SOLID 07/2018 : Private Public Partnership: der Zwang zur Innovation
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SOLID: PPP bedeutet einen gemeinsamen Weg der öffentlichen Hand mit einem privaten Unternehmen, Berater oder Dienstleister. Was finden Sie gut an PPP?
Arnold Vielgut: Planen und Bauen ist keine Kernkompetenz von Städten und Gemeinden. Ein PPP-Modell ermöglicht jedem Partner, sich auf sein Know-how zu konzentrieren und im Rahmen seiner Kompetenz professionell zu agieren. Dazu zählen aber auch Themen wie die Finanzierungsform, die Rechtsfragen oder die steuerlichen Aspekte. Die öffentliche Hand kennt ihren Bedarf – wie beispielsweise eine Schule als moderne Bildungseinrichtung funktioniert und bestellt die gewünschte Leistung. Die Stadt konzentriert bei solchen Modellen auf ihre Bauherrenrolle: Bildung und zeitgemäße Pädagogik sehen im Focus, Bauherren Agenden, Abwickeln und Organisieren. Rasche Umsetzung und Abdeckung des Bildungsbedarfes mit Qualitätssicherung. Auch im Infrastrukturbereich sehe ich Potential – eine Gemeinde holt sich private Kompetenz in der Straßenerhaltung und dem Betrieb.“
Was ist der wichtigste Part für ein erfolgreiches PPP?
Carl Thümecke: Die kompetente Vorbereitung des Projekts stellt sicher, dass der wesentliche Aspekt des Modells – die Partnerschaft – wirksam werden kann. In der Vorlaufzeit, die bis zu eineinhalb Jahren dauern kann, werden die technischen, wirtschaftlichen und juristischen Rahmenbedingungen für eine langfristige Partnerschaft gelegt. Da niemand seriös eine Prognose über mögliche Entwicklungen der Rahmenbedingungen oder der Anforderungen des Auftraggebers über die gesamte Laufzeit anstellen kann, müssen mit dem Modell die Rahmenbedingungen optimal festgelegt werden. Dazu zählen neben der planerischen Qualität wie auch der Bestellqualität des Bauherrn/Auftraggebers bzw. der öffentlichen Hand, natürlich ebenso der zugrunde liegende Vertrag. Daher sind technische, rechtliche Beratung notwendig wie auch natürlich die steuerliche Kompetenz. Von der Risikoanalyse gleich zu Beginn, über die Klärung der Schnittstellen zwischen Bau und Betrieb, bis hin zur Festlegung von Szenarien, falls die Partnerschaft doch in ´die Brüche geht´, muss alles mitgedacht werden. Wenn dies alles erfolgt und schriftlich festgehalten ist, kann es mit dem Bau los gehen.
Wie erleben Sie ihre Kollegen – die Architektenzunft – gegenüber dem Thema PPP?
Vielgut: Jene, mit denen wir gemeinsam entweder in Wettbewerben angetreten sind oder die wir zu einem Projekt dazu geholt haben, erleben wir als durchaus positiv, visionär und innovativ. Da wird bereits in der Entwurfsphase scharf nachgedacht, welche Aspekte quasi wem gehören, welches Risiko zu welchem Auftragnehmer wandert. Eine Entwicklung, die nicht so selbstverständlich ist. Unsere Arbeit ist geprägt von konstruktiver gemeinsamer Zusammenarbeit mit der Architektenschaft, wir haben ein gutes, partnerschaftliches Einvernehmen mit unseren Kollegen – was sowieso eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für Projekterfolge ist, nicht nur bei PPP Modellen.
Kann ein PPP-Modell die Lösung für eine Stadt sein, wenn sie kein Budget für das Projekt hat?
Vielgut: Das empfehlen wir auf keinen Fall. Das wird gerne kommuniziert, aber ist natürlich Unsinn. Der Unterschied zu konventionell aufgestellten Projekten ist, dass die öffentliche Hand von Anbeginn den Vorteil der gleichmäßigen Kostenverteilung hat. Ausgabenspitzen wie die Errichtungskosten, treffen die Kommune dann nicht – was im Sinne der Maastrichtkriterien ein wesentlicher Punkt ist. Aber es ist ein Irrglaube, anzunehmen, wenn ich ein Krankenhaus über PPP abwickle, erspare ich mir Geld. PPP-Modelle sind kein Allheilmittel – wo aus Gründen der Projektfeasibility ein herkömmliches Beschaffungsmodell versagt, versagt zumeist auch ein PPP-Modell. Doch im Gegensatz zu früher steht heute weniger das Finanzielle im Vordergrund, als die Betriebsebene, die als Knackpunkt für einen langfristigen Erfolg erkannt wurde.“
Ist ein PPP-Projekt im Vergleich zu konventionellen Projekten günstiger?
