Immobilien : Polnischer Gewerbeimmobilienmarkt erholt sich

Polen Warschau
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In Polen ist das Transaktionsvolumen bei Handels-, Büro- und Lagerflächen 2011 laut den Immobilienberatern von Cushman & Wakefield auf rund 2,5 Mrd. Euro geklettert (+30 % gegenüber dem Vorjahr). In den letzten Monaten gab es kaum nennenswerte Transaktionen, was den Unsicherheiten in der Eurozone und in der Entwicklung der Weltwirtschaft geschuldet sein dürfte. Developer sind beunruhigt, dass die Banken bei einer neuerlichen Krise ihre Kreditvergabebedingungen nochmals verschärfen könnten. Die Kreditinstitute haben ihre Zügel vor drei Jahren kräftig angezogen und seither nur wieder leicht gelockert. Im Rahmen der Baufinanzierung von Gewerbeimmobilien verlangen sie beispielsweise wesentlich mehr Vormietverträge als früher. Developer von Lagerhallen und Logistikparks müssen Mieter für mindestens 50 % der Fläche vertraglich nachweisen, verlautet aus Branchenkreisen. Die mit Abstand meisten neuen Objekte entstehen daher maßgeschneidert nach individuellen Kundenbedürfnissen (built-to-suit; BTS).

Beflügelt von der guten Wirtschaftsentwicklung haben Bauentwickler 2011 in den Vorjahren eingefrorene Projekte wieder reanimiert. Bei plangemäßer Durchführung wird sich dadurch der Bestand an Handelsflächen 2012 um rund 0,8 Mio. m2 ausweiten. Besonders stark in diesem Segment entwickelten sich 2011 Handelsparks in Randzonen größerer Agglomerationen. Daher konzentrieren sich einige Investoren auf kleinere Handelsobjekte mit einer Nutzfläche von maximal 5.000 m2. Nach den Plänen der Developer werden 2012 die meisten neuen Büroflächen in Warschau entstehen (schätzungsweise 254.000 m2). Das wäre mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Allein die vier größten Projekte dort 2012 - Wilanow Office Park, Senator, Green Corner und die erste Phase des Business Garden - summieren sich auf eine Gesamtfläche von über 100.000 qm. In Wroclaw wollen LC Corp, Skanska Property, Vantage Development, Verity Development und andere insgesamt knapp 77.000 m2 moderne Büroflächen bauen. Auch das Ballungsgebiet Gdansk/Sopot/Gdynia, wo noch Nachholbedarf in der Bürokategorie A besteht, rückt zusehends in den Blickpunkt der Investoren. In den nächsten Monaten sollen dort zwei weitere Gebäude des Olivia Business Centre, das erste Gebäude des Baltic Business Centre, Opera Office sowie zwei Gebäude im Bürozentrum Garnizon zur Nutzung freigegeben werden. Mit Alchemia und Neptun sollen 2013 und 2014 zwei weitere Bürokomplexe das Stadtbild bereichern.

Das Transaktionsvolumen bei Gewerbeimmobilien ist 2011 insgesamt auf 2,5 Mrd. Euro angestiegen. Das Ergebnis bedeutet zwar ein Plus um knapp ein Drittel gegenüber dem Vorjahr, bleibt aber etwas hinter den noch vor einigen Monaten vorherrschenden Erwartungen zurück, die mehrheitlich bei 3 Mrd. Euro lagen. Der Bürosektor verzeichnete dabei mit +87 % den größten Sprung, bei Handelsflächen waren es +18 %. Zu den größere Projekten im Handelssektor zählten der Kauf des Warschauer Handelszentrums Promenada durch Atrium European Real Estate (vormals Meinl European Land) sowie der Erwerb des europäischen Anteils des Immobilienportefeuilles von Europolis im Zuge von dessen Übernahme durch den österreichischen Immobilienkonzern CA Immo. Allianz will sich für rund 40 Mio. Euro den Bürokomplex Platinum Business Park im Warschauer Stadtteil Mokotow einverleiben.

