Interview : „Architektur ist weiterentwickelte Natur“
Als ganzheitliche und nachhaltige Architektur bezeichnet Oldrich Hozman seine Häuser. Der tschechische Architekt hat derzeit eine Ausstellung im vierten Wiener Gemeindebezirk, bei der Fotos und Modelle seiner Werke gezeigt werden. Einen Molkereibetrieb hat er in U-Form angelegt, damit jeder Teil des Gebäudes möglichst viel Sonnenlicht bekommt.
Manche Details könnte man übersehen, würde Hozman beim Rundgang durch die Ausstellung nicht darauf hinweisen. Wie der Eingang eines Waldorf-Kindergartens in Bratislava, den er entworfen und gebaut hat. Der Eingang sei besonders wichtig, die Kinder müssten ihn von der Straße gut sehen können, damit sie wissen, wohin sie gehen.
Organische Architektur sei etwas fließendes, das die Dinge miteinander verbindet. Ein besonderes Merkmal setzt er vor dem Bau auf den Standort. Viele verschiedenen Ebenen müssten hier beachtet werden.
Welche Ebenen sind das?
Oldrich Hozman: Es gibt die physische Ebene – das ist alles, was wir mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen können. Die Ausrichtung der Fenster hängt beispielsweise damit zusammen.
Daneben gibt es noch andere Ebenen. Gerüche, Farben und Formen zum Beispiel. Alles, was Gefühle auslöst. Deswegen hat er gerne abgerundete Ecken in seiner Architektur.
Es ist Hozmans erste Ausstellung in Wien. Nach dem 10. April wird sie in Brunn am Gebirge und anschließend bis zum Sommer in Breitenfurth, wo es ein Behindertenzentrum gibt, weitergeführt. Die Lehmmodelle sind mit Kunden zusammen entstanden. Diese miteinzubeziehen ist ein großer Bestandteil seines Schaffensprozesses. Die Modelle sind natürlich krude, farblos. Wie die Ergebnisse im Schlamm spielender Kinder. Doch sie zeugen auch von Spaß während des gemeinsamen Überlegens, wie das zukünftige Eigenheim aussehen könnte. Wo man sich Bäume vorstellt. Und dass es unbedingt einen Teich im Garten geben muss, wie es bei einem Waldorf-Kindergarten der Fall war.
Schrecken Ihre Kunden manchmal davor zurück, so aktiv in den ersten Entwurf miteingebunden zu werden?
Hozman: Ja, manchmal. Aber wenn sie Angst davor haben, dann schauen sie eben nur zu. Sie müssen sich frei fühlen, um mitmachen zu können. Im Allgemeinen finde ich aber, die Leute sollten sich nicht so viel sorgen und es zulassen, sich kreativ auszutoben.
Und was, wenn Ihre Kunden ganz andere Vorstellungen haben als Sie?
Hozman: Das ist nicht so ein Problem. Was hin und wieder Schwierigkeiten macht, sind die Kosten. Für meine Kunden ist es meistens ihr erster Hausbau jemals und sie sind oft überrascht wie viel so etwas kostet.
Einige seiner bereits fertiggestellten Häuser erinnern an Pilzhüte. Das würden viele Leute so sehen, er selbst erkenne keine Ähnlichkeit. Beleidigt ist er ob des Vergleiches aber nicht.
Hozman: Wenn den Leuten etwas wichtig ist, dann finden sie es auch schön.
Ist es das, was Sie mit Ihrer Arbeit ausdrücken wollen?
Hozman: Ja, ein Bewusstsein gegenüber dem Haus. Architektur ist nur ein Teil, Häuser brauchen immer Zuwendung. Man muss sie in Stand halten, putzen, anstreichen.
Seit wann betrachten Sie Architektur auf diese Weise?
Hozman: Seit zehn, fünfzehn Jahren. Ich wurde wenig von anderen Architekten inspiriert, was das angeht – mehr von Landschaftsarchitekten und Menschen, denen die Natur am Herzen liegt. Ich weiß, dass einige Architekten Feng Shui in ihre Arbeit miteinbeziehen, aber bei mir ist es eher ein holistischer Ansatz.
Passiert es, dass Leute Sie nicht ernst nehmen oder kritisieren, weil ihnen dieser holistische Ansatz nicht zusagt?
Hozman: Ich verfolge das nicht wirklich, aber manchmal sehe ich die Kommentare unter Artikeln, die über mich geschrieben werden. Da ist schon auch Negatives dabei.
Was wäre die Welt ohne organische Architektur Ihrer Meinung nach?
Hozman: Unvollkommen. Denn die Architektur ist Teil der Natur. Sie ist Natur, aber vom Menschen und seiner Kultur weiterentwickelt.
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