Steuern : Steuerrecht: kluge Handhabung von Lieferketten

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Ein genereller Tipp in Sachen Steuer: Gestalten sie aktiv und lassen Sie Ihre Regelgeschäfte einmal durch einen steuerlichen Experten überprüfen. Optimierungspotenzial gibt es immer!

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Erkennen eines Reihengeschäftes

Reihengeschäfte sind ein steuerliches Konstrukt mit dem Ziel, Streckengeschäfte - also den Verkauf von Gegenständen zwischen mehr als zwei Vertragsparteien - hinsichtlich der Verrechnung von Umsatzsteuer in der EU zu standardisieren. Ein Reihengeschäft liegt kraft gesetzlicher Definition dann vor, wenn „(...) dieselben Gegenstände nacheinander geliefert werden und diese Gegenstände unmittelbar vom ersten Lieferer bis zum letzten Abnehmer (Empfänger) in der Reihe befördert oder versandt werden.“ Mit anderen Worten, sobald zB. ein österreichischer Unternehmer Waren bei einem Vorlieferanten bestellt und diese direkt zu einem in der EU ansässigen Kunden transportiert werden, liegt ein Reihengeschäft vor. Die beteiligten Unternehmen stehen damit vor der Herausforderung zunächst das Reihengeschäft und die damit verbundenen Verpflichtungen rechtzeitig zu erkennen und anschließend eine steuerlich korrekte Handhabung im In- und Ausland durchzuführen. Sofern solche Konstellationen führzeitig wahrgenommen werden, besteht die Möglichkeit zur steuerlichen Gestaltung und somit zur Reduktion von Risiken und Kosten.

Für einen Unternehmer, der sowohl Abnehmer als auch Lieferant einer Ware ist, sind Reihengeschäfte normalerweise leicht erkennbar. Beim ersten Lieferanten bzw. auch beim letzten Abnehmer ist die Wahrnehmung schon schwieriger. Ein wichtiger Anhaltspunkt ist jedenfalls, wenn das Abgangsland bzw. das Auslieferungsland der Waren nicht mit dem Sitzland oder der steuerlichen Registrierung des direkten Vertragspartners zusammenpasst. In diesem Fall sollte immer die Lieferadresse mit den bekannten Firmenadressen des Vertragspartners abgeglichen werden. Besondere Vorsicht ist für einen ersten Lieferanten oder auch für einen letzten Abnehmer geboten, wenn der Transport nicht eigenverantwortlich durchgeführt wird. Hier muss immer ein Reihengeschäft und dessen Abwicklung beim Vertragspartner hinterfragt werden, um ein Risiko zu vermeiden.

Mst. Mag. Günther Platzer ist Steuerberater, Partner und Head of Indirect Tax & Customs der ICON Wirtschaftstreuhand GmbH in Linz. Seine Schwerpunkte liegen im nationalen und internationalen Umsatzsteuer- und Zollrecht mit einem besonderen Fokus auf grenzüberschreitende Projektgeschäfte. Er ist Interessensvertreter in diversen Arbeitskreisen in Österreich und Deutschland sowie Fachautor und -vortragender. - © www.robertmaybach.com

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Gestaltungsmöglichkeiten

Bei der Gestaltung von Reihengeschäften wird immer das Ziel verfolgt, die eigenen Complianceverpflichtungen und die damit verbundenen Befolgungskosten, genauso wie das Risiko, so gering wie möglich zu halten. Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist eine mögliche umsatzsteuerliche Registrierung in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu vermeiden. Diese Verpflichtung entsteht regelmäßig dadurch, dass ein Unternehmer Erwerber einer innergemeinschaftlichen Warenlieferung wird, die aus umsatzsteuerlicher Sicht immer mit der Transportverantwortung für den gelieferten Gegenstand zusammenhängt. Für eine Gestaltung ist daher die Frage der Transportverantwortung und somit auch der Verwendung der Incoterms vorab zu klären.

Zuordnungsreglung

In Reihengeschäften kann ein mittlerer Unternehmer in seiner Funktion als Zwischenerwerber, durch gezielte Bekanntgabe seiner UID-Nummer, eine Registrierungsverpflichtung im Ausland vermeiden. Hierzu muss dieser Zwischenerwerber allerdings den gesamten Warentransport verantworten und im Abgangsland der Warenbeförderung registriert sein. Diese Regelung ergibt daher für österreichische Zwischenhändler einen Sinn, die in Österreich selbst zukaufen und direkt in ein anderes EU-Land liefern. In der Praxis müssen diese Unternehmer mit einer E oder F Klausel bestellen und mittels einer C oder D-Klausel verkaufen und zusätzlich den Transportvertrag abschließen.

