederlassungsleiter Tiefbau Salzburg von der Porr, erinnert sich: "Wir mussten den Belag in nur 19 Tagen in vier Lagen fertigstellen – und das unter der Prämisse, dass in der vorgegebenen Bauzeit keine Schlechtwettertag dabei ist. Das war im Nachhinein eine mehr als mutige Annahme, wenn man bedenkt, dass dieser Monat der niederschlagreichste Mai seit 35 Jahren war." Auch Helmut Atzlinger, Geschäftsführer der ausführenden Arge Strabag / Porr, meint dazu: "Unter den Kollegen galt immer der Spruch ,Bei Schönwetter kann‘s jeder – wir können´s bei jedem Wetter.' Aber die Mannschaften haben wirklich bis an die Belastungsgrenzen gearbeitet."
Planungen für Totalsperre und Asphalt
Die Ausgangslage: Die Instandhaltung der 1959 errichteten Landepiste, also das "Herz" jedes Flughafens, wurde mit den Jahren immer teurer. Die Salzburger entschieden sich für eine Generalsanierung , führten vorab Berechnungen durch und schauten sich vergleichbare Projekte im Ausland an. Die Wahl fiel auf eine Totalsperre, weil dabei die Baukosten geringer waren und die Qualität höher zu werden versprach als bei einer schrittweisen Sanierung während des laufenden Flugverkehrs. Also starteten 2015 umfangreiche Planungen. Das Ziel: Die Totalsperre so kurz wie möglich zu halten. Damit zusammen hängt auch die Wahl des Baustoffs Asphalt statt Beton, wie Peter Mall erklärt: "Die terminliche Planung war eine zentrale Einflussgröße. Es war wichtig, dass die Vollsperre nur für eine unbedingt notwendige Dauer angesetzt wird – und genau diese hätte für eine Betondecke nicht ausgereicht. Die Dauer der Aushärtezeit des Baumaterials war in diesem Fall ein entscheidender Faktor." Außerdem habe man sich so 4.000 Lkw-Fuhren Abtransport erspart.
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Riesige Mannschaft von Zulieferern
Gewonnen hat das Projekt eine Arge aus Strabag und Porr. Den Partnern der Arge und dem Technikerteam des Flughafens mit dem stellvertretenden Flughafendirektor Rudolf Lipold und den Projektleitern Ing. Florian Höll, Ing. Stefan Höllbacher und Ing. Martin Hemetsberger stand eine riesige Mannschaft aus Zulieferern zur Seite. Dazu meint Arge-Chef Helmut Atzlinger: "Wir hatten ja doch in Summe rund 30 ausführende Firmen (Bohren, Markierung, Hochdruckreinigung, Humusierung, Vermessung, Bitumenemulsionsvorspritzer, etc.), zehn Zulieferfirmen (Mischguthersteller, Kabel, Schächte, Sand, Schotter, Beton, Verrohrungen, Baustoffe, etc.) und die Firma SSK, die mit rund 30 zusätzlichen Transportlogistikern aus Österreich und Deutschland Verträge hatte, um diese Baustelle mit Material zu versorgen. Da stand schon eine gewaltige Logistik und Planung dahinter, damit dann an jedem Tag alles gepasst und funktioniert hat."
Gewaltige Logistik
Die Logistik war tatsächlich gewaltig: An Spitzentagen arbeiteten auf der Baustelle rund 250 Bauarbeiter aus unterschiedlichen Regionen Österreichs und auch Deutschlands mit rund 300 Fahrzeugen und Geräten, davon 25 Großgeräte. "Es waren fünf Asphaltmischanlagen, zwei Ersatzanlagen, zehn Asphaltfertiger und bis zu 30 Walzen gleichzeitig im Einsatz", sagt Peter Mall. Und im Versorgungszelt gingen jeden Tag rund 170 Essensrationen über den Tresen. Die Logistik dieser Baustelle hat nicht nur Anwohner in Atem gehalten, sondern die gesamte Region: Fünf Mischwerke aus der Umgebung produzierten in vollen Touren und lieferten den neuen Asphalt für die Landebahn. Damit war die gesamte Produktion in der Region Salzburg ausgelastet – deshalb mussten sogar andere Straßenbaustellen warten, wie beispielsweise die Sanierung der Tauernautobahn in Richtung Walserberg.
