Die Hanffaser ist vielseitig und kann für Bodenplatten, Ziegel oder Dämmwolle verwendet werden. Damit aus dem Hanf ein Baustoff wird, wird er zu sogenanntem Hanfbeton verarbeitet. Dabei handelt es sich nicht um Beton im eigentlichen Sinne, sondern um ein Gemisch aus Hanf-Schäben, Kalkstein und Wasser. Danach kann der Hanfbeton in Formen gegossen und somit als Ziegel oder Bodenplatte verwendet werden – mit Leichtigkeit, denn der Baustoff wiegt nur ein Sechstel des Gewichts herkömmlichen Betons. Gleichzeitig ist das Material feuersicher und ein hervorragender Wärmespeicher. Während die Wärmeleitfähigkeit eines herkömmlichen Ziegels bei rund 0,5 liegt, punktet der Hanfziegel mit einem Wert von 0,07.
Neben der Wärmeleitfähigkeit spricht auch das Feuchtigkeitsverhalten für den Naturstoff Hanf. Als Dämmmaterial absorbiert Hanf das Wasser aus der Luft und reguliert so die Luftfeuchtigkeit im Innenraum. Diese Eigenschaft wirkt sich positiv auf die Bewohner und negativ auf Schimmel aus. Schimmelbildung kommt in Gebäuden mit Hanfdämmung sehr selten vor. Die Öko-Dämmung ist zwar mit höheren Investitionskosten verbunden, rentiert sich dafür aber durch die hohe Energieeinsparung von rund 70 Prozent.
In der Anwendung verhalten sich Hanfziegel nicht anders als normale Ziegel. Sie können mit herkömmlichem Mörtel verarbeitet werden, sodass für den Bauträger kein zusätzlicher Aufwand anfällt. Mike Mészáros, Geschäftsführer des Vorarlberger Hanf-Vertriebs Hanftopia, setzt beim Baustoff der Zukunft auf Hanf: „Ein klarer Vorteil von Hanf ist die Nachhaltigkeit des Rohstoffes. Das zieht sich vom Anbau bis ins Recycling.“ Beim Wachstum nimmt die Hanfpflanze Pestizide aus dem Boden auf und entgiftet ihn damit. Der Hanf wirkt somit als eine Art Filter für stark beanspruchte Böden. Dieser Nutzhanf eignet sich nicht mehr für die Weiterverarbeitung als Lebensmittel, weshalb er als Naturbaustoff genutzt werden kann. „Muss ein Gebäude abgerissen werden, entsteht normalerweise sehr viel Sondermüll. Da es sich bei Hanfbeton aber um einen Naturstoff handelt, kann dieser problemlos entsorgt oder auch recycelt werden“, erklärt Mészáros im Gespräch mit HLK. Für Unternehmen entfallen damit die Sondermüllkosten. Durch das geringe Gewicht der Hanfziegel kann das Material auch besonders unkompliziert transportiert werden. Einen weiteren Vorteil hebt der Hanf-Experte noch hervor: „Insekten mögen den Geruch der Hanfpflanze nicht. Dadurch sind Hanfbaumaterialien insektenresistent.“ Auch Nagetiere meiden Hanf und nisten sich damit nicht in Wänden aus Hanfziegeln ein.
In Europa wird derzeit stark an der Entwicklung von Nutzhanf gearbeitet. Es werden besonders faserige Sorten gezüchtet, die vor allem für die Textil- und Bauindustrie geeignet sind. Rund 97 Prozent der Pflanze können für verschiedene Industriebereiche genutzt werden. Und: In kurzer Zeit viel Rohstoff zu erzeugen ist kein Problem. Eine Hanfplantage kann nach rund drei Wochen abgeerntet werden. Neben Ziegeln können aus den Fasern auch Dämmplatten, Stopfwolle, Vlies und Kalfaterband hergestellt werden.