Dreiecksgeschäftsregelung

Im Sinne der Empfehlungen des EU-Mehrwertsteuerausschusses und im Hinblick auf eine einheitliche Anwendung der Bestimmungen des Art 141 der MwStSyst-RL wird die Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte in Österreich mit Wirkung zum 1.1.2023 angepasst. Künftig kann auch für EU-Reihengeschäfte mit mehr als drei Beteiligten diese Sonderbestimmung angewendet werden, wenn die gesetzlichen Kriterien und die formalen Verpflichtungen erfüllt sind. Die Vereinfachung wird jedoch auch weiterhin nur jenen Unternehmer in der Reihe betreffen, der den innergemeinschaftlichen Erwerb bewirkt, also der Empfänger der innergemeinschaftlichen Lieferung ist. Es ist daher künftig möglich aus einem Reihengeschäft mit vier und mehr beteiligten Unternehmern, eine Dreierkette für steuerliche Zwecke herauszubrechen, um eine zusätzliche Registrierungsverpflichtung für den Erwerber im Reihengeschäft zu vermeiden. Entscheidend ist jedenfalls, dass der erste der drei Unternehmer, die sich hintereinander in der Reihe befinden müssen und Teil dieser längeren Lieferkette sind, im Abgangsland, in dem der Transport beginnt, umsatzsteuerlich registriert ist und der dritte vice versa im Bestimmungsland. Der zweite muss aus rechtlicher Sicht der Erwerber sein, was immer dann der Fall ist, wenn er entweder selbst den Transport verantwortet oder sein Vorlieferant (der erste der isolierten Dreierkonstellation). Darüber hinaus muss dieser Erwerber für den Erwerb eine UID-Nummer verwenden, die weder eine des Abgangslandes noch des Bestimmungslandes ist. Eine Ansässigkeit des Erwerbers im Bestimmungsland darf ebenfalls nicht gegeben sein. Die Dreiecksgeschäftsregelung wird vor allem dann interessant sein, wenn eine Zuordnungsregelung nicht anwendbar ist und der Erwerber im Bestimmungsland der Waren über keine umsatzsteuerliche Registrierung verfügt und diese auch vermeiden möchte.

Praxistipps zur Gestaltung von Reihengeschäften und Risikovermeidung

  • Evaluieren Sie, ob ein Reihengeschäft vorliegen kann, durch Überprüfung von Warenlieferadressen, bekanntgegebenen UID-Nummern und vertraglichen Vereinbarungen (z.B. Hinzuziehen von Subunternehmern).
  • Klären Sie, welcher Unternehmer den zivilrechtlichen Vertrag mit dem Transportdienstleister abgeschlossen hat (wer bekommt die Transportrechnung).
  • Achtung: anhand der Transportverantwortlichkeit wird die steuerfreie Lieferung bestimmt und bei EU-Lieferungen die Erwerbsteuerpflicht ausgelöst, die zu einer ungewollten Registrierung führen kann.
  • In einem Reihengeschäft gibt es nur eine steuerfreie grenzüberschreitende Lieferung, alle anderen Verkäufe sind daher im Abgangsland oder im Bestimmungsland der Ware steuerbar und steuerpflichtig.
  • Denken Sie daran, dass in einem Reihengeschäft nur ein Unternehmer Transportverantwortlich sein kann, zwei Transportbeauftragungen brechen in der Regel ein Reihengeschäft.
  • Plausibilisieren Sie die verwendeten Incoterms und ob diese mit der Transportdurchführung zusammenpassen.
    Derjenige, der die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung schuldet, muss abklären, ob eine mitgeteilte und überprüfte ausländische UID-Nummer des Kunden vorliegt und sich um eine ordnungsgemäße Meldung in der ZM (UVA) sowie um die Nachweisbarkeit der Lieferung anhand entsprechender Dokumente kümmern.
  • Das Zuordnungswahlrecht kann nur von einem Erwerber, der im Abgangsland der Ware registriert ist und selbst den Transport durchführt, ausgeübt werden.
  • Die Dreiecksgeschäftsregelung kann nur durch den Erwerber angewendet werden. Alle anderen beteiligten Unternehmer müssen allerdings darauf achten, dass die Anwendung korrekt erfolgt.
  • Reihengeschäfte finden häufig in derselben Konstellation immer wieder statt. Gestalten sie aktiv und lassen Sie Ihre Regelgeschäfte einmal durch einen steuerlichen Experten überprüfen. Optimierungspotential gibt es immer!