Bautechnik: Betondecke wird "entspannt"
Was die Bautechnik angeht, so blieben die Dimensionen der alten Piste genau so wie sie waren, aber die alte Betondecke wurde "entspannt". Was das bedeutet, erklärt Peter Mall: "Bei diesem Verfahren wurde die gesamte unten liegende Betonpiste mittels Fallbeil mit Rissen versehen, um künftig eine unerwünschte Plattenverformung zu verhindern". Danach wurde die Betondecke auf der gesamten Länge "vorgespritzt", also mit einer neuen Bitumenemulsion versehen, die sozusagen wie ein Kleber zwischen dem alten Beton und der neuen Asphaltschicht dient. Gleichzeitig fanden Arbeiten an der Stabilisierung der Pisten- und Rollwegschultern sowie die Verlegung neuer Verrohrungen für die Beleuchtung statt. Danach schließlich wurde die alte mit der neuen Piste "verheiratet" – die eigentliche Asphaltierung begann. Und weil es sich um eine Landebahn und nicht um eine Straße handelt, wurde auch ein besonderer Asphalt verbaut: Ein Splittmastixasphalt, der mit zusätzlichem Kalkhydrat und speziellen Sonderbitumen langlebiger ist und der Sonne besser standhält als etwa Autobahnasphalt.
Die drei größten Probleme: "Wetter, Wetter, Wetter!"
Und hier kommt die wahrscheinlich größte Schwierigkeit ins Spiel, mit der die Baumannschaften bei diesem Großprojekt zu kämpfen hatten: Das Wetter. Beim Einbau ist der Asphalt, der sich mit den unteren Schichten verbinden soll, 170 Grad heiß, und das Vorspritzmittel kann nur bei Trockenheit aufgebracht werden. Doch heuer im Mai hat es an mehreren Tagen in Salzburg in Strömen durchgeregnet – und teilweise lag tatsächlich Schnee auf der Landebahn. Wenn der Regen mitten im Asphaltieren kam, versuchte die Baumannschaft, durch Absaugen der Oberflächenwasser wenigstens die oberste Schicht trocken zu halten, musste aber trotzdem einige erzwungene Pausen hinnehmen. Zur "Halbzeit" der Bauphase beschrieb Arge-Chef Helmut Atzlinger die Situation deshalb so: "Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir definitiv drei große Herausforderungen: Wetter, Wetter, Wetter!" Den Bauleuten blieb daher nur ein Ausweg: Noch härter anzupacken, wenn es einmal keinen Regen gab.
Am Ende ging es sich tatsächlich trotzdem aus: Am 28. Mai um 21:00 Uhr konnte das erste, aus Stuttgart kommende Flugzeug in Salzburg landen und wurde gemäß der Fliegertradition mit einem "Wasserbogen" der Flughafenfeuerwehr empfangen. Im Rückblick sagt Helmut Atzlinger: "Wenn ich noch einen Wunsch ans Christkind erfüllt bekommen hätte, wäre es ganz klar eine längere Bauzeit gewesen. Der Druck war halt enorm. Aber die Stimmung unter allen Beteiligten war sehr gut, und wir haben das alles gemeinsam geschafft."
Gute Praxis: Mit dieser neuen Reihe stellt SOLID eine bautechnisch besonders interessante Baustelle in den Mittelpunkt. Möchten Sie eine Baustelle vorschlagen? Schreiben Sie uns! thomas.poell@solidbau.at
Bauprojekt
Bauprojekt: Generalsanierung Start- und Landebahn
Auftraggeber: Flughafen Salzburg
Auftragsvolumen: Rund 42 Millionen Euro inklusive Planung, Bau und Ausfallkosten Flugbetrieb
Auftragnehmer: Arge Strabag / Porr
Transportlogistik: Firma SSK (Salzburger Sand und Kies) mit rund 30 Transportlogistikern
Zulieferung: Rund 30 ausführende Firmen, rund 10 Zulieferfirmen
Anlagen Mischgut: Firma Astra Bergheim, Firma Salzburger Lieferasphalt (SLA), Firma Pongauer Asphaltmischwerk (PAM), Firma Porr Radstadt und Firma A&B Saalfelden (Strabag). Reserveanlagen: Weißbach bei Lofer und Viecht/OÖ.
Bauzeit: 24. April 2019 bis 29. Mai 2019
Bautechnische Eckdaten
Betonpiste 2.850 m lang, 45 m breit, 25 cm dick
Knapp 120.000 Tonnen Asphalt verbaut
Mehr als 100 Lkw für Mischgutlieferungen im Dauereinsatz
In Spitzenzeiten alle 3 Minuten ein neuer Lkw auf der Baustelle
Bis zu 10 Asphaltfertiger und 30 Asphaltwalzen parallel im Einsatz
Höchste Tagesleistung 10.098 Tonnen Asphalt
140 km Hochspannungskabel, 45 km Niederspannungskabel und 16 km Elektroverrohrung
Rund 1.100 Unter- und Oberflurfeuer für LED-Beleuchtung