Bauinnung : Interview: „Leistbarer Wohnraum ist unser Auftrag“

Michael Stvarnik WKO Steiermark, Bauinnung

Anlässlich des Steiermark-Specials in der aktuellen September-Ausgabe von SOLID sprachen wir auch mit Landesinnungsmeister Michael Stavrnik.

- © Helmut Lunghammer

SOLID: Was waren die größten Herausforderungen in Ihren ersten 18 Monaten?
Michael Stvarnik:
Die vielen negativen Einflüsse, die unsere Branche und die Wirtschaft insgesamt treffen. Niemand hat damit gerechnet, dass auf eine große Krise wie Corona multiplere Krisen nachfolgen. Umso ärgerlicher ist es, wenn zu jenen Problemen, auf die wir europa- und weltweit keinen Einfluss haben, auch noch landesinterne Probleme geschaffen werden.

Sie meinen wahrscheinlich die KIM-Verordnung …

Ja! Die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung ist ein hausgemachter Unfug, der sofort wieder abgeschafft gehört. Das sage nicht nur ich, das sagen auch die Banken selbst. Die Bankenlandschaft in Österreich ist gut und solide aufgestellt. Sie hatte die bisherigen Finanzierungen im Griff und wird das auch in Zukunft so handhaben.
Alle regulierenden Eingriffe in einen funktionierenden Finanzierungsmarkt sind abzulehnen. Noch dazu, wenn man glaubt, in Österreich ein eigenes Süppchen kochen zu müssen. Der Effekt ist, dass ausländische Banken in Österreich gut besicherte Kredite vergeben werden – ein Wahnsinn! Letzten Endes geht es aber um eines unserer Kernthemen, nämlich die Schaffung von neuem, leistbarem Wohnraum. Das ist uns ein Anliegen und dazu bekennen wir uns. Das gelingt aber nur, wenn, unter anderem, Kredite auf vernünftige Art und Weise vergeben werden. Da geht es um den Wohnraum für viele Menschen.
Da würde ich die Politik dringend ersuchen, auf jene zu hören, die diese Aufgaben übernehmen: Also auf die Banken auf der Finanzierungsseite und auf uns als Baumeister mit all den Bauhilfs- und Baunebengewerben auf der ausführenden Seite.

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AKTUELLE AUSGABE

SOLID Bau - Fachmagazin

Wie schätzen Sie die konjunkturelle Lage ein?
Die Zeit ist nicht einfach für die Baubranche. Wir erleben massive Einbrüche: Das Bauvolumen geht zurück, ein Grund dafür sind unter anderem die hohen Zinsen. Damit möchte man die Inflation eindämmen, was ja grundsätzlich eine gute Sache ist, aber das Ganze kann eben auch nach hinten losgehen: Weniger Kredite, unter anderem wegen KIM, heißt weniger Bauprojekte, weniger Bauprojekte heißt weniger Wohnraum, weniger Wohnraum heißt steigende Preise. Das kann wohl nicht im Sinne des Allgemeinwohls sein. Dazu kommt, dass leere Auftragsbücher auch massiv Arbeitsplätze bedrohen. Und das in einer Zeit, in der es ohnehin überall kriselt.

Wie man an diversen Konjunkturberichten sieht …

Ganz richtig. Man könnte das so formulieren: Es blitzt und donnert am Konjunkturhimmel. Vor allem Betriebe, die sich auf die Errichtung von Einfamilienhäusern spezialisiert haben, berichten von massiven Problemen. Einige haben Insolvenz anmelden müssen, weil es einfach nicht mehr geht. Die Nachfrage ist im Keller. Wir haben vom Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung IWS im Frühjahr aktuelle Zahlen in den relevanten Branchen abgefragt.
Sie liegen tief im negativen Bereich: Minus 65,7 Prozentpunkte beim „erwarteten Wirtschaftsklima“, bei den Umsatzerwartungen minus 40,5 Prozentpunkten und bei der Auftragslage minus 30 Prozentpunkte. Das ist eine Katastrophe. Die Politik ist gefordert, hier gegenzusteuern. Der Bau war immer und ist der Konjunkturmotor schlechthin – der benötigt dringend Treibstoff.

