Bautechnik : Forschungsprojekt bestätigt breite Praxisanwendung von UHPC

Der Frischbeton wird geprüft und bestätigt den Einsatz von UHPC

Frischbetonprüfung im Rahmen des Forschungsprojektes

- © ÖBV

Die Druckfestigkeit von UHPC im Bereich zwischen 150 und 250 MPa nähert sich etwa der des Baustahls. Durch Zugabe von Fasern können die Duktilität und das Zugverhalten in einer großen Bandbreite entsprechend den Anforderungen der Konstruktion variiert werden. Weiters weist UHPC durch seine dichte Mikrostruktur hervorragende Dauerhaftigkeitseigenschaften auf, so dass der Instandhaltungsaufwand für UHPC-Konstruktionen sehr gering zu erwarten ist und neue Anwendungsfelder für diesen innovativen Baustoff gefunden werden können.

Die Wirtschaftlichkeit und CO2-Effizienz von UHPC-Bauwerken werden jedoch nur dann sichtbar, wenn die Kompensation der höheren Materialkosten bzw. CO2-Emissionen in der Materialherstellung durch den Verbrauch geringerer Mengen und die signifikant verlängerte Nutzungsdauer im Sinne von Lebenszyklusbewertungen dargestellt werden.

Warum UHPC bis dato noch nicht stark zum Einsatz kam

Der österreichischen Bauindustrie sind die Vorteile von UHPC durchaus bekannt. Jedoch kam dieser innovative Werkstoff bisher noch nicht über einige Pilotanwendungen hinaus. Als wesentliche Ursachen hierfür galten bisher:

* fehlende Regelungen bezüglich der Materialherstellung und Bemessungsmodelle sowie Empfehlungen zu werkstoffgerechtem Konstruieren,
* fehlendes Angebot an UHPC - Sorten und Mischtechnologie mit garantierter Qualität,
* fehlendes breites Know-how der Planer zu UHPC-gerechten Konstruktionen,
* fehlende breite Erfahrung bei Bauunternehmern bezüglich Kostenermittlung, Verarbeitungstechnologie, Bauverfahren und Qualitätssicherung.

Forschungsprojekt soll UHPC einen Schub geben

Vor diesem Hintergrund initiierte die Österreichische Bautechnik Vereinigung (ÖBV) ein Forschungsvorhaben, an dem vier namhafte österreichische Universitäten, öffentliche Bauherren und verschiedene Firmen aus der Bauindustrie beteiligt waren. Das Vorhaben hatte das Ziel, die genannten Wissenslücken zu schließen, um der Praxisanwendung von UHPC in Österreich einen Schub zu geben.

Parallel zu dem Forschungsvorhaben konstituierte sich ein ÖBV-Arbeitskreis mit der Aufgabe die Erkenntnisse des FFG-Projekts in eine praxistaugliche ÖBV-Richtlinie zu gießen.

Durch die koordinative Leitung der Österreichischen Bautechnik Vereinigung (ÖBV) in beiden Projekten, ergaben sich somit Synergieeffekte in der Weise, dass einerseits die inhaltliche Bearbeitung des Forschungsvorhabens durch die Diskussion im Rahmen der parallel bearbeiteten ÖBV-Richtlinie sich am Bedarf der Baupraxis orientierte. Anderseits konnte die ÖBV-Richtlinie durch das Forschungsvorhaben inhaltlich profitieren. Insgesamt konnten somit mit Ende des Forschungsprojekts die Grundlagen für eine breite Praxisanwendung von UHPC geschaffen werden.

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Lücken hinsichtlich der Regelungen bezüglich Materialherstellung und Bemessungsmodelle schließen

Im Forschungsprojekt wurde an der Festlegung geeigneter UHPC-Sorten und an der Erarbeitung einfacher Ingenieurmodelle zur Bemessung gearbeitet. Es liegen nun vier UHPC-Sorten vor, deren Herstellung umfassend erprobt und deren mechanische Eigenschaften vollständig charakterisiert werden konnten. Hinsichtlich der Bemessung wurde besonderes Augenmerk auf Biegung bei kombinierter Bewehrung aus Fasern und Stabstahl, Ermüdung von gerissenem faserbewehrtem UHPC unter Zug, Torsion bei Trockenfugen und dem Verbund zwischen UHPC und Normalbeton gelegt. Als Highlight können hier die überraschend hohen Ermüdungsfestigkeiten erwähnt werden.

