Bautechnik : 3D-Druck am Bau: Dichtung und Wahrheit
Ganz neu ist die Sache nicht. Bereits 1993 wurde im MIT das erste Patent zum 3D-Druck angemeldet - es ging dabei um das schichtweise Auftragen von Polymeren oder Betonarten. In den letzten paar Jahren hat sich diese Drucktechnologie rasant weiterentwickelt und die Digitalisierung samt BIM verstärkt die Grundlage für den 3D-Druck in der Bauwirtschaft. Die 3D-Modelle, die ohnehin vom BIM erstellt werden, könnten direkt in die Druckmaschine übernommen werden. Allerdings hat sich in der Branche dieses Verfahren bis dato hautsächlich in der Herstellung von anschaulichen Architekturmodellen durchgesetzt, in der Realität hinkt die Bauindustrie hier weit hinten nach. Man darf mit Spannung auf das „2018 International Symposium on Automation and Robotics in Construction (ISARC) and Hackathon“ in Berlin warten.
In Ländern wie China, in denen der Haus- und Wohnungsbau eine große Rolle spielt, kann sich der 3D-Druck in der Herstellung von bewohnbarer Substanz allerdings schnell zu einer wichtigen Größe entwickeln. Dort werden bereits die ersten „fertiggedruckten" Villen im Internet angeboten.
Europäische Firmen wie LafargeHolcim und verschiedene Universitäten sind in diesen Gebieten bereits tätig.
Entscheidender Punkt Constructability
Wie weit der 3D-Druck auf der Baustelle real einsetzbar ist, wird mit dem Begriff „Constructability“ beschrieben. Und da hapert‘s oft bei den Umsetzungen. Man sieht zwar, wie Beton ausgedruckt wird (Contourcrafting), aber das Problem ist, Beton mit Bewehrung, Installationen und diversen Anschlüssen zu verknüpfen – und das muss von der Forschung erst gelöst werden. Eine Möglichkeit, das Problem zu lösen, ist, die Teile der Architektur klein und in transportablen Größen samt allen benötigten, technologischen Anschlusslöchern zu drucken (das könnte mit BIM bewerkstelligt werden). Dann wird das Haus zusammengesetzt. Das entspricht eigentlich dem Betonfertigteilbau, für den Contourcrafting bereits mit Erfolg angewendet wird.
Dabei kann die Zeit von der Projektierung bis zur Herstellung um das 8- bis 12-fache reduziert werden. Die meisten „3D-Häuser“ (aus Russland und China) werden in diesem Contourcrafting-Verfahren schichtweise hergestellt: Wände als Zweischeibenkonstruktion mit Versteifungen, später wird Dämmstoff eingefüllt. Wie weit diese Häuser winterfest und bautechnisch praktikabel sind, bleibt abzuwarten. Dr. Jochen Teizer von der Ruhr-Universität Bochum meint, dass der 3D-Druck zwar die Wertschöpfungskette beim Bau deutlich verbessert hat, aber bis ein solcher Drucker in situ am Bau eingesetzt werden kann (auch wegen seines Gewichtes und seiner Größe), noch einiges an Forschung not ist. Schon allein die Oberflächenstruktur des Bauteils ist für den Endzweck meist nicht geeignet.
BauMinator - industrieller 3D-Druck Made in Austria
Seit ca. drei Jahren befasst sich die Baumit Beteiligungen GmbH intensiv mit der Technik des 3D-Druckens in Beton. Von den ersten flachen Mustern über leicht geknickte Betonrohre bis heute war es ein weiter und schwieriger Weg. Hilfreich dafür war das umfassende, interdisziplinäre Know-how und die langjährige Erfahrung der Firma mit zementgebundenen und beschleunigten Mörteln und Betonen. Faszinierend bei einer Live-Vorführung war, dass eine Industrieanlage in kürzester Zeit in einem (privaten und ebenerdig gelegenen) Veranstaltungsraum aufgestellt und in Betrieb genommen werden konnte.
