Forschung : Wie der Seeigel zum Vorbild für nachhaltiges Bauen wurde

Seit rund zehn Jahren arbeiten an der Universität Stuttgart zwei Institute zusammen, um Bauen nachhaltiger zu gestalten – ohne dabei auf die Ästhetik in der Architektur zu vergessen. Das Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen sowie das Institut für computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung konzentrieren sich dabei auf die Gebiete Bionik, Leichtbau und Digitalisierung von Fertigungsprozessen.

Wie sich die Architektur die Natur zum Vorbild nehmen kann, ist dieses Jahr bei der Bundesgartenschau Heilbronn, die von Mitte April bis Anfang Oktober läuft, zu sehen. Hier haben die beiden Institute der Uni Stuttgart zwei Pavillons aufgestellt, die exemplarischer für die Ziele ihrer Forschung nicht sein könnten.

Roboter bauen Pavillon wie 3D-Puzzle

Einer der beiden Pavillons ist in einer neuartigen Holzleichtbauweise entstanden. Er setzt bei einer Spannweite von 30 Metern und Höhe von sieben Metern an drei Punkten auf und kommt auf eine Gesamtfläche von 550 Quadratmetern ganz ohne Stützen aus.

Vorbild für die Struktur war der Sanddorn, eine Unterart des Seeigels. Das Schalentragwerk besteht aus 376 Holzkassetten, die in einem robotischen Vorfertigungsprozess vollautomatisiert hergestellt wurden. Sie sind hohl, also besonders materialeffizient. Zwei kooperierende Roboter steckten die Holzkassetten wie ein 3D-Puzzle zusammen und brauchten dafür nur sieben Minuten. Der gesamte Bau forderte von einem kleinen Team aus drei Arbeitern nur zwölf Tage. Die Natur dient hier als Vorbild für Materialeffizienz und Leistungsfähigkeit.

https://youtu.be/cfbAoSrnxI4

„Wir haben dabei einen neuen Architekturprozess entwickelt, der Entwerfen und Fertigen von Beginn an zusammen denkt“, sagt Achim Menges, Professor am Institut für computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung. Seit diesem Jahr gibt es auch einen neuen Exzellenzcluster „Integratives Computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur“ an der Uni Stuttgart.

„Neuer Architekturprozess“

Der zweite Pavillon besteht ausschließlich aus Glasfasern und Kohlestofffasern. Auch diese Faserverbundkomponenten wurden robotisch gefertigt. Die 60 Bauteile konnten dabei an die verschiedenen statischen Anforderungen angepasst werden, ohne dass dafür extra Formen benötigt wurden. Das Resultat ist damit ein durchwegs digital konzipiertes Faserverbund-Bausystem mit einem Flächengewicht von nicht einmal acht Kilogramm pro Quadratmeter.

Beide Pavillons sollen ressourcen- und energieschonendes Bauen vorantreiben. Aber, so sagt auch Knippers: „Wir gehen noch einen langen Weg.“

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