Angebot an UHPC-Sorten in garantierter Qualität und die dafür notwendige Mischtechnologie

Um ein ausreichendes Angebot an UHPC-Sorten in garantierter Qualität zu erhalten, ist mitunter die Mischtechnologie essenziell. Hierzu wurde an praxistauglichen Prüfverfahren gearbeitet und ein umfangreiches Versuchsprogramm an Mischversuchen im Industrie-Maßstab gestartet. Es wurden sechs unterschiedliche Mischsysteme bzw. Mischertypen untersucht und zwei unterschiedliche Mischregime erarbeitet sowie Prüfverfahren zur Ermittlung wesentlicher Werkstoffeigenschaften und deren Auswerte-Algorithmen festgelegt und im Labor erprobt. Daraus ließen sich Grundsätze, die für das Mischen von UHPC zu berücksichtigen sind, ableiten und zwei mögliche Mischregime entwickeln.

Bei Biegeversuchen zeigt sich die ganze Leistungsfähigkeit des UHPC

- © ÖBV

Beim Forschungsprojekt wurde UHPC auf Herz und Nieren geprüft.

- © ÖBV

Know-How der Planer zur UHPC-gerechten Konstruktion von Bauwerken

Um Planern eine Hilfestellung zu UHPC-gerechten Konstruktion von Bauwerken zu bieten, wurde im Forschungsprojekt eine umfangreiche Analyse der bisherigen UHPC-Anwendungen weltweit durchgeführt. Daraus konnten drei für Österreich besonders sinnvolle Anwendungsbereiche festgelegt werden, bei denen sich die Eigenschaften des UHPC besonders effizient ausnutzen lassen, sowohl in konstruktiver als auch in wirtschaftlicher Sicht. Diese sind UHPC-Erzeugnisse mit nur untergeordneten statischen Anforderungen, konstruktive Bauteile die entweder in einem Werk oder auch auf der Baustelle als Fertigteil hergestellt werden und die Verbundbauweise für die Instandsetzung und Verstärkungen von bestehenden Bauten. Diese Anwendungen bildeten auch den Rahmen für die Untersuchungen im Forschungsprojekt.

Erfahrung der Bauunternehmer betreffend Kostenermittlung, Bauverfahren und Qualitätssicherung

Um Erfahrung der Bauunternehmen betreffend Kostenermittlung, Bauverfahren und Qualitätssicherung zu fördern, wurden einerseits die Misch- und Herstellungsversuche in engster Kooperation zwischen Wissenschafts- und Industriepartnern durchgeführt und andererseits weitere praxisrelevante Verarbeitungs- und Herstellungstests bei den beteiligten Bauunternehmen durchgeführt. Dies betrifft z.B. Pumpversuche, Messung des Betonierdrucks, Tests zur Verarbeitung mittels Straßenfertiger oder die Probe zur Herstellung einer Flachdachabdichtung aus UHPC. Weiters wurde dazu ein speziell für UHPC ausgearbeitetes QS-System erarbeitet und bei allen Herstellungstests verifiziert und weiterentwickelt.

So sieht es aus, wenn mit dem Betonfertiger gearbeitet wird.

- © ÖBV

Das im Juli 2019 begonnene und ursprünglich für zwei Jahre angesetzte Forschungsprojekt der Österreichischen Bautechnik Vereinigung wurde COVID-19 bedingt zweimal verlängert und konnte im März diesen Jahres abgeschlossen werden.

Die Ergebnisse stehen unter www.bautechnik.pro frei zur Verfügung. Die parallel erarbeitete ÖBV-Richtlinie „UHPC“ wird beim 5. Grazer Betonkolloquium am 01./02. September 2022 vorgestellt.