Steuerrecht : Vorsteuerfalle im Ausland

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Im Ausland lauert oft die Vorsteuerfalle. Denn trotz ausgeführter Lieferung beziehungsweise erbrachter sonstiger Leistung und entsprechender Rechnungslegung können verschiedene Faktoren bewirken, dass für den Leistungsempfänger dennoch kein Recht auf einen (vollständigen) Vorsteuerabzug besteht. Zu Unrecht beantragte Vorsteuerbeträge werden in vielen Ländern nicht als Kavaliersdelikt angesehen, sondern gehen in der Praxis zum Teil mit hohen Strafen einher.

Rechtliche Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug

Unternehmer sind zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn eine Lieferung oder sonstige Leistung im Inland für das Unternehmen ausgeführt wurde und für diese Lieferung oder sonstige Leistung auch eineordnungsgemäße Rechnung im Sinne des Umsatzsteuerrechts vorliegt. Vorausgesetzt wird hierbei natürlich, dass der Unternehmer persönlich, als auch vor dem Hintergrund der in diesem Zusammenhang stehenden Leistungserbringung, keinem Abzugsverbot unterliegt.

Als für das Unternehmen ausgeführt gelten dabei Lieferungen, sonstige Leistungen sowie die Einfuhr von Gegenständen, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen. Zusätzlich steht der Vorsteuerabzug bei geleisteten Anzahlungen (vor Leistungsbezug) zu, wenn die Zahlung entrichtet und wiederum eine ordnungsgemäße Rechnung dafür ausgestellt wurde.

Formale Voraussetzungen/richtiges Verfahren

Im Allgemeinen stehen zwei Verfahren zur Verfügung, um die in der Unternehmenskette in Rechnung gestellte Vorsteuer wieder in Abzug zu bringen: das isolierte Vorsteuererstattungsverfahren und das Veranlagungsverfahren.

Tätigt ein Unternehmer in einem Land steuerpflichtige Umsätze und entsteht somit eine Registrierungspflicht, so können die Vorsteuern im Regelfall im Wege des regulären Veranlagungsverfahren (periodische Abgabe von Umsatzsteuermeldungen) geltend gemacht werden. Innergemeinschaftliche Erwerbe, eingangsseitige Reverse Charge Umsätze oder echt steuerbefreite Lieferungen können weitere Registrierungstatbestände darstellen. Voraussetzung für die Beantragung von Vorsteuern im Rahmen des Veranlagungsverfahren ist, dass der Registrierungsgrund im entsprechenden Kalenderjahr der Geltendmachung noch besteht. Besteht kein Registrierungsgrund (mehr), ist das Vorsteuererstattungsverfahren anzuwenden.

Faktoren mit Konfliktpotenzial

Das Vorsteuerabzugsrecht muss dem Grunde nach zustehen. Das setzt voraus, dass die bezogene sonstige Leistung oder Lieferung für die Ausführung steuerpflichtiger oder echt steuerbefreiter Umsätze verwendet wird. Zusätzlich muss es sich bei der bezogenen sonstigen Leistung oder Lieferung selbst um einen im Erstattungsland steuerbaren und auch steuerpflichtigen Umsatz handeln. Dies ist nur dann der Fall, wenn der steuerliche Leistungsort im Erstattungsland gelegen ist.

Zu einem Verlust des Rechts auf Vorsteuerabzug kommt es auch dann, wenn die Umsatzsteuer für eine Leistung fälschlicherweise auf der Rechnung ausgewiesen wird. Das ist dann der Fall, wenn Umsatzsteuer berechnet wird, obwohl es aufgrund der Qualifikation der Leistung zum Übergang der Steuerschuld (Reverse Charge) gekommen wäre. In den Mitgliedstaaten als auch Drittstaaten existieren unterschiedliche Reverse Charge Verfahren mit unterschiedlichen Anwendungskriterien. In der EU gibt es in diesem Bereich nur wenig Harmonisierung.

Vorsteuern, die im falschen Verfahren beantragt wurden, werden nicht erstattet. Demnach ist die Erstattung der Vorsteuern im Wege des isolierten Vorsteuererstattungsverfahrens nur möglich, wenn der Unternehmer weder Sitz noch eine feste Niederlassung (USt-Betriebsstätte) im jeweiligen Land hat und kein Registrierungsgrund vorliegt. Umgekehrt setzt die Beantragung im Veranlagungsverfahren voraus, dass ein Registrierungsgrund im Erstattungsland vorliegt und zwar nicht nur einmalig, sondern wiederkehrend.

