Steuerrecht : Auslandsentsendungen: So gewinnen Sie beim Auswärtsspiel

Werden Arbeitnehmer ins Ausland entsendet, kann dies neben der österreichischen zu einer ausländischen Steuerpflicht führen. Die von Österreich abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen, bzw § 48 BAO und die dazu ergangene Verordnung sollen vermeiden, dass es diesbezüglich zu einer Doppelbesteuerungkommt. Unterschiedliche innerstaatliche Regelungen zur Bemessungsgrundlage, steuerfreien Einkunftsbestandteilen etc. und unterschiedliche Steuersätze führen dazu, dass für ein und dasselbe Gehalt in verschiedenen Ländern unterschiedlich hohe Steuern anfallen. Um entsendete Arbeitnehmer finanziell nicht zu benachteiligen, sollte mit Steuerausgleichstechniken vorgesorgt werden. Insbesondere bei höherer Steuerbelastung kann die Entsendung für die Arbeitnehmer anderenfalls sehr schnell für hohe Unzufriedenheit sorgen. Derartige Steuerausgleichstechniken können z. B. im Rahmen einer unternehmensweiten „Entsenderichtlinie“ vorgesehen werden. Dabei sind mehrere Varianten denkbar, um den Faktor „Steuer“ bei Entsendungen zu neutralisieren.

Wissen & Service

Lesen Sie hier unsere Expertenartikel über Bau-, Vergabe- und Steuerrecht & mehr

Tax Protection und Tax Equalisation

Mittels der Steuerausgleichstechnik „Tax Protection“ wird bewirkt, dass dem Arbeitnehmer bei Entsendung keine höhere Steuerbelastung als bei vergleichbarer Tätigkeit im Heimatland entsteht. Sofern die tatsächliche ausländische Steuer höher ist als die „fiktive“ inländische Steuer („Hypotax“), wird dem Arbeitnehmer die Differenz vom Arbeitgeber erstattet. In der Regel stellt dies einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar, weshalb in der Folge die Bemessungsgrundlage im Ausland um diesen Betrag erhöht („tax on tax“) wird. Ist die Besteuerung im Ausland geringer als in Österreich, kommt der Vorteil dem Arbeitnehmer zu.

Tax Equalisation


Auch im Rahmen der „Tax Equalisation“ soll der Arbeitnehmer keine steuerlichen Nachteile durch die Auslandsentsendung erleiden. Der Arbeitnehmer wird so gestellt, als würde er weiterhin in Österreich arbeiten und es wird eine sogenannte „Schattensteuer“ berechnet. Diese wird vom Arbeitgeber einbehalten, bei Anwendung der Befreiungsmethode jedoch nicht an das inländische Finanzamt abgeführt. Der Arbeitgeberbegleicht von diesem Betrag hingegen die tatsächliche ausländische Steuer. Die Differenz zwischen Schattensteuer und tatsächlicher ausländischer Steuer erhöht bzw reduziert den steuerpflichtigen Lohn des Arbeitnehmers. Anders als bei der „Tax Protection“, profitiert bei niedrigerer ausländischer Steuerbelastung der Arbeitgeber und nicht der Arbeitnehmer.

Lohnsteuertopf/Lohnsteuerpool

In dieser Variante verpflichten sich entsendete Arbeitnehmer:innen zur Teilnahme an einer sogenannten „Solidargemeinschaft“ und zur Abfuhr von Beiträgen in einen „Lohnsteuerpool“. Dabei wird ein fixer Prozentsatz vereinbart, der von den Löhnen der entsendeten Arbeitnehmer einbehalten und in den „Lohnsteuerpool“ einbezahlt wird und von dem aus die zu entrichtenden ausländischen Einkommen- bzw Lohnsteuerbeträge beglichen werden.

Die meist auf einer Betriebsvereinbarung beruhende „Poolvereinbarung“ kann im Detail unterschiedlich ausgestaltet sein. Sind die einbehaltenen Beträge höher als die tatsächliche ausländische Steuer, kann beispielsweise die Rückzahlung der Differenz an die Arbeitnehmer vereinbart werden. Reichen die Beträge aus dem „Lohnsteuerpool“ nicht aus, um die Steuern im Ausland zu begleichen, trägt grundsätzlich der Arbeitgeber den Fehlbetrag. Alternativ kann vereinbart werden, dass der Poolvertrag, in der Regel in Abstimmung mit der Belegschaftsvertretung, mit Wirkung für die Zukunft erhöht wird. Für die Berechnung des Poolbeitrags ist zudem die Bemessungsgrundlage zu definieren, insbesondere inwieweit dabei persönliche Verhältnisse der Dienstnehmer (z.B. Werbungskosten, Frei- und Absetzbeträge) berücksichtigt werden.

