Wohnbau : Deutsche Regierung setzt auf serielles Bauen

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Die Ziele im Wohnbau sind so ambitioniert, dass sie wohl nur mit massiver Verfertigung erreicht werden können.

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Ziel 400.000 Wohnungen pro Jahr in weiter Ferne

Staub und Dreck sucht man auf dieser deutschen Baustelle vergebens. Die Mauern der viergeschossigen Wohngebäude, die hier entstehen, sind auch nicht mit Mörtel und Steinen hochgezogen worden. Die Betonwände kamen fertig auf Lkws an, inklusive Fenster.

Die deutsche Bauministerin Klara Geywitz (SPD) hört aufmerksam zu, ist es doch ein Beispiel für serielles oder modulares Bauen. Diese Bauweise nach dem Baukastenprinzip soll helfen, die ehrgeizigen Bauziele der deutschen Bundesregierung zu erreichen. Doch ist das realistisch? Und was für Häuser sollen so überhaupt entstehen?

400.000 neue Wohnungen sollen laut Koalitionsvertrag der Ampel pro Jahr zwischen Alpenrand und Ostseestrand errichtet werden - gegen die Wohnungsknappheit, die vor allem in den Städten viele Alleinstehende, Paare und Familien zur Verzweiflung treibt. Kritikerinnen und Kritiker halten dieses Ziel für kaum zu erreichen. Nicht einmal 300.000 Wohnungen wurden vergangenes Jahr fertig. Seither ist die Inflation zweistellig geworden, die Baukosten sind durch die Decke gegangen - ganz zu schweigen von Materialengpässen und Fachkräftemangel.

Bürokratische Schwierigkeiten: "Nächstes Jahr alles entstauben und digitalisieren"

Entsprechend viele Zweifel und Bedenken gab es vergangenen Woche, als das von Geywitz initiierte "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" einen Maßnahmenkatalog vorlegte, um Bauen einfacher, schneller und ökologischer zu machen. Doch sind die Bauziele wirklich überhöht?

Auf der Baustelle in Berlin-Treptow, wo sich Geywitz beispielhaft über serielles Bauen informiert, entstehen in rund einem Jahr Bauzeit 66 Wohnungen von 38 bis 92 Quadratmeter. Die Fertigbadzellen sind in jeweils 20 Minuten montiert. Stahlbeton, Leichtbeton und Mineralwolldämmung sind die wichtigsten Materialien hier. Der Geschäftsführer des beauftragten Bauunternehmens Goldbeck, Robert Wall, sagt: "Wir wären mit unseren 13 Werken, die wir haben, durchaus in der Lage, Zehntausende Wohnungen pro Jahr zu bauen." Entstehen also landauf, landab seriell gebaute Häuser im Eiltempo?

So schnell geht es nicht. Da sind zunächst einmal die bürokratischen Schwierigkeiten, mit denen die Bauwirtschaft zu kämpfen hat. "Teilweise warten wir bis zu einem Jahr auf die Baugenehmigung", sagt Wall. So lange steht der Bauvertrag dann schon, bevor tatsächlich losgelegt werden kann.

Im Fall der von Geywitz besichtigten Baustelle ist der Bauherr die Wohnbauten-Gesellschaft Stadt und Land. Deren Geschäftsführer Ingo Malter zählt auf, was alles zu berücksichtigen ist, wenn man bauen will: Denkmalschutz, Bodenschutz, Artenschutz, Luftgüte, Lärm. "Diese ganzen Regeln, die sind für sich genommen sehr vernünftig." Von der Politik wünscht sich Malter aber eine Instanz, die man als Bauträger anrufen kann - und die verhindert, dass ein ganzes Projekt wegen eines solchen Schutzgutes aufgehalten wird.

"Das ist ein Riesenthema", stimmt Geywitz den Praktikern zu. Für große Projekte wie Autobahnbrücken sei bereits vorgesehen, dass die nötigen Beteiligungsverfahren zeitlich befristet werden. "Und das andere ist natürlich die komplette Digitalisierung von Planungsverfahren", sagt Geywitz. Nächstes Jahr komme eine "große Novelle, wo wir das alles entstauben und digitalisieren wollen". Nötig seien dann freilich auch genug Leute in den Behörden, die die Anträge auch bearbeiten.

Nachverdichtung ohne Einheitsbrei angestrebt

Eines ist Geywitz wichtig: Serielles Bauen soll keine Einheitshäuser oder gar Wohnkolosse wie teilweise in vergangenen Jahrzehnten hervorbringen. "Wie man das heutzutage nicht mehr tun würde", wie die Ministerin sagt, "also auf der großen Wiese mal ein paar zehntausend Wohneinheiten hinsetzen."

Vor den neuen Wohnungen in Stahlbeton hat sich Geywitz ein entstehendes Apartmenthaus für Studierende angeschaut, auch seriell gebaut - aber mit Holz. Beide Projekte sind eingebettet zwischen bestehenden Wohn- und Gewerbegebäuden. Es soll ja auch möglichst wenig kostbare Naturfläche zugebaut werden. Geywitz sagt: "Was da deutlich wird, ist, dass es selbst in einer extrem dicht besiedelten Stadt wie Berlin noch Potenzial gibt, auch für Nachverdichtung, gerade auch seriell und modular."

Noch sei diese Bauweise bundesweit eine "eher kleinere Nische", räumt die Ministerin ein. Aber: "Wir sind sehr, sehr darum bemüht, dass das größer wird und wir auch die Geschwindigkeit und die Taktung dadurch erhöhen können."