SOLID 04 / 2014 : Baumaschinen - Brecher am Bau
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Brecher zerbeißen Stein, Schutt oder Asphalt. Sie können es aber auch stilvoller. Anfang Februar zerbröselte eine Maschine aus Ennsdorf mediengerecht exakt 698 Elefantenstoßzähne unmittelbar vor der Kulisse des Pariser Eiffelturms. Der weltweit erste Parallel-Hybrid-Prallbrecher R1100DE von Kormann Rockster war ausersehen worden, drei Tonnen Elfenbein an einem der bekanntesten Orte der Welt öffentlich zu schreddern. Die Stoßzähne sind zusammen mit 15.000 anderen Schmuckstücken und Figuren im Laufe von zwei Jahren vom französischen Zoll beschlagnahmt worden. Der Brecher leistete ganze Arbeit. In wenigen Minuten war das Elfenbein mit einem Schwarzmarktwert von sieben Millionen Euro zu sandfarbenem Pulver verarbeitet.
Für den oberösterreichischen Hersteller Rockster war die Aktion marketingmäßig ein Hole in one: Frankreichs größter Baukonzern Eurovia/Vinci wurde vom französischen Umweltministerium um die Bereitstellung einer mobilen Brecheranlage gebeten und lieferte seine nagelneue Vorzeigemaschine. Und die war von Rockster. Verkaufsleiter Norbert Feichtinger bemüht sich um Zurückhaltung: „Das war für unsere Maschine sicher eine der leichteren Aufgaben.“ Der große, raupenmobile Prallbrecher R1100 ist vor allem für Anwendungen im harten Naturgestein gedacht. Teurer RohstoffBaustoffrecycling ist zu einem normalen Teil des Baugeschäfts geworden. Einst nur auf Großbaustellen mit großen Mengen wiederverwertbaren Materials zu finden, zählen Anlagen für mobiles Recycling und Gesteinsaufbereitung heute zum Bild jeder mittelgroßen Baustelle. Die Gründe dafür sind einfach: Die Kosten von Deponie und Transport stehen denjenigen für Wiederaufbereitung kaum mehr nach. Und recyclierter Beton und Asphalt sind heute als wiederverwertbare Materialien in der ganzen Branche gesucht. Die hohen Rohstoffpreise zur Asphalt- und Betonproduktion lassen Recyclingmaschinen bei immer kleineren Losgrößen rentabel werden. Geschredderter Bauschutt aus Ziegel und Verputz ist willkommene Füll- und Schüttmasse bei anderen Baustellen. Der Bauherr ist vorher freilich nicht von der Pflicht zu entbinden, die Abrißmasse vorschriftsgemäß zu trennen. Wie im gesamten Recyclinggeschäft gilt auch am Bau: Je sortenreiner die Materialien, umso wertvoller ihre Wiederverwertung.Der Trend zum KompaktenFrüher konnten Brecher nicht massig genug sein. Die bis zu 50 Tonnen schweren Maschinen waren in der Regel bei großen Baustellen aufgestellt und mussten – nach getaner Arbeit – mühsam in alle Einzelteile zerlegt werden, um von Einsatzort zu Einsatzort gebracht zu werden. Technik und steigende Verkaufspreise für rezyklierte Stoffe haben vor 15 Jahren begonnen, den Trend zu ändern: Die robusten, aber großen Backenbrecher wurden zunehmend von den kleineren und immer zuverlässiger werdenden Prallbrechern abgelöst. Dies erlaubte kompaktere Konstruktionen mit einem Gesamtgewicht von 23 bis 25 t. Die Gewichtsgrenze ist von enormer Bedeutung, um die erlaubte Gesamttonnage eines Tiefladers mit LKW von 40 Tonnen nicht zu überschreiten. Wird die Gewichtsklasse gehalten, ist der Transport ohne Bewilligung, Begleitfahrzeuge und sonstiges Trara möglich. Zudem sorgen die Hersteller immer häufiger dafür, dass der Maschinentransport nur mehr mit minimalen oder ganz ohne Umbauten möglich ist. Manche Modelle gehen so weit, dass sie sogar mit angehängter Siebanlage mobil bleiben. Siebanlagen zählen zur Zusatzausrüstung von Brechern und sorgen für die richtige Körnung. Dies ist vor allem bei der Asphaltaufbereitung von Bedeutung (0,16er-Körnung). Was nicht durch das Siebband fällt, geht noch einmal den Gang der Zerstörung – so lange, bis die richtige Größe erreicht ist.Um die richtige Masse des Brechgutes zu