SOLID 10 / 2014 : Baubericht Citygate: Die Welt ist ein Dorf

Um 6:00 Uhr früh beginnt die Großbaustelle in Wien Floridsdorf zu leben. Durch enge Straßen zu den Gebäuden sind die Zufahrten für den Generalunternehmer Voitl Bau und die ausführenden Firmen komplizierter als normalerweise üblich. Denn es gibt nur drei Zutrittsstellen, durch die Material und Werkzeuge von den Bauarbeitern auf das 33.000 Quadratmeter große Areal transportiert werden.Die vertikale DorfstraßeBlickfang Nummer eins ist natürlich der Citygate Tower. Mit 34 Obergeschossen ist er das höchste Bauwerk von Citygate Wien. Und er hat eine vertikale Dorfstraße. Das soll nach den Worten der Erfinder des Begriffs heißen, dass er ein besonders kommunikatives und lebenswertes Wohnhochhaus ist. Was sonst auf einer (horizontalen) Dorfstraße stattfindet, also Kommunikationsräume wie Kinderspielräume, Gemeinschaftsräume, Waschküchen und anderes, ist hier um 90 Grad gedreht und aufgestellt – eben vertikal.Solange die Baustelle in Betrieb ist, fahren zwei Baulifte nebeneinander an der östlichen Außenseite des Citygate Towers. Bei Windstärke 8, das entspricht einer Windgeschwindigkeit von 72 Kilometern pro Stunde, muss die Aufzugsanlage außer Betrieb genommen werden. Das geschieht mindestens einmal pro Monat.Der Wind ist an diesem sonnigen Besichtigungstag nicht spürbar im letzten Stockwerk auf der Terrasse des Citygate Towers. Der Blick rundherum erstreckt sich über den Stephansdom bis zu den Wienerwald-Hügeln, an der Donau bleibt der Blick hängen. „Die Penthäuser in den Obergeschossen waren als Erste weg“, erzählt Andreas Piffl, der Geschäftsführer der Citygate Shopping GmbH. Es ist ein sehr gut bezahlter Blick über Wien von den freifinanzierten Wohnungen aus.3.200 Menschen werden am Ende insgesamt in den sieben Gebäuden wohnen, ausgehend von ca. zwei Personen pro Wohneinheit. Zum Vergleich: Die Stadt Eferding hat mit 3.920 Einwohnern nur knapp mehr Einwohner. Der geförderte Wohnbauteil des Citygate ist in Niedrigenergiebauweise ausgeführt. Er wurde mit einer stärkeren Wärmedämmung und 3-Scheiben-Verglasungen der Alu- Fenster versehen. Im Besonderen sind auch die begrünten Dächer der niedrigen Bauteile, das Gartendeck und der öffentlich zugängliche Park zu nennen. Die Photovoltaikanlage, die den Stromverbrauch der allgemeinen Bereiche im geförderten Teil unterstützt, ist als klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit zu sehen.„Die Dimension hat uns selbst überrascht“Andreas Piffl erzählt von der „gewissen Größe des Projektes, die interessant ist. Mit Spannung ist in den letzten sechs Jahren heftig daran gearbeitet worden. Citygate ist unser Baby, es freut uns, wenn man den Baufortschritt sieht und wenn Highlights wie die Kräne aufgestellt werden.“Und weiter: „Dann fällt auf: Das Haus wird doppelt so hoch wie der Kran. Wir haben uns nicht vorstellenkönnen, wie hoch die Häuser wirklich werden. Und dann stehen sie in voller Pracht da. Interessant an dem großen Projekt ist, dass man immer nur mit kleinen Plänen arbeitet und die Dimension des Projektes erst erfasst, wenn das ganze Gebäude steht. Das ist bei der Mall, dem Shopping Center wie bei den Türmen gleich.“Und Rainer Deichstetter, der CEO der Stumpf Development GmbH, erklärt: „Eine Besonderheit des Hochhausbaus ist die Baustellenlogistik. Mit beiden Bauaufzügen muss jedes Stockwerk mit den Mitarbeitern und Material ver- und entsorgt werden. Und das logistisch über jeden Tag zu planen ist eine große Aufgabe. Die zweite technisch große Aufgabe in den Hochhäusern ist weniger die Bautechnik als die Haustechnikund der Brandschutz.“Apropos BrandschutzDas erste Mal in Österreich – eine Sprinkleranlage in jeder Wohnung. Bei den beiden Wohnhochhäusern gibt es sowohl eine Brandmeldeanlage als auch eine Sprinkleranlage in den Wohnungen. Das sind die ersten Objekte in Österreich, die auch in der Wohnung eine Sprinkleranlage haben. Diese ist direkt vor der Terrassentür jeder Wohnung angebracht und reduziert im Ernstfall den Brandüberschlag in den einzelnen Etagen.Die Mühen der Umwidmung„Die meiste Arbeit war aber eigentlich, das Projekt überhaupt ins Laufen zu bringen“, so Andreas Piffl. Rainer Deichstetter führt fort: "Es hat eine Widmung aus dem Jahr 2000 gegeben, die hier ein Bürohochhaus vorgesehen hat, deutlich weniger