Coronavirus : „Bauen ist eine dankbare Branche“
SOLID: Wie geht es Ihrem Unternehmen in dieser herausfordernden Zeit?
Stefan Graf: Soweit ganz gut, obwohl wir uns in der Tat in einer der herausforderndsten Zeiten befinden, denen wir in unserer jüngeren Generation jemals begegnet sind. Hier kommen nämlich zwei Faktoren zusammen, zum einen die Sorge um die eigenen Familien und sich selbst und zum anderen die Angst um die eigenen Arbeitsplätze.
Wir müssen uns in diesen besonderen Zeiten neu orientieren, es müssen neue Ziele gesteckt werden und neue Gleichgewichte in den Interessenslagen in kürzester Zeit gefunden werden, vor allem das Gleichgewicht zwischen der Gesundheit und dem Schutz der Mitarbeiter sowie der Aufrechterhaltung bzw. Weiterführung des Baustellenbetriebes. Die Berücksichtigung beider Aspekte ist auch die klare Anforderung an die Regierung und hier gilt es einen goldenen Mittelweg zu finden.
SOLID: Nach der Einigung der Sozialpartner über die erforderlichen bauspezifischen Schutzmaßnahmen im Rahmen von COVID-19 kann die Bautätigkeit wieder aufgenommen werden? Wie geht es bei Ihnen genau weiter?
Graf: Ich bin sehr froh darüber, dass es zu dieser sehr guten Lösung der Sozialpartner und der entsprechenden Verordnung der Regierung gekommen ist, denn ein totaler Stillstand wäre fatal gewesen. Wir haben uns in diesem Sinne auch bereits von Anfang an so organisiert, sodass wir innerhalb der schwierigen Randbedingungen unseren Baustellenbetrieb sukzessive wieder aufnehmen können. Die Prüfung bei den einzelnen Baustellen ist bereits erfolgt und wir werden nun die entsprechenden Voraussetzungen schaffen, um einen überwiegenden Teil des Baustellenbetriebes wieder aufnehmen zu können.
SOLID: Auch Leyrer + Graf hat Kurzarbeit angemeldet. Wie sieht es damit aus, wenn die Bauproduktion wieder durchstarten kann?
Graf: Ich gehe nicht davon aus, dass der komplette Baustellenbetrieb in den nächsten Wochen wieder hochgefahren werden kann, denn der Schutz unserer Mitarbeiter hat höchste Priorität. Aufgrund der aktuellen Bedingungen in Hinblick auf die eingeschränkten Lieferketten und den Schutzmaßnahmen wird es zu einer Reduktion der Aufgaben und Arbeitsleistung kommen. Und man muss bedenken: es ist noch nicht abschätzbar, wie sich die Pandemie weiterentwickelt.
SOLID: Welche Auswirkungen wird die Corona-Krise Ihrer Einschätzung nach auf die Bauwirtschaft haben?
Graf: Die Krise wird deutliche Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft und unsere Gesellschaft haben. Sie hat uns gezeigt, wie rasch alles in Wanken kommt und wie stark man plötzlich gefordert ist.
Die Baubranche ist in dieser Hinsicht allerdings eine dankbare Branche, denn gebaut wird immer werden und speziell nach Zeiten von Krisen wurde immer schon viel in Infrastruktur investiert und das kommt uns natürlich zugute.
SOLID: Welche Lehren, sofern man davon sprechen kann, ziehen Sie aus der Krise?
Graf: Ich bin unglaublich stolz auf mein Team und die Strukturen, die wir intern geschaffen haben. Wir haben im Haus schon vor Jahren die entsprechende Infrastruktur geschaffen, um die Telearbeit mit Videokonferenzen optimal zu meistern. Proaktivität und Mut zahlen sich aus. Potenzielle Schwächen treten durch die Krise ebenfalls zu Tage, deren Verbesserung kann allerdings aktiv in Angriff genommen werden. Insofern kommt es auch zu einer gewissen Bereinigung.
Wenn wir es richtig anstellen, können wir auch als gesamte Gesellschaft aus der Krise gestärkt hervorgehen, weil der Mensch an Krisen immer noch gewachsen ist.