Wie kann das gelingen?
Bei den Förderungen, die teilweise undurchsichtig und wenig sinnvoll erscheinen, gäbe es einiges zu tun. 2008 wurde die Zweckwidmung der Wohnbauförderung abgeschafft. Angesichts der aktuellen Lage wäre es hoch an der Zeit, diese wieder einzuführen. Die Wohnbauförderung muss wieder zwingend für die Schaffung und Sanierung von Wohnraum verwendet werden!
Diese wurde ja im August endlich adaptiert – die Umsetzung durch die gemeinnützigen Wohnbauträger hinkt nach. Dann gibt es noch die Eigenheim- und die Jungfamilienförderung, die seit langer Zeit nicht mehr valorisiert wurde. Trotz hoher Inflation sind die Summen seit Jahren unverändert. Auch die Rolle diverser Öko-Förderungen ist nicht zu unterschätzen, von Solarthermie über Wärmepumpen, Fassadendämmungen bis Photovoltaik.
Alles, was hilft, zukunftsfähigen Wohnbau leistbar zu machen, ist in unserem Sinne – und im Sinne der Allgemeinheit. Wir haben vielfältige Fördermaßnahmen für Wärmedämmungen, Wärmepumpen oder Photovoltaikanlagen. Das zeigt, dass die Politik schon verstanden hat, welche große Rolle die Baubranche bei der Aufrüstung des Bestands für eine nachhalte Zukunft spielt. Mit Ortskernsanierungsmaßnahmen an Gebäuden und kommunalen Infrastrukturen sind wir maßgeblich daran beteiligt, eine Lebensumgebung zu schaffen, die zukunftsfit und nachhaltig ist.

Es blitzt und donnert am Konjunkturhimmel. Vor allem Betriebe, die sich auf die Errichtung von Einfamilienhäusern spezialisiert haben, berichten von massiven Problemen.
Landesinnungsmeister Michael Stvarnik

Stvarnik meint, dass "alles, was hilft, zukunftsfähigen Wohnbau leistbar zu machen" im Sinne der Allgemeinheit sei.

- © Lunghammer

Wie entwickeln sich die Baustoffpreise?
Bei manchen Baustoffen sind die Preise tatsächlich schon wieder gefallen, das Ursprungsniveau ist aber noch lange nicht erreicht und wird auch nicht mehr erreicht werden. Die Energiekosten sind hoch, deswegen rechne ich nicht damit, dass wir da einen signifikanten Rückgang erleben werden. Ein Beispiel ist der Ziegelpreis. Er ist für uns unverständlich hoch, nach wie vor. Ich vermute, dass bei den hohen Preisen mancher Baustoffe monopolartige Strukturen der Produzenten dahinterstecken. Hier sind wir als Techniker gefordert, Alternativen zu entwickeln, und diese müssen wir den Bauwilligen auch anbieten. Kreativität und Innovation sind gefragt.

Wie geht die Branche mit den steigenden Lohnkosten um?
Ein Plus von 10 Prozent schlägt sich nieder, aber: Unsere Leute brauchen das, und wir als Unternehmer verstehen das auch.

Wie leicht finden Sie Lehrlinge?

Lehrlinge zu akquirieren – und zwar gute, motivierte, talentierte – war und ist schwierig. Dabei bietet der Bau massive Chancen auf lukrative und schöne Karrieren. Wir haben jetzt ein Musterprojekt in Kooperation mit der Gewerkschaft gestartet, mit dem wir slowenische Lehrlinge in unsere Betriebe zur Ausbildung einladen.

Was gibt es Neues in der Landesinnung?

Wir haben einen Umstrukturierungsprozess gestartet, mit dem unter anderem auch eine Zertifizierung verbunden ist. Ziel ist, das Serviceangebot für unsere Betriebe weiter auszubauen. Juristen Hannes Lackner ist ein wichtiger Neuzugang, der sich ausschließlich um die vielfältigen Agenden der Bauinnung kümmert – und das sehr gut.

Landesinnungsmeister Michael Stvarnik startete Umstrukturierungsmaßnahmen in der steirischen Bauinnung.

- © Lunghammer