Zusätzlich ist zu hinterfragen, ob im Erstattungsland für bestimmte Lieferungen und sonstige Leistungen Restriktionen hinsichtlich der Höhe des Vorsteuerabzuges festgelegt wurden. Beispielsweise ist der Vorsteuerabzug beim Kauf und der Anmietung von PKWs sowie beim Erwerb damit verbundener Gegenstände und Dienstleistungen (z.B. Treibstoff, Wartung) sehr oft gedeckelt. Es ist hierbei das jeweilige nationale Recht zu beachten. Für Vorsteuerbeträge, die das jeweilige abzugsfähige Ausmaß überschreiten, steht kein Vorsteuerabzug zu.

Konsequenzen zu Unrecht beantragter Vorsteuern

In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass zu Unrecht beantragte Vorsteuern für den Leistungsempfänger nicht nur selbst zum Kostenfaktor werden, sondern darüber hinaus auch mit hohen Strafen einhergehen können. Zusätzlich ist regelmäßig mit einer Auszahlungssperre für den gesamten Antrag zu rechnen, obwohl eventuell nur eine einzige Rechnung mit einem untergeordneten Betrag strittig ist.

In Spanien ist es derzeit gängige Praxis, dass die Beantragung einer Vorsteuer für eine Leistung, für die eigentlich das Reverse Charge Verfahren zur Anwendung kommen müssten (Bauleistung) jedenfalls der Vorsteuerabzug gestrichen wird. Die Argumentation, dass die Steuer bezahlt wurde und es daher zu keinem Steuerausfall kommt, zählt nicht. Vielmehr ist zu beobachten, dass neben dem Versagen des Vorsteuerabzuges noch Strafzuschläge bis zu 50 % der zu Unrecht beantragten Vorsteuersumme drohen. Ein Strafverfahren ist ebenfalls nicht auszuschließen.

In Belgien und UK sind Kraftfahrzeugaufwendungen großteils mit 50% Vorsteuerabzugsrecht gedeckelt. Eine Nichtbeachtung dieser Deckelung wird sehr schnell als Vorsatzdelikt eingestuft und kann dementsprechend Strafzuschläge und auch finanzstrafrechtliche Folgen mit sich bringen.

Praxistipps für die Beantragung von Vorsteuerbeträgen

* Die unrichtige Geltendmachung von Vorsteuern ist in vielen Ländern kein Kavaliersdelikt (mehr). Mögliche Sanktionen sind in den Ländern völlig unterschiedlich ausgestaltet.

* Bevor Sie bezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen, prüfen Sie, ob das Rückerstattungsrecht dem Grunde nach zusteht. Das bedeutet, dass für die eingekaufte Leistung der steuerliche Leistungsort korrekt bestimmt wurde und eine unternehmerische Verwendung ohne Abzugsverbote nachweisbar ist.

* Prüfen Sie nach dem jeweiligen Länderrecht, ob die eingekaufte Leistung keinem Reverse Charge Verfahren oder einer Steuerbefreiung unterliegen müsste. Sollte das der Fall sein, ist eine Rechnungskorrektur zu beantragen.

* Prüfen Sie in welchem Verfahren die Antragstellung zu erfolgen hat (isolierte Rückerstattung oder Veranlagung). Wenn über einen längeren Zeitraum Nullmeldungen eingereicht werden, wird bei der Beantragung von Vorsteuern ohne korrespondierende steuerpflichtige Ausgangsumsätze meistens der Registrierungsgrund hinterfragt (Gefahr des Verfahrenswechsels).

* Denken Sie an allfällige Vorsteuerrestriktionen, die der Höhe nach aber auch dem Grunde nach (z.B. für KFZ-Aufwendungen) in den Ländern unterschiedlich normiert sein können.
Sollte die Rechnung formale Mängel beinhalten, ist zuvor eine Rechnungskorrektur zu beantragen.

* Riskieren Sie nicht, dass größere Erstattungssummen durch mögliche strittige Kleinbetragsrechnungen gefährdet werden.

* Manchmal ist es vorteilhafter auf gewisse Beträge zu verzichten als eine Prüfung und damit einhergehend sehr teure Unannehmlichkeiten zu riskieren.

* Wenn Sie sich nicht sicher sind, fragen Sie einen Länderspezialisten, „probieren geht über studieren“ kann heutzutage teuer werden.