Um 23 % eingeknickt ist dagegen das Transaktionsvolumen bei Lagerflächen. Dabei habe die Nachfrage nach Lager- und Produktionsflächen in den ersten Monaten des Jahres noch angezogen, berichten Branchenkreise, auch wenn sie vom Niveau der Vorkrisenjahre 2006/07 noch weit entfernt gelegen habe. Mit dem Bau von 32.100 m2 neuer Lagerfläche im Panattoni Park in Radomsko für Manuli Rubber Industries, 27.000 m2 in Goodman Krapkowice für Metsa Tissue, 26.900 qm im Wroclaw Logistics Centre für TJX Europe und 8.000 m2 in Goodman Legnica für Case Tech gab es in der 1. Jahreshälfte 2011 noch eine Reihe größerer BTS-Projekte. Mit dem Prologis Park Wroclaw V (20.000 m2) entsteht zurzeit noch ein weiterer großer Lagerkomplex im Großraum der niederschlesischen Metropole. Mitte Dezember hat Ikea sein um 47.000 qm und ein vollautomatisches Silolager erweitertes, regionales Distributionszentrum bei Piotrkow Trybunalski in Zentralpolen in Betrieb genommen. Anhaltende Probleme im Euroraum und die unsichere Entwicklung der Weltwirtschaft lassen die Investoren aber wieder stärker zögern.

Der kumulierte Lagerflächenbestand summierte sich Ende September 2011 landesweit auf rund 6,76 Mio. m2. Von den weiteren 0,36 Mio. m2, die sich zu diesem Zeitpunkt in Bau befanden, wurden einige Flächen noch vor Jahresende zur Nutzung freigegeben, so dass sich der Bestand 2011 gegenüber dem Vorjahr um etwa 5 % ausgeweitet haben dürfte. Die größten Player am Markt sind Prologis, Panattoni, Segro, AIG/Lincoln und Europolis.Der Markt für Gewerbegrund tendiert in der Woiwodschaft Mazowieckie am stabilsten. Schon während der Krise Anfang 2009 schwankten dort die Grundstückspreise nur geringfügig. Da viele begehrte Baugrundstücke im Umfeld größerer Städte bereits belegt beziehungsweise relativ teuer sind, kaufen einige Investoren verstärkt landwirtschaftliche Flächen an Stadträndern, wo zum Teil gute Verkehrsanbindungen in die Stadtzentren bestehen. Denn ausgewählte Agrarflächen können auf Antrag als Baugrund vorqualifiziert und später umgewandelt werden. Allerdings dauert dieser Prozess mehrere Jahre.

2011 hat die Agentur für landwirtschaftliche Liegenschaften (ANR) über 125.000 ha Agrarland verkauft, 30 % mehr als 2010. Die Preise dafür sind im selben Zeitraum im Schnitt schätzungsweise um 14 bis 16 % gestiegen. Dennoch ist die Preisdifferenz zu Baugrund weiterhin beträchtlich, im Umfeld der Landeshauptstadt vermutlich um den Faktor 8 bis 9. Auch von Stadt zu Stadt bzw. Region zu Region sind die Unterschiede groß. Für 1 m2 Baugrund zahlten Developer von Handelsflächen in (außerhalb von) Warschau 2011 zwischen 300 und 600 (120 und 450) Euro, Developer von Büroflächen 300 bis 850 Euro. In Krakow waren die Preise dagegen um gut die Hälfte niedriger.

Leerstände und Baukosten haben Experten zufolge den größten Einfluss auf die Miethöhe, die im 1. Halbjahr 2012 etwa auf dem Niveau des Vorjahrs verharren soll. Moderate Steigerungen sind indes in Gegenden mit niedrigen Leerständen möglich. Im Großraum der Landeshauptstadt, wo die Leerstandsquote bei Lagerraum laut Jones Lang LaSalle im 3. Quartal 2011 noch bei 18 bis 20 % lag, finden sich potenzielle Mieter daher in einer relativ guten Verhandlungsposition. Innerhalb der Stadtgrenzen Warschaus beträgt diese dagegen - wie im Landesmittel - nur circa 11%, in Gdansk, Poznan und im niederschlesischen Raum sogar nur 5 %. In einigen besonders begehrten Lagen bei Wroclaw haben die Mieten, die gegen Jahresmitte 2011 teilweise bei unter 2,50 Euro pro m2 lagen, seither wieder spürbar angezogen.