SOLID BLOG : Quo vadis Bauindustrie? Corona und die Folgen

Karl-Heinz Strauss
© Thomas Topf

Mit rund 2,5 Millionen Beschäftigten und einem Gesamtumsatz von rund 300 Milliarden Euro im Jahr 2019 ist die Baubranche eine Schlüsselindustrie für die deutsche Binnenwirtschaft und volkswirtschaftlicher Motor des Landes. Bauen hat Tradition. Denn seit Tausenden Jahren baut der Mensch. Und Bauen hat Zukunft. Dabei ist eines ganz klar: Der digitale Wandel führt zu einem Paradigmenwechsel in der Baubranche. Durch die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung lassen sich Prozesse effizienter und transparenter gestalten, Kosten reduzieren, Ressourcen schonen, und Menschen von Routine­tätigkeiten entlasten. Hinzu kommen fortschreitende und prägende Megatrends wie Smart Cities, Urbanisierung und Green Building.

Beste Grundvoraussetzungen also für den langfristigen Erfolg einer Branche, die sich seit der Finanzkrise in den Jahren 2007 und 2008 auf einem stetigen Wachstumskurs befunden hat und als besonders stabil gilt. Doch mit der weltweiten Ausbreitung der Corona-Pandemie Anfang 2020 wurden die Karten neu gemischt. Für alle Branchen. Der sich wandelnden Bauindustrie mit vollen Auftragsbüchern und hoher Kapazitätsauslastung stand plötzlich eine globale Pan­demie gegenüber. Während die Folgen des Coronavirus mit ihrer Schnelligkeit und Härte das private und öffentliche Leben fast zum Stillstand gebracht haben, hat die Bauwirtschaft ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Der Baustellenbetrieb, Planungen, Ausschreibungen und Vergaben liefen in Deutschland größtenteils weiter. Gleichzeitig konnten Arbeitsplätze gesichert werden.

Konjunkturprogramme reichen nicht

Ein bewährtes Mittel, die Wirtschaft erneut anzukurbeln sind Großinves­titionen in die Infrastruktur im Rahmen von Konjunkturprogrammen – sowie im Bundesverkehrsplan 2030. Aber damit die Baubranche erfolgreich aus der Krise kommt, sind Konjunkturprogramme alleine nicht ausreichend. Wirtschaft und Politik müssen zusätzlich im engen Schulterschluss passende Lösungs­ansätze finden, um kommunale Haushalte zu stabilisieren und zu sichern, Verkehrs­infrastrukturen zu erhalten und die Wirtschaft und Verwaltung zu entbürokratisieren. Auch wenn die Baubranche die Folgen der Pandemie derzeit nicht so drastisch wie andere Wirtschaftszweige zu spüren bekommt und mittel- sowie langfristige Fundamentaltrends bestehen bleiben, hat das Coronavirus die aktuelle Situation, den Ausblick und die Planung verändert. Nun stellt sich die Frage: Welche Maßnahmen muss die Bauindustrie ergreifen, damit sie unter diesen völlig neuen Rahmenbedingungen ihre wirtschaft­liche Stabilität behält?

Strategien hinterfragen

Um als Gewinner bestmöglich aus der derzeitigen Ausnahmesituation hervorzugehen, braucht es vor allem Pioniergeist. Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette Bau müssen bestehende Strategien und Geschäftsmodelle grundlegend hinterfragen und den immensen Bedeutungsschub der Digitalisierung für sich nutzen. Nur so lässt sich die aktuelle Ausnahmesituation effektiv bewältigen. In Zeiten wie diesen profitieren vor allem jene Unternehmen, die zügig und konsequent strategische Maßnahmen setzen, die über das reine Überlebensmanagement hinausgehen. Digital vernetzte Lösungen sowie neue datenbasierte Geschäftsmodelle stehen dabei ganz klar im Fokus. Eine große Chance und Herausforderung zugleich. Zumal die deutsche Baubranche noch oft als Nachzüglerin in der Digitalisierung gilt – derzeit sind nur wenige deutsche Bauunternehmen in der Lage, den komplexen Kreislauf vollumfänglich zu bewältigen.

Mit Pioniergeist zum Vorreiter

PORR hat das Fundament schon vor Jahren gelegt und nimmt in der Digitalisierung der Baubranche heute eine Vorreiterrolle ein. Das beweisen wir mit BIM und LEAN Management Methoden immer wieder bei vielen Projekten. Wir setzen Bauvorhaben ganzheitlich um. Dank bestehender digitaler Prozesse und Systeme konnten wir auch in der Zeit, in der die Reisefreiheit und Mate­rialflüsse eingeschränkt waren, alle Herausforderungen gut meistern. Die Krise hat dennoch verdeutlicht, dass die gesetzten Maßnahmen im Rahmen unseres Transformationsprogramms PORR 2025 geschärft und beschleunigt werden müssen. Für die Steuerung von Heute bedeutet das vor allem Fokus auf Kosten­reduktion und Straffen der Organisation. Gleichzeitig wollen wir wachsen und vor allem Wachstumsthemen und Digitaltechnologien forcieren, um vermehrt sich bietende Chancen zu realisieren. Der Wettbewerbsvorteil, der daraus entsteht, bleibt dauerhaft erhalten. Die konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie auf die Bauindustrie sind derzeit nicht absehbar. Entscheidend ist aber, das Wesent­liche nicht aus den Augen zu verlieren. Denn es gibt auch eine Zeit nach Corona. Und der digitale Wandel im Bausektor ist bereits voll im Gange. Baubetriebe müssen die Zeichen der Zeit richtig deuten und schon heute an einer ausgereiften Digitalisierungsstrategie arbeiten.