Das 500 kg schwere Gerät bestehend aus einem Roboterarm mit einer speziellen Druckdüse und einer Mörtelpumpe. Gedruckt werden unterschiedlichste Objekte und Formen – von Designmöbeln, über Vasen und Schalen bis hin zu dreidimensionalen Skulpturen. Die einzelnen Drucksessions dauern 1- 2 Stunden. Das System wird unter der Marke BauMinator® von Baumit den Kunden als ein einzigartiges Gesamtpaket für den 3D-Druck mit Beton angeboten. Von der Projektplanung und dem Engineering sowie der Einrichtung der Soft- und Hardware über die Einschulung beim Drucken und der Lieferung des Spezialmörtels bis hin zum Support vor Ort. Die Investitionskosten für das Druckpaket starten je nach Größe und Komplexität ab 150.000 Euro. Es können mit der Anlage Bauteile, Objekte und Formen zwischen 50 cm und 5 Meter Größe gedruckt werden. Ob Betonfertigteile, Wandelemente, Rohre, Schächte, Zaunelemente, Outdoor-Möbel, Dekor- oder Kunstobjekte – den Möglichkeiten, aus Beton frei geformte Elemente herzustellen, sind kaum Grenzen gesetzt. Einsatzgebiete sind beispielsweise Spezialanfertigungen, bei denen sich eine Schalung nicht rechnet oder gar nicht machbar ist, aber auch Kleinserien. Interessant ist das Drucken mit Beton für alle Unternehmen, die mit Beton, Mörtel oder ähnlichen Materialien arbeiten – vom Baumeister über Fertigteilproduzenten bis hin zum Gartengestalter oder Installationskünstler.
Auf die Frage von SOLID an GF Mag. Robert Schmid, ob sein Unternehmen in das Marktsegment des „printing on demand“ einsteigen wolle, verneinte dieser jedoch und sagte: „Baumit ist nicht die Druckfabrik der Zukunft, wir bleiben ein Materiallieferant und -hersteller. Das ist unser Fokus. Wir wollen unseren Kunden keine Konkurrenz machen, sondern sie mit der Technologie versorgen.“
Doka Ventures mit US-Umweg im 3D-Baudruck
Als weitere heimische Firma hat die Doka Ventures, eine Tochter der Amstettener Umdasch Group, den Ball aufgenommen und ist mit 30 Prozent beim Erfinder des mobilen 3D-Baudrucks, Behrokh Khoshnevis, eingestiegen.
Dessen US-Firma Contour Crafting Corporation steht als erstes Unternehmen weltweit kurz vor der Serienproduktion der ersten Generation mobiler 3D- Baudruckroboter. Diese sollen in der Lage sein, direkt an dem Ort, wo sie gebraucht werden, Rohbauten zu drucken. Der Baudruckroboter der ersten kommerziellen Generation hat je nach Modell eine Arbeitsbreite von acht bis zwölf Metern sowie eine signifikant größere einstellbare Arbeitslänge und weniger als 400 kg Gesamtgewicht. Damit passen mehrere davon passen auf einen Lkw oder in handelsübliche Hochsee-Container. Nur ein bis zwei von Contour Crafting Corporation zertifizierte Bediener reichen aus, um den Einsatz zu überwachen. Produziert werden die Roboter in El Segundo, einem Stadtteil von Los Angeles.
Sika druckt mit Mörtel aus Vorarlberg
Seit 2016 besitzt der Baustoffproduzent Sika im Technologiezentrum Widen (Schweiz) ein eigenes 3D‐Zentrum für die automatisierte Ausführung von Bauwerken. Dort arbeitet man ebenfalls an industriellen 3D-Ansätzen und – in Zusammenarbeit mit Architekten – an der Entwicklung neuartiger Bauformen. Der Mörtel, der für den 3D-Druck verwendet wird, heißt Sika 3D Mortar und wird bei Sika Österreich im Werk in Bludenz produziert.
Co-Autor: Peter Reischer
Erstmals erschienen in SOLID 12/2017