Immobilien : Logistikimmobilien: Zunehmende Lagermentalität

Logistik Immobilie Erfurt Atmira

Im deutschen Erfurt realisiert Atmira gerade eine Logistikimmobilie (Visualisierung). Der erste Spatenstich in Österreich soll 2023 erfolgen.

- © Atmira

„Den Vorsprung nicht ins Ziel gebracht.“ So würde ein Sportkommentator die Leistung des Wiener Logistik- und Industrieimmobilienmarkts flapsig formulieren. Fakt ist, dass das Segment laut eines aktuellen Marktberichts von Otto Immobilien im ersten Halbjahr 2022 ein Minus von 16 Prozent bei den Vermietungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erzielte.

Und das als „Gewinner“ der Covid-19-Pandemie. Als Hauptgrund wird der eklatante Mangel an modernen beziehungsweis generell verfügbaren Logistikflächen im Raum Wien und Umgebung ins Feld geführt. Künftig rücken daher die Bundesländer und hier die Regionen in und um Graz sowie Linz ins Augenfeld.
Nämlich dort, in der Region um Linz, erstand die deutsche KanAm Grund Gruppe im August das Last-Mile-Logistik-Objekt „Cross Dock Upper Austria“. Management Director Sascha Schadly (siehe auch das Interview) zur Lage: „Generell eignet sich das Autobahn- und Schnellstraßennetz in Österreich für nationale und europaweite Logistikverbindungen ideal. Die A7 wird derzeit erweitert und soll in Zukunft zusätzlich als Schnellstraße S10, die Mühlviertler Schnellstraße, die Verbindung nach Tschechien verbessern. Des Weiteren wird die Autobahn A26, die Linz Autobahn, ausgebaut. Nach Abschluss dieser Maßnahmen wird der Standort Linz noch attraktiver.“

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  • Stefan Würrer, Geschäftsführer der Atmira Development GmbH

    „Spätestens ab dem ersten Quartal 2023 werden Industriebetriebe ihre Lager- beziehungsweise Vorhaltepolitik angehen. ‚Just in time‘ hat nach rund 25 Jahren ausgedient.“

Noch ein Markteintritt im Logistikbereich

Bei „Cross Dock Upper Austria“ handelt es sich um die erste Investition der KanAm Grund Gruppe in Österreich. Ebenfalls einen Markteintritt in Rot-Weiß-Rot – und zwar im vergangenen Mai – bewerkstelligte der Münchener Developer Atmira. Dabei ist der Fokus für das Österreich-Geschäft klar: Logistik- und Light-Industry-Projekte stehen ganz oben auf der Zielliste. Einerseits wird man wie in Deutschland für die Global Player punkto E-Commerce sowie Paketdienste Objekte entwickeln, andererseits rechnet man ab dem ersten Quartal des nächsten Jahres mit neuen Projekten aus der regionalen Industrielandschaft.

„Die aktuellen Ereignisse in Europa und die anhaltende Pandemiesituation stellten die Lieferketten auf eine harte Probe. Unterm Strich wissen wir heute, dass es an vielen Orten so nicht weitergehen kann. Hier erhalten wir als Projektentwickler deutliche Signale aus dem Markt. Spätestens ab dem ersten Quartal 2023 werden Industriebetriebe ihre Lager- beziehungsweise Vorhaltepolitik angehen. ‚Just in time‘ hat nach rund 25 Jahren ausgedient. Wir rechnen gerade in Österreich, wo neben dem Tourismus eben insbesondere auch Industrie und Handwerk eine wichtige Rolle spielen, mit steigendem Bedarf an Logistik- und Lagerinfrastruktur“, erläutert Österreich-Geschäftsführer Stefan Würrer eine weitere Perspektive, auf die die Atmira Development GmbH vorbereitet ist.

Auf dem Dach von „Cross Dock Upper Austria“ in Enns befindet sich eine Photovoltaikanlage mit einer Fläche von etwa 11.000 Quadratmetern.

- © Backbone

Der boomende Online-Handel beflügelt den Logistikimmobilienmarkt.

- © pixabay

Bei Logistik geht es in Richtung Mehrstöckigkeit

Aktuell bearbeitet der Developer hierzulande erste Suchaufträge für geeignete Flächen, die es im Auftrag bekannter Player zu identifizieren gilt. Im Vordergrund stehen dabei Brownfield-Projekte in unmittelbarer Nähe zu Industrie- und Wirtschaftsstandorten entlang der Autobahnen A1, A2 sowie A4. Als einer von wenigen Entwicklern mit Hallen-Fokus ist Atmira fähig, nicht nur in die Fläche, sondern auch in die Höhe zu gehen, sprich mehrstöckig zu bauen. Würrer berichtet: „Das Thema Bodenverdichtung ist nicht wegzudiskutieren. Die Lösung liegt hier also in der Höhe. Und die können wir im Hinblick auf den jeweiligen Gebäudezweck herstellen. Hier haben wir uns von fünfstöckigen Objekten in Hongkong inspirieren lassen.“

Doch wie steht es um die Renditen? Diese liegen laut Otto Immobilien aktuell bei rund 3,5 Prozent beziehungsweise schon seit Vorjahresbeginn bei unter vier Prozent, wobei die Bundesländer durchschnittlich höher als Wien rentieren. Für städtische Paketverteilzentren – eben die bereits erwähnten Cross Docks – sind institutionelle Anleger bereit, einen Abschlag zu zahlen, wodurch sich die Renditen jenen von Büroimmobilien annähern. Durch das relativ geringe Renditenniveau in Kombination mit den gestiegenen Finanzierungskosten befinden sich eigenkapitalstarke Investoren klar im Vorteil.