Wohnungen und auch ein Einkaufszentrum und den öffentlichen Park, der jetzt auch entlang der U-Bahn entstehen wird. Also alles Vorgaben, die so für uns nicht realisierbar waren. Wir haben das schon gewusst, als das Grundstück gekauft wurde, dass wir einen Umwidmungsprozess in Gang setzenmüssen, und dieser Umwidmungsprozess ist nur über einen Architektenwettbewerb gegangen. Dabei war die Stadt Wien sehr stark in der Jury vertreten, und wir haben Architekten eingeladen. Bei diesem Wettbewerb haben die Büros Querkraft und Schleifinger gewonnen.Dieser Widmungsprozess mit allem, was dazugehört, und der Zusammenarbeit mit der Stadt war die erste große Aufgabe. Die zweite große Aufgabe war dann, die Widmung mit den Architekten planlich so umzusetzen, wie wir sie heute sehen. Die dritte Aufgabe ist dann das Bauen, vor allem in logistischer Hinsicht, wenn man sich das Umfeld anschaut, dann sieht man, dass bei anderen Großbaustellen normalerweise sehr viel mehr an Umfeld da ist. Es gibt nur sehr schmale Baustellenbereiche, wo man die Baustelleneinrichtungen situieren kann, und der ganze LKW-Verkehr für die Anlieferung der Materialien ist auch ein schwieriges Problem, das sehr gut gelöst wurde. Wir haben auch ein eigenes Sicherheitssystem auf der Baustelle, wo jeder Mitarbeiter, der hier arbeitet, eine eigene Weste mit dem Aufdruck Citygate bekommt, aber nur dann, wenn er sich persönlich mit Ausweis hier anmeldet.Jeder erhält mit dieser Weste eine Zutrittskarte, mit dieser müssen sie sich jeden Tag ausweisen. Jeden Tag, wenn sie kommen, und am Abend, wenn sie wieder gehen. Das hat zwei Gründe. Der eine ist ein steuerlicher und sicherheitstechnisch notwendiger Grund, damit keine Schwarzarbeiter auf der Baustelle sind, der zweite: Es kann Diebstählen vorgebeugt werden. Dieses Controlling funktioniert über drei Zutrittsstellen, über die die derzeit 700 Mitarbeiter auf die Baustelle kommen. "Es beginnt mit dem Einkaufszentrum Das gesamte Erdgeschoß des Citygate ist ein Shopping Center. Dessen Eröffnung ist für den 26. Februar 2015 geplant. 20.000 Quadratmeter Shoppingfläche für 54 Shops sind bereits vermietet, der Supermarkt ist schon übergeben. Alles ist durch natürliches Licht aus den Lichtkuppeln beleuchtet. Bekannte Namen wie Interspar, dm Drogeriemarkt, Palmers, T-Mobile, TUI Reisecenter oder Erste Bank werden von in Österreich neuen Namen wie der Varner Gruppe, dem größten Textil- Retailer Norwegens mit rund 11.000 Mitarbeitern und rund 1.400 Shops in ganz Europa, erweitert. Die Baufertigstellung des Gesamtprojektes ist für Mitte 2015 vorgesehen.(SOLID 10 / 2014)________________ECKDATEN CITYGATEEntwickler: Stumpf Development GmbHBauträger-Partner: Citygate Besitz GmbH; Citygate Living GmbH; Citygate Shopping GmbH; Citygate skyliving Eigentumswohnungserrichtungs GmbH; Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft MIGRA Gesellschaft m.b.H.; Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft „Neues Leben“ reg. Genossenschaft mit beschränkter Haftung; Wohnbauvereinigung für Privatangestellte Gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung; „Österreichisches Siedlungswerk“ Gemeinnützige Wohnungsaktiengesellschaft; Gemeinnützige Bauvereinigung „Wohnungseigentum“ Gesellschaft mit beschränkter Haftung; immo 360 grad GmbH; 6B47 City Gate Wien GmbH & Co KG; EBG Gemeinnützige Ein- und Mehrfamilienhäuser Baugenossenschaft reg. Gen. m.b.H.; Bauhilfe Gemeinnützige Ges.m.b.H.

Architekten: Frank+Partner Ziviltechniker GmbH; querkraft architekten zt gmbh; Schleifinger+Partner ZTG

Baustart: 9. Jänner 2013

Grundsteinlegung: 19. September 2013

Fertigstellung: Mitte 2015 geplant

Eröffnung Einkaufszentrum Citygate

Shopping: 26. Februar 2015

Projektvolumen/Gesamtinvestition: rund 250 Millionen Euro

Gesamtfläche: 135.000 m2

Generalunternehmer: Voitl & Co. Baugesellschaft m.b.H., Wien; eine 100-Prozent-Tochtergesellschaft der Stumpf Engineering GmbH

Wohnungsanzahl gesamt: 1.164 Miet- und Eigentumswohnungen

Wohnungsanzahl freifinanziert: 832 Stück

Wohnungsanzahl gefördert: 332 Stück

Kindergarten: 1 Stück

Tower A1: 34 Geschosse

Tower C1: 27 Geschosse

Einkaufszentrum: 20.000 m2

Gardendeck: 14.000 m2

Öffentlicher Park: 2.700 m2

Beschäftigte auf der Baustelle: 650 Personen

Verbaute Betonmenge: 198.000 Tonnen

(SOLID 10 / 2014)