Alpine-Debakel : Anwalt: "Hausbanken wussten schon lange über Alpine Bescheid"

Die Rekordpleite der Salzburger Alpine beschäftigt weiter auch die Zivilgerichte. Erstmals haben nun zwei Anleger, die die Anleihe des Salzburger Konzerns gezeichnet hatten, eine Klage gegen ihre Hausbank eingebracht. Der Vorwurf: Die Bank habe zum Emissionszeitpunkt schon gewusst, dass es der Alpine schlecht ging, dies aber den Kunden verschwiegen.Die Kläger, ein Ehepaar, wandten sich im Frühjahr 2012 an ihre langjährige Beraterin in einer Raiffeisenfiliale in Salzburg. Die beiden waren bis dahin konservative Sparer und wollten weiteres Geld zur Altersvorsorge veranlagen. Im Mai empfahl ihnen die Beraterin schließlich via E-Mail die Anleihe der Alpine Holding.

Alpine-Akte war ein Hochrisiko-Papier

Das Problem: Bei dem Papier "handelte sich es zum Zeitpunkt des Kaufes um eine hochrisikoreiche Anleihe eines instabilen Unternehmens, bei dem die Gefahr bestand, dass dieses seinen Zahlungsverpflichtungen in Kürze nicht mehr nachkommen kann", wie in der Klage ausgeführt wird.Genau das habe die Raiffeisenbank gewusst, das Ehepaar jedoch nicht über die Risikoträchtigkeit und das damit einhergehende Verlustrisiko aufgeklärt. Als Beweis hierfür wird in der Klage ein raiffeiseninternes Schreiben vorgebracht, das die Beraterin ihren Kunden in ihrer E-Mail mitschickte: "Das wirtschaftliche Rating der Alpine ist '3.0' (vergl. Anleiherating BB)", heißt es da. Und weiter: "Dieses Rating dient nur zum internen Gebrauch! Es darf ausschließlich an Raiffeisenlandesbanken und Raiffeisenbanken weitergegeben werden."

Anwalt: Situation war der gesamten Raiffeisen-Gruppe bekanntDer Anwalt der Anleger, Michael Poduschka, schließt daraus, dass die gesamte Raiffeisengruppe in Österreich zu dem Zeitpunkt darüber informiert gewesen sei, dass es um die finanzielle Situation der Alpine zum Zeitpunkt der Begebung der dritten Anleihe nicht mehr gut bestellt war. "Bei einer Anleihe ist das Rating BB so ziemlich die schlechteste Stufe, die möglich ist", so der Anwalt zur APA.Offiziell war die mit 6 Prozent verzinste Anleihe der Alpine aus dem Jahr 2012 nicht geratet, es handelte sich um eine raiffeiseninterne Bonitätsbewertung. Bei der internationalen Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) bedeutet die Note "BB" "sehr abhängig von der wirtschaftlichen Gesamtlage" respektive "nicht als Investment geeignet".Laut Poduschka wurde die Anleihe jedoch von Raiffeisenbanken im ganzen Land als "normale" Anleihe eines österreichischen Traditionsunternehmens verkauft. Seine Mandanten seien der Meinung gewesen, in ein "solides, bekanntes" Bauunternehmen zu investieren und ihr eingesetztes Kapital zum Ende der Laufzeit zu 100 Prozent zurückzubekommen.

Über den Rating-Passus seien der Erstkläger und seine Frau nicht aufgeklärt worden. Ihnen sei lediglich der Kreditreport der Alpine Holding übermittelt worden, in dem für den Zeitraum 2007 bis 2011 jeweils ein Jahresüberschuss in zweistelliger Millionenhöhe ausgewiesen worden sei. Ein etwaiges Risiko sei daraus nicht ersichtlich gewesen.

Auch habe die Raiffeisenberaterin ihre Kunden nicht darüber informiert, dass die Alpine bereits 2010 und 2011 Anleihen begeben hatte und der Emissionserlös der Anleihe aus dem Jahr 2012 unter anderem dazu gedient habe, die Altschulden aus den alten Bonds zu begleichen. "Hätte der Erstkläger dies gewusst, hätte er zumindest bei der beklagten Partei nachgefragt, warum ein angeblich solides Bauunternehmen in so kurzer Zeit so viele 'Geldspritzen' benötigt", heißt es in der Klage.