erreichen, werden vor allem bei der Zerkleinerung von Natursteinen Maschinen unterschiedlicher Zerkleinerungskraft und Technik kombiniert. Ein starker Balkenbrecher sorgt in Zusammenarbeit mit einem feineren Prallbrecher für kieselsteingroßes Schüttgut aus Naturstein. Neueste Entwicklungen erlauben sogar die Kombination der beiden Brechertechnologien.Die Anlagen werden je nach Bedarf vom starken Backenbrecher zum schnelleren Prallbrecher umgerüstet und umgekehrt. Das Bauunternehmen ist mit diesen Duplex- oder Hybridmaschinen für jeden Bedarf einsatzbereit.Spezielle BaustellenEinst lohnte für Bauunternehmer die Anschaffung eines Brechers ab einer Baumasse von 30.000 t. Heute sinkt die Rentabilitätsgrenze auf bis zu 10.000 Jahrestonnen. Für Laien: Bei der Abtragung eines Einfamilienhauses fallen zwischen 1000 und 1.500 t Baumasse an. Mit 200 bis 300 Betriebsstunden ist eine kompakte Prallbrecheranlage zum Anschaffungspreis von 220.000–250.000 Euro betriebswirtschaftlich sinnvoll. Wer weniger zu verarbeiten hat, ist mit einer gemieteten Anlage besser bedient.Ein wesentliches Entscheidungskriterium bei der Anschaffung eines Brechers ist die Lage der Baustelle: Urbane Abrissprojekte haben stets Probleme mit der An- und Abfahrt der LKWs und Baumaschinen.Der Abtransport von ungeschreddertem Baumaterial führt dabei zu einem immensen Verkehrsaufkommen. Und Bau-LKW haben in schmalen Gassen nur beschränkte Bewegungsmöglichkeiten. Mobile Brecher sind dabei oft die einzige Chance, den Schutt in verarbeitbare Größen zu verarbeiten.Harald Windner, Sales Manager beim Linzer Marktführer Rubblemaster, erinnert sich mit Schaudern an einen Einsatz am Ground Zero in Manhattan – nicht nur, aber auch wegen der Logistik: „Die Zufahrt allein war ein Horror. Und auf der Baustelle ging es zu wie in einem Bienenschwarm.“ Der RM 70 aus Linz, so etwas wie der VW Golf unter den mobilen Brecheranlagen, kam in dem Gewühl aber ausgezeichnet zurecht. „In den US-amerikanischen Städten spüren wir die Nachfrage immer stärker“, so Windner. Die großen Entfernungen bei der Schuttentsorgung machen die Aufbereitung vor Ort auch unter US-Baumanagern interessant, die Recycling sonst nicht einmal buchstabieren.Die Dimension einer Brecheranlage bestimmt sich auch durch den Maschinenpark, den ein Bauunternehmen an einem Standort konzentriert. Denn ein Brecher will gefüttert werden. Dazu braucht es Bagger und LKWs für den Abtransport. Großbrecher mit einer Durchsatzleistung je nach Material von mehr als 300 Tonnen pro Stunde (!) müssen ausreichend beliefert werden. Dazu braucht es entsprechende Infrastruktur. Kleine Brecherklassen verfügen über eine Durchsatzleistung von bis zu 80 t/h, mittlere Kompaktanlagen brechen 120–150 t/h. Brecher-Cluster OberösterreichÖsterreich ist ein Land der Brecher. Obwohl eigentlich eine Nischensparte unter den Maschinenbauern mit einem begrenzten Absatzvolumen, sind allein in Oberösterreich auf wenigen Kilometern gleich vier Mitbewerber konzentriert. Rubblemaster ist in Linz zu Hause, der kleinere Mitbewerber DSB Innocrush sitzt praktisch in der Nachbarschaft in der Petzoldstraße. Elfenbeinzermalmer Rockster hat seinen Firmensitz im nahen Ennsdorf. Atlas Copco Powercrusher, bis 2010 besser unter Hartl Crusher bekannt und so etwas wie die Mutter der heimischen Brecherspezialisten, hat das Maschinenbauwerk in St. Valentin hochgezogen. Bleiben noch die geografischen Exoten der SBM Mineral Processing im obersteirischen Liezen (ehemals Maschinenfabrik Liezen) und Frick Maschinenbau im Vorarlberger Koblach und der Brecher-Cluster Österreich ist komplett. Kein Wunder, dass sich bei einem Inlandsmarkt von 20 bis 30 Brecheranlagen pro Jahr sämtliche Anbieter auf den Weltmarkt konzentrieren. In Paris und New York sind die ersten Marksteine gesetzt.
SOLID 04 / 2014