Thema ESG

Derweil gewinnt das Thema ESG auf dem heimischen Logistikimmobilienmarkt immer mehr an Bedeutung. Für Investoren sowie verstärkt auch für potenzielle Mieter bilden entsprechende Gebäudezertifizierungen eine Voraussetzung für einen Erwerb beziehungsweise eine Anmietung. Eine positive Perspektive.

Interview: Lage, Objekt, Mieter

Warum die deutsche KanAm Grund Group kürzlich die Logistikimmobilie „Cross Dock Upper Austria“ erstand, erläutert Managing Director Sascha Schadly.

SOLID: Weshalb dieses Objekt?
Sascha Schadly: Für den Erwerb sprach zum einen die geographische Lage. Das Objekt befindet sich in Enns, in der Nähe der Landeshauptstadt Linz und somit in einem der drei Logistikhotspots in Österreich. Neben der Lage überzeugte uns das Objekt selbst. Die Last-Mile-Logistik-Immobilie „Cross Dock Upper Austria“ wurde 2019 in hochqualitativer Bauweise errichtet und erfüllt zudem notwendige Nachhaltigkeitsstandards. Es wurden zahlreiche LKW-Parkplätze für elektrische Ladestationen vorbereitet. Das Gebäude verfügt über die BREEAM „Very Good“Zertifizierung und stellt damit hinsichtlich der Nachhaltigkeitsstandards eine optimale Ergänzung zum Portfolio unseres Publikumsfonds „Leading Cities Invest“ dar, für den wir die Immobilie erworben haben. Langfristiger Mieter ist die Österreichische Post AG. Kurzum: die gute Lage, das Objekt selbst und der renommierte Mieter gaben den Ausschlag für der Erwerb der Immobilie.

Wie entwickelt sich der erwähnte Immobilienfonds „Leading Cities Invest“?

Vor kurzem überschritt der Fonds hinsichtlich des Fondsvolumens die Eine-Milliarde-Euro-Marke. Diese positive Entwicklung bestätigt unsere Anlagepolitik sowie das Vertrauen der Investoren in diese. Seit Auflage am 15. Juli 2013 erzielte der Fonds eine Performance von kumuliert 29,0 Prozent bei einer geringen Volatilität von 0,8 Prozent.

Generell gilt Covid-19 gilt Treiber am europäischen Logistikimmobilienmarkt. Inwiefern trifft das auch auf den österreichischen Markt zu?

Der Logistikmarkt in Österreich – wie auch in anderen Ländern – erlebt in den letzten Jahren vor allem durch die Beliebtheit des Onlinehandels einen positiven und kontinuierlich anhaltenden Wachstumstrend. Analog dazu stieg das Interesse an Logistikimmobilien an. So bewegte sich der Anteil von Logistiktransaktionen am österreichischen Gesamtmarkt 2015 zwischen 0 und 5 Prozent. Von 2018 bis 2020 verdoppelte sich der Anteil jedes Jahr (2018: 4 Prozent; 2019: 8 Prozent; 2020: 16 Prozent). Dieser Effekt wurde durch Lockdown-Maßnahmen während der Covid-19-Pandemie zwischen 2020 und 2022 verstärkt. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Logistikimmobilien in Österreich weiterhin hoch sein wird.

Wie wirken sich der Krieg in der Ukraine und seine Folgen auf den österreichischen Logistikimmobilienmarkt aus?

Die Logistikbranche ist aufgrund des Krieges mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Angefangen vom Fahrermangel bei LKWs, über die Lieferkettenproblematik, bis hin zu gestiegenen Energie- und Benzinpreisen. Nach tendenziell eher sinkenden Renditen für Logistikimmobilien in den letzten Jahren, legen sie erstmals wieder leicht zu. Das liegt vor allem am gestiegenen Zinsumfeld, das zur Reduktion der durch den Krieg bedingten hohen Inflation beitragen soll. Zudem sind die Baukosten für Logistikimmobilien – Immobilien im Allgemeinen – gestiegen. Vor dem Hintergrund des weiterhin hohen Bedarfs an Neubauflächen werden die genannten Faktoren voraussichtlich zu steigenden Mietpreisen führen. Davon werden insbesondere die österreichischen Logistikhotspots Wien, Graz und Linz profitieren. Hier ist ein Anstieg des Bestandes an Logistikimmobilien innerhalb der nächsten zwei Jahre von bis zu 20 Prozent zu erwarten.

Bei „Cross Dock Upper Austria“ handelt es sich um den ersten Kauf der KanAm Grund Group hierzulande. Erwägen Sie weitere Akquisitionen?

Wir haben den österreichischen Immobilienmarkt natürlich schon länger im Auge. Je nach Marktsituation, Anlageobjekt und Investitionsvehikel, entscheiden wir fallbezogen, ob ein Objekt ins Portfolio passt und unseren generellen Investitionskriterien entspricht oder nicht. Weitere Investitionen in Österreich sind daher durchaus möglich.

Sascha Schadly ist Managing Director der KanAm Grund Group.