SOLID Blog : Bei der Digitalisierung ist Hausverstand gefragt - und das hat radikale Folgen.

TP Pöll
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Übers Digitalisieren, zumal in der Bauwirtschaft, lässt sich trefflich philosophieren. Werden die Softwarepakete jemals passen? Wird die Schnittstellenproblematik gelöst? Setzen sich Produktdatenbanken durch oder funktioniert der Prozess von der anderen Seite her über einen produktneutralen sogenannten Merkmalserver? Werden Roboter unsere Straßen und Häuser bauen? Werden wir alle Verträge und Zahlungen nur mehr über Blockchain und Kryptowährungen abführen? Kommt die menschenfreie Baustelle?

Für alle diese Fragen und noch einige mehr könnte ich mit Fug und Recht plausible Szenarien zeichnen und mit den Ansichten und Gedanken seriöser Experten unterlegen.

Was heißt das für unser Leben?

Die entscheidende Frage aber ist wohl: was heißt das für unser Leben? Was heißt das für den Arbeitsmarkt und für die Konsequenz aus der Art, wie wir den Arbeitsmarkt, damit die Einkommen und unsere Familien und unser Leben steuern?

Elisabeth Biedermann von unserem Schwestermagazin factory hat sich kürzlich dazu kluge Gedanken gemacht - in voller Länge HIER nachzulesen.

Ihre These, kurz gesagt: Die Digitalisierung wird unseren Arbeitsmarkt zerlegen und im besten Fall auch wieder neu zusammensetzen. Falls uns aber die Arbeit wirklich ausgeht, brauchen wir von irgendwo her Geld, um a) am Leben bleiben und vor allem b) weiter konsumieren zu können. Dieses Geld wird, schreibt Biedermann, aus einem Bedingungslosen Grundeinkommen kommen müssen und dieses könnte man wiederum aus einer Datentransfersteuer generieren. Diese wäre quasi eine digitale Form der - je nach politischem Glaubensbekenntnis - Wertschöpfungsabgabe oder Maschinensteuer.

Optimismus in zwei Varianten

Biedermann hat Recht - und denkt trotzdem möglicherweise nicht weit genug.

Denn wenn es konsequent digital läuft, wird sich diese Wertschöpfungsabgabe nicht per Gesetz und politisch erzwingen lassen. Gegen Maschinen und Algorithmen kann man nämlich zum Beispiel nicht streiken. Und wenn Computer ihre zarten Schritte auf dem Weg des autonomen Lernens fortsetzen, stellt sich irgendwann die Frage, wer da sinnvoll eingreifen soll, kann und ob man dem- (oder der-)jenigen vertrauen kann.

Bleibt als wirtschaftspolitische Option Kooperation statt Konfrontation - also freiwilliges Teilen und Verteilen statt gegenseitigen Misstrauens und Neids. Das ist allerdings nicht gerade das, wonach es derzeit politisch aussieht, weder hierzulande noch in weltwirtschaftsbestimmenden Teilen dieses Planeten.

Warum ich trotzdem optimistisch bin, kann ich nicht wirklich begründen. Aber ich sehe zwei Varianten.

Comeback des Hausverstands oder radikale Kreativität

Die langweilige Vision: so richtig perfekt und restlos fehlerfrei wird das ganze Digitalisieren nie funktionieren, der Hausverstand wird auf eine neue Art bestimmend werden und wir werden das Ding schon schaukeln und halt weiterhin den Kuchen vergrößern und um die Aufteilung der Stücke Auseinandersetzungen führen.

Die spannendere: Es entwickelt sich eine Welt, die die Kraft hat, sich grundlegend zu verändern - und zwar abseits der althergebrachten Linien von rechts vs. links etc.

Dabei kann die Digitalisierung nun wiederum eine positive Rolle spielen - nämlich indem sie Platz schafft für echtes und kreatives Nachdenken und Kommunizieren, für eine Verbindung von Technik und Kunst, wie sie zuletzt die Renaissance gekannt hat.

Brunelleschis Kuppel in Florenz als Vorbild

Damals sind viele der bedeutendsten und beeindruckendsten Kunst- und Bauwerke entstanden, teilweise - wie etwa der Kuppelbau des Doms von Florenz - durch atemberaubend erschaffene architektonische Konstruktionen.

Solche Konstruktionen sehen wir auch jetzt wieder und die Digitalisierung des Bauwesens spielt dabei eine herausragende Rolle. Damit lässt sich staunen, Geld verdienen ("geschürft" wird es ja jetzt schon, dazu braucht man keine Bitcoins, das passiert bei jedem Kredit in herkömmlichen Währungen durch die Banken) und Wirtschaft am Leben halten.