SEITE 2:Anwalt: Auch andere Banken hatten genug Informationen. Raiffeisen widerspricht: Die Schieflage der Alpine sei damals nicht absehbar gewesen. Lesen Sie mehr: >>

Der Rechtsvertreter führt außerdem Interessenskonflikte ins Treffen: Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich sowie die Raiffeisen Bank International (RBI) hätten die Alpine-Emission begleitet. Zusätzlich sei die RLB OÖ auch einer der größten Kreditgeber der Alpine gewesen.

"Dringender Verdacht", Informationen verborgen zu habenDie RLB OÖ und die RBI seien also der "latenten Gefahr" ausgesetzt gewesen, dass die Alpine "die ausständigen Kreditzahlungen nicht mehr erfüllen kann. Deshalb war es für diese äußerst wichtig, dass frisches Geld in Form von Anleihen in die Alpine gepumpt wird, um damit die Kreditraten zu begleichen", schreibt Michael Poduschka in der Klage.

Es bestehe also der "dringende Verdacht, dass der gesamten Raiffeisenbankengruppe die wirtschaftlich prekäre Lage des Unternehmens Alpine bekannt war und sie diese Informationen vor dem Kunden verborgen hat, um die Rückzahlung der von ihr gewährten Kredite zu schützen."Poduschka liegen laut Eigenangaben Informationen vor, dass auch andere Banken 2012 bereits intern Bescheid wussten, dass die Alpine in finanzieller Not war. Seine Kanzlei vertritt rund 350 Alpine-Anleger, etwa jeder fünfte hat bei Raiffeisen gekauft. Im konkreten Fall versuchte es Poduschka vorher mit einer außergerichtlichen Einigung, jedoch ohne Erfolg. Daher brachte er am Montag die Klage beim Landesgericht Salzburg ein.

Raiffeisen: "Kunde kaufte auf eigenen Wunsch"Der Raiffeisenverband Salzburg kennt die Klage noch nicht, jedoch den Fall: "Der Kunde hat das Papier auf eigenen Wunsch erworben. Er hat von der Bank alle damals verfügbaren Informationen erhalten", sagte Sprecher Udo Steckholzer auf APA-Anfrage. Die Beraterin habe alle seine Fragen beantwortet, die gebotenen Risikohinweise seien erfolgt. "Die wirtschaftliche Schieflage der Alpine war im Mai 2012 noch nicht absehbar."Die spektakuläre Pleite der Alpine - die Alpine Bau GmbH stellte im Juni 2013 einen Insolvenzantrag beim Handelsgericht, im Juli war der Konkurs fix - wird die Justiz noch lange beschäftigen. Auf der Strafrechtsseite ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen ehemalige Manager und Aufsichtsräte u. a. wegen Verdachts auf Betrug und Bilanzfälschung. Auf der Zivilebene bereitet neben Anwälten auch die Arbeiterkammer Sammelklagen für Anleihegläubiger vor; zudem tobt ein Gerichtsstreit zwischen kreditgebenden Banken und der Republik Österreich wegen Haftungen.

Alpine schuldet Gläubigern 3,5 Mrd. Euro

Die Alpine-Gruppe schuldet ihren Gläubigern laut Kreditschutzverband KSV 3,5 Mrd. Euro. Bis zum 3. Dezember haben knapp 7.500 Gläubiger Forderungen in Höhe von rund 900 Mio. Euro angemeldet. Davon hat der Masseverwalter etwa 200 Mio. Euro anerkannt. "Die beziehen sich praktisch zur Gänze auf Anleihen", sagte KSV-Experte Hans-Georg Kantner zur APA.

Insgesamt hat die Alpine drei Anleihen mit einem Volumen von 290 Mio. Euro begeben, davon wurden aber bis dato nur 220 Mio. Euro angemeldet. Die Gläubiger haben noch bis Anfang Juni Zeit, sich mit dem Masseverwalter auszutauschen. Die bestrittenen Forderungen von etwa 700 Mio. Euro sind großteils Haftungen oder Garantiezusagen, die der Baukonzern seinen Gläubigern bzw. Geschäftspartnern gegeben hat. (apa/pm)