Thümecke: Wir haben bei den Campusprojekten der Stadt Wien die Erfahrung gemacht, dass die Besonderheit des PPP-Modells, dass der Architekt nur bis zur Einreichung die Möglichkeit hat, die Qualitäten ´seines Hauses´ zu definieren, zu einer besonderen Sorgfalt und ´Disziplinierung´ der Planung führen kann. Diese Qualität in der Vorbereitung führt zu einer höheren Sicherheit bei der Bestellung der PPP-Leistung und somit letztlich auch besseren. PPP-Modelle sind eine alternative Beschaffungsform für öffentliche Investitionen, die dann sinnvoll sind, wenn sie aus Gründen von Wirtschaftlichkeit und Risikoabwägung anderen Beschaffungsvarianten überlegen sind. Es muss jedoch jedes Projekt auf seine Wirtschaftlichkeit überprüft werden – das konventionelle und das PPP-Modell einander gegenübergestellt werden.“
Es gibt eine Vielzahl an international erfolgreichen Beispielen von Projekten, die mit einem PPP-Modell entwickelt wurden. Die Stadt Wien gilt mit ihren Campus-Plus-Projekten als Vorreiter in puncto PPP – wo liegen die Vorteile für die öffentliche Hand?
Vielgut: Wie schon erwähnt, die Stadt konzentriert sich in interdisziplinärer Zusammenarbeit vieler Magistratsabteilungen auf ihre Kernkompetenzen. Gerade bei der Stadt Wien ist lobenswert, dass es bereits eine eigene Abteilung gibt, die sich auf die Entwicklung der Schulen, die als Bildungscampus errichtet werden, konzentriert. Die im Rahmen der Vergabeverfahren eingereichten Projekte sind mit einem umfangreichen Qualitätenkatalog abgebildet, anhand dessen die öffentliche Hand klar ablesen kann, was sie bekommt. Und natürlich, nicht zuletzt sorgt das Service-level-Agreement dafür, dass sich die Stadt verlassen kann, dass sie die vereinbarte Qualität und Leistung erhält.
Vor kurzem wurde der Ruf nach einem EU-Regelwerk für die Abwicklung von PPP-Projekten laut – Ihrer Meinung nach notwendig?
Thümecke: Wozu soll das gut sein? Wir haben, glaube ich, schon genug Reglementierungen zu berücksichtigen. Ich denke, wenn ein rechtlicher und steuerlicher fitter Partner dabei ist, ist dies ausreichend. Aber natürlich, es gibt immer wieder Projekte, allerdings im Ausland, in Österreich sind mir keine bekannt, die schief laufen, die keineswegs wirtschaftlich sind bzw am Ende des Tages weit über Budget liegen. Die Ursachen hierfür sind wohl individuell verschieden, denn PPP garantiert keine risikofreie Projektabwicklung. Der Erfolg des Models setzt eine intensive und hochwertige Vorbereitung aller Beteiligten auf Seiten beider Partner voraus – wird dies vernachlässigt, rächt sich dies.“
Welches Modell empfehlen Sie – bzw. gibt es Modelle, die Sie für bestimmte Projekte nicht empfehlen würden?
Vielgut: Es gibt meiner Meinung nach nicht ´das richtige´ Modell. Für uns als Generalkonsulenten bedeutet eine derartige Gesamtprojektabwicklung die Bündelung aller Kräfte und die Steuerung der komplexen, technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte – wir übernehmen die Bauherrenberatung bis zur Einhaltung der Vergaberichtlinien und der Inbetriebnahme des Gebäudes. Meine Beobachtung ist, dass jedes Projekt einzigartig ist – mit kreativen Partnern entwickeln sich gute Diskussionen, Prozesse und Innovation entstehen, und das gefällt mir an dieser Art der gemeinsamen und partnerschaftlichen Projektentwicklung.
Arnold Vielgut
ist Ingenieurkonsulent für Geografie (Raumforschung und Raumplanung), Hochbauingenieur und Sachverständiger für Immobilien. Seine Schwerpunkte sind Projektentwicklung, Projektplanung und Projektmanagement wie auch Immobilienbewertung (Due Diligence-Prüfungen). Berufliche Erfahrungen sammelte er in der Architektur- und Landesplanung (NÖ Landesregierung), Projektentwicklung und Projektleitung. Seit 2000 ist er bei Vasko+Partner, seit 2013 Partner und geschäftsführender Gesellschafter.
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Carl Thümecke
ist Diplomingenieur für Wirtschaftsingenieurwesen – Bauwesen und seit 2009 im Projektmanagement von Vasko+Partner vornehmlich für Bildungs-, Sozialeinrichtungen wie Hochschulen und Geriatriezentren zuständig. Gemeinsam mit seinem Team bringt er seine Erfahrungen in der Abwicklung komplexer Projekte, aktuell in die Projektabwicklung von PPP-Modellen ein.