SOLID: Über den Stellungnahmen der Verbände zu den diversen Konjunkturbarometern könnte in der Regel ein großes "Ja aber" stehen. Wie stellt sich das für den VÖB dar?
Werner Pröll: Wir jammern derzeit auf hohem Niveau. Es ist tatsächlich so, dass der Rückenwind, den wir durch die Konjunktur haben, in preislicher Sicht nicht zu DEM großen Erfolg führt, sondern nur in Mengensicht.
Es sind einfach im vorgelagerten Bereich die Baufirmen, die uns nichts verdienen lassen. Aber denen geht es genau so, die bekommen ihre gewünschte Gewinnspanne auch nicht.
Wir haben Situationen, da sind wir ausverkauft - egal, wer es ist. Aber beim Investieren und Ausbauen will keiner der erste sein, weil man Angst hat, dass es doch wieder einmal bergab geht.
Derzeit verdienen wir mit der Menge und mit dem Wetter. Wenn man das erste Quartal herinnen hat, weiß man schon, wie es am Ende des Jahres aussieht. Wenn das erste Quartal wegen schlechten Wetters schlecht war und die Aufträge nicht aus den Baugruben heraußen sind, können wir das danach nicht mehr aufholen. Wir sind von März bis Weihnachten an der Kapazitätsgrenze.
Die Mitglieder des VÖB arbeiten technologisch wirklich auf sehr hohem Stand. Wir haben Robotersysteme, wir haben Automatisierung etc., da sind große Investitionssummen nötig, wenn man etwas erreichen will. Dazu kommt fehlende Planbarkeit, weil es kaum mehr Bauvorbereitung gibt. Wir brauchen viel mehr und viel besseres Personal - auch das ist eine sehr große Herausforderung. Wir müssen zum Teil in der Planung 160 bis 180 % handlen, damit wir am Ende des Tages 100 % liefern können. Terminwahrheit ist mittlerweile ein Lügenbuch.
An sich geht ja der Trend in Richtung Vorfertigung und auf der Baustelle nur mehr Montage. Das müsste ja der Fertigteilindustrie in die Hände spielen, oder?
Pröll: Den Trend gibt es ganz klar, aber man muss ein bisschen vorsichtig sein. Von der Gesamtkonjunktur her gibt es einen Schwellwert, der für uns ideal ist. Wenn diese Grenze überschritten wird, ziehen wir überproportional mehr Nutzen daraus, weil die Baufirmen ihr Personal ja auch zu 100 Prozent auslasten und wenn mehr da ist, geht es in die Vorfertigung. Wenn diese Grenze aber unterschritten wird, sind wir der überproportional Verlierer, weil sie dann mit ihren Leuten die Dinge auf der Baustelle selber machen. Und daraus ergibt sich dann die Angst vor den Überkapazitäten.
Die Lösung wäre ja wohl zu versuchen, auf der Preisschiene etwas zu tun. Aber was?
Pröll: Ein Kartell können und wollen wir ja nicht bilden, also bleibt nur mehr der Appell an die Vernunft.
Oder ist Österreichs Bauwirtschaft tatsächlich zu groß?
Pröll: Grundsätzlich wahrscheinlich ja. Es kommt dazu, dass die großen Konzerne - teils auch mangels Nachfolgeregelung - die kleinen Firmen aufkaufen und integrieren. Von genau den kleineren Baufirmen aber haben wir früher auch noch bessere Preise bekommen. Der Konzern verdient dann über den zentralisierten Einkauf den Kaufpreis für die Baufirma zurück und wir verlieren das gute Klientel.
Gibt es die Möglichkeit, am Produkt noch etwas zu verbessern und damit höhere Preise zu erzielen?
Pröll: Das müssen wir. Nehmen wir das HoHo, das sogenannte Holzhochhaus (in der Seestadt Aspern, Anm.). Wir müssen den Trend ernst nehmen und unsere Produkte möglichst einfach handhabbar machen und millimetergenau fertigen, was wir derzeit noch nicht können. Dann haben wir am Markt Zukunft.
Wir müssen uns da fast ein Beispiel an IKEA nehmen - klick und passt -, auch weil uns das Personal ausgeht durch Pensionierungen und Nachwuchsmangel. Wenn 15 Prozent der Leute in Pension gehen, nehmen die 40 Prozent des Wissens mit. Das macht mir schon Angst.
Ist 3D-Drucken von Fertigteilen auf der Baustelle ein Thema?
Pröll: ich glaube eher, dass Kräne oder Drohnen mit 3D-Kameras kommen werden, die das abscannen und dann aus den Systemen, die wir entwickeln müssen, das Gewünschte rasch zusammenstecken können. Diese Systeme brauchen wir. In ein paar Jahren muss man Betonfertigteile wie Lego zusammenstecken können - Holz wird das auch schaffen, und zwar früher als wir.
BIM - Chance oder Risiko?
Pröll: Es ist eine Chance, weil man effizienter produzieren kann. Das Risiko ist, dass der Eigentümer des Modells einfach viel mehr Macht bekommt, weil er den Einkauf mit im System hat. Wir als Fertigteilbranche können ein Projekt, das auf Schwierigkeiten stößt, zwar oft später im Bau noch retten, aber beim Einkauf sieht man das noch nicht. Im BIM-Modell sind wir auch leichter ersetzbar.