Matthias Mitterlehner
Unser Experte Matthias Mitterlehner (ICON Wirtschaftstreuhand GmbH) - © ROBERT MAYBACH
Icon

AKTUELLE AUSGABE

SOLID Bau - Fachmagazin

Nettolohnvereinbarungen

Mittels der „Nettolohnvereinbarung“ im Dienstvertrag können Arbeitgeber und -nehmer beschließen, dass der Arbeitgeber die Steuern übernimmt, die dem Arbeitnehmer entstehen. Im Zuge dessen wird ein Nettolohn festgelegt, der dem Arbeitnehmer ausbezahlt wird, unabhängig davon in welchem Land dieser tätig wird und folglich auch unabhängig von der tatsächlichen Steuerhöhe des jeweiligen Landes. Der Arbeitgeber verpflichtet sich dabei die Lohnsteuer, sowie in den meisten Fällen auch den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung zu bezahlen. An der Steuerschuldnerschaft des Arbeitnehmers und dem Umstand, dass die vom Arbeitgeber übernommene Steuer einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstellt, ändert allerdings auch eine Nettolohnvereinbarung nichts.

Echte vs. unechte Nettolohnvereinbarung


Es ist zwischen „echten“ („originären“) und „abgeleiteten“ Nettolohnvereinbarungen zu unterscheiden, die sich in der konkreten Ausgestaltung unterscheiden. Bei einer originären Nettolohnvereinbarung steht bei Vertragsabschluss bereits fest, welcher Nettobetrag dem Arbeitnehmer tatsächlich verbleibt. Chancen und Risiken einer Änderung der zu entrichtenden Steuern liegen beim Arbeitgeber. Bei einer abgeleiteten (unechten) Nettolohnvereinbarung steht bei Vertragsabschluss nicht definitiv fest, welcher Nettobetrag dem Arbeitnehmer tatsächlich verbleibt. Bei einer Veränderung der Abgaben ist auch das Nettoentgelt neu zu errechnen („Beispielrechnung“). Die Chancen und Risiken einer Änderung der Abgabenhöhe treffen demnach den Arbeitnehmer. Der Abzug einer Hypotax mit individueller Zweckwidmung der in einem Pool befindlichen Beträge samt Abgleich mit einer konkret anfallenden Einkommen- bzw Lohnsteuer stellt etwa eine unechte Nettolohnvereinbarung dar.

In Österreich ist im Rahmen einer echten Nettolohnvereinbarung der vereinbarte Nettobetrag die relevante Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Einkommensteuer. Im Rahmen der unechten Nettolohnvereinbarung ist hingegen der Bruttobetrag die Bemessungsgrundlage, weil die Rechtsprechung in der hypothetischen Lohnsteuer lediglich eine Vorausverfügung (Einkommensverwendung) sieht.

Tipps und Tricks

* Erkundigen Sie sich über die exakte Ausgestaltung der jeweiligen Steuerausgleichstechnik und entscheiden Sie sich unternehmensintern für die für Sie geeignete Variante.

* Informieren Sie die zu entsendenden Arbeitnehmer rechtzeitig über die steuerliche Abwicklung.

* Konkretisieren Sie beispielsweise mittels „Entsenderichtlinie“ die Abläufe, die sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber bei einer Entsendung berücksichtigen müssen.

* Legen Sie im Vorhinein fest, wie konkret vorzugehen ist, wenn entweder zu viel oder zu wenig Steuer vom Arbeitgeber einbehalten wird. Bedenken Sie dabei, dass steuerliche Guthaben, die sich im Rahmen der Jahresveranlagung ergeben, in zahlreichen Staaten nicht an den Arbeitgeber ausbezahlt werden können.

* Werden Arbeitnehmer im Ausland steuerpflichtig, sind sie zur Abgabe einer österreichischen Einkommensteuererklärung verpflichtet. Die österreichische Finanzverwaltung gleicht im Rahmen dieser Veranlagung, die aus dem EU-Ausland automatisch gemeldeten Einkünfte mit den in Österreich erklärten Einkünften ab.

* Die Nichterfüllung steuerlicher Compliance im Rahmen von Auslandstätigkeiten kann Auswirkungen auf die zukünftige Erteilung einer Aufenthalts- bzw Arbeitserlaubnis haben. In zahlreichen Staaten wird die Ausstellung eines Arbeitsvisa von der erfolgreichen Einkommensteuerveranlagung für den letzten Arbeitseinsatz abhängig gemacht.