Österreich : „Erwarte mir von der Politik Regularien“

Peter_Krammer

"Mit neuen Herausforderungen umzugehen und dafür Lösungen zu finden, ist ja die große Stärke der österreichischen Industrieunternehmen," sagt Peter Krammer.

- © Strabag SE

SOLID: Im neuen Programm des Baukongress hat die Nachhaltigkeit im Tiefbau einen sehr prominenten Platz bekommen. Warum ist das so?
Peter Krammer:
Wir haben uns dazu im ÖBV-Vorstand entschieden, weil der CO2-Emmissionsanteil für den Bau- und Gebäudesektor mit 38% einen maßgebenden Anteil ausmacht. Wir wollen in dieser Session aufzeigen, was alle Baubeteiligten in den letzten Jahren bereits dagegen unternommen haben und was sie gedenken zu tun um 2040 klimaneutral zu werden.

Was erwarten Sie sich von der Politik?
Krammer
: Ich erwarte mir von der Politik Regularien, wie es z.B. mit der CO2-Bepreisung bereits umgesetzt wurde, denn das fördert die Kreativität aller am Bau Beteiligten. Mit neuen Herausforderungen umzugehen und dafür Lösungen zu finden, ist ja die große Stärke der österreichischen Industrieunternehmen. Um bei der Berechnung der Klimaschädlichkeit jedoch etablierte Baustoffe nicht zu verteufeln, ist es wichtig, auch einen entsprechenden Durchrechnungszeitraum zu berücksichtigen, um die Klimabeeinflussung von immer wieder verwendbaren Materialien bestimmen zu können. Deshalb ist dieses Thema auch sehr komplex.

Sind höhere Kosten zufolge der Nachhaltigkeit für den Bauherrn zu erwarten, Herr Krammer?

Krammer
: Wenn alle am Bau Beteiligten zu einem frühen Projektzeitpunkt initiativ werden können, beispielsweise bei kooperativen Vertragsmodellen, wie dem Early Contractor Involvement (ECI), bei dem Know-how-Verlust vermieden und die Effizienz gesteigert werden kann, dann spart dies Geld und Ressourcen. Damit kann auf die Nachhaltigkeit maximal eingegangen werden und mit Digitalisierung und Lean Construction trotzdem der Bauerfolg gesichert werden.

Wird dies in Österreich bereits angewendet?

Krammer
: Hier gibt es noch große Unterschiede. Während private Auftraggeber sich sehr aufgeschlossen zeigen, gibt es bei der öffentlichen Hand noch immer Zurückhaltung, obwohl wir bereits mit ECI sehr gute Erfahrungen im internationalen Bereich gemacht haben. So hat sich z.B. bei der Hochgeschwindigkeitsstrecke HS2 in Großbritannien der Auftraggeber sich für ein ECI entschieden. Die Strabag hat in einem Konsortium bei zwei Abschnitten Planung, Kalkulation und Arbeitsvorbereitung erfolgreich in drei Jahren abgeschlossen und wurde dann auch mit der Ausführung beauftragt. Wir haben als ÖBV im Mai 2021 bereits ein Merkblatt zu Alternativen Vertragsmodelle und deren Verträglichkeit mit dem österreichischen Vergaberecht herausgegeben. Es wurden darin neue Modelle erarbeitet, die natürlich auch am Baukongress vorgestellt und thematisiert werden. Wieder ein Grund mehr, warum es sich lohnt, dieses Jahr den Baukongress zu besuchen. Inhaltlich ist er sicher so interessant, wie schon lange nicht mehr.

Die Beschäftigung mit der Digitalisierung war bisher meist sehr akademisch. Wird am Baukongress wieder nur abstrakt über den großen Wurf diskutiert?

Krammer
: Nein, wir haben extra eine Vortragssession „BIM in der Praxis – Planen, Bauen & Betreiben“ geschaffen. Ich glaube, dass mittlerweile viele bemerkt haben, dass man auf das perfekte System nicht warten darf. Jetzt heißt es: Klein anfangen, schauen was geht, einzelne Gewerke und Module herausnehmen und einfach machen. Darüber hinaus haben wir erstmals auch in der F&E Session mit Baurobotik einen fixen Block, um über die Erleichterungen mit digitalen Bauverfahrenshilfen zu berichten.


Am 28.-29. April feiert die wichtigste Veranstaltung der österreichischen Baubranche noch größer, vielfältiger und interessanter ein lang überfälliges Comeback.
Mehr Infos dazu: www.baukongress.at