Interview : „Frühere Bauprojekte werden so gut wie nie analysiert“

Welches Problem in der Bauwirtschaft gehen Sie mit Ihrer Software an?

Fritz Cramer: Wir haben gesehen, dass von allen Stakeholdern im Bauprozess das Bauunternehmen die geringsten Margen erzielt, gleichzeitig aber das höchste Risiko hat. Dieser Problematik wollten wir auf den Grund gehen und haben gesehen, dass wir besonders im Ausschreibungs- und Vergabeprozess enormen Einfluss auf Marge und Risiko nehmen können. Genau genommen sind es drei Probleme, die uns wir im ersten Schritt angehen. Zum einen ist da die Ausgangsproblematik: Ein Bauunternehmen schickt hunderte Ausschreibungen per E-Mail an Handwerksbetriebe und hofft dann, in etwa sechs Wochen mindestens zwei bis drei Angebote in jedem Gewerk auf dem Tisch zu haben. Doch die Auftragsbücher sind voll und die Handwerksbetriebe haben enormen Aufwand, Anfragen hinsichtlich Attraktivität schnell zu bewerten und Angebote zu erstellen. Der Ausschreibungsprozess gestaltet sich so als mühselig und langwierig. In unserer Software werden alle diese zu erledigenden Prozesse zusammengebracht.

Und die anderen beiden Probleme?

Cramer: Zum einen sind es die Engpässe bei der Akquise neuer Handwerksbetriebe. Wir bauen eine eigene Datenbank von qualifizierten Betrieben auf, die wir unseren Kunden zur Verfügung stellen. Die bereits vorhandenen Handwerksbetriebe der Kunden sind natürlich nicht für andere zugänglich. Und schließlich gibt es noch das Problem der Datenauswertungen und darauf basierten Entscheidungen. Daten aus vorherigen Projekten werden so gut wie nie analysiert – dabei lässt sich hier feststellen, was das letzte Mal schiefgelaufen ist, was besser gemacht werden kann.

In der Vergangenheit wurden Sie bereits mit einem digitalen Marktplatz verglichen, auf dem Generalunternehmer auf Handwerksbetriebe treffen können. Doch hält dieser Vergleich?

Cramer: Nein, ein Software Management System für Bauunternehmer ist kein offener Marktplatz. Es geht vielmehr darum, die Prozesse der drei genannten Kerngebiete auf einer einzigen Plattform zu digitalisieren. Damit richten wir uns an Bauunternehmen, Architekten, Planungsbüros und Projektentwickler. Zusätzlich begleiten wir unsere Kunden während der Vergabeprozesse, der Akquise von Handwerksbetrieben und der späteren Datenauswertung.

Das heißt, die Mitwirkung von Cosuno endet nicht mit der Ablieferung der Software.

Cramer: Genau, unsere Kunden bezahlen unseren Softwarenutzung monatlich, eine Bindung gibt es dabei nicht. Zusätzlich kümmern wir uns aber auch um die Handwerksbetriebe und das ist sehr wichtig. Für die ist die Plattform kostenlos, sie bekommen hier auf einer einzigen Plattform alle wichtigen Informationen zu Aufträgen, können Preisangebote abgeben, ihr Anfragen und Bescheinigungen managen und eine Übersicht über ihre Projekte behalten. Langfristig kommen auch für die Handwerksbetriebe weitere Funktionen hinzu. Uns ist besonders wichtig, die Kollaboration und Geschäftsbeziehung zu erleichtern und hierbei beide Perspektiven einzunehmen.

Wie sind Sie auf die Marktlücke gekommen?

Cramer: Wir haben ein Jahr lang Peri, ein Unternehmen für Schalungstechnik und Gerüste, im Rahmen eines Digitalprojekts beraten. Da haben wir die Prozesse vor Baubeginn gut kennengelernt und gesehen, dass es keine modernen Cloud-Software Lösungen gibt, die sie anwenderfreundlich digitalisiert.

Es gibt Ihr Start-up jetzt seit Anfang des Jahres und vor kurzem haben Sie eine Finanzierungsrunde im einstelligen Millionenbereich abgeschlossen. Was ist der Stand der Dinge und wie geht es weiter?

Cramer: Mittlerweile sind wir ein Team aus zehn Leuten. Wir haben 15 Pilotkunden, die schon Bauprojekte über uns ausschreiben und verwalten. Die Software kann deshalb jetzt schon offiziell erworben werden – viel schneller als gedacht, weil alles so gut lief. Wir nehmen also jetzt schon neue Kunden auf.

Sind die Reaktionen aus der Branche durchwegs positiv? Der Bau ist in der Digitalisierung schließlich nicht immer ganz vorne mit dabei.

Cramer: Wir wurden bisher eigentlich immer mit offenen Armen empfangen. Die Kunden zeigen sich offen und sind schnell bereit, uns zu testen. Das könnte daran liegen, dass es einfach wenige Start-ups in der Branche mit wirklich modernen Cloud-Lösungen gibt, die sich mit den Bedürfnissen der Kunden beschäftigen. Es ist also kein Markt, der übersättigt an Digitalisierungsprodukten ist, wie es in anderen Branchen schon eher der Fall sein kann.

Wie sieht es mit österreichischen Kunden aus?

Cramer: Da wir noch sehr jung sind, waren wir bisher hauptsächlich auf Deutschland fokussiert. Unser jetziger Fokus liegt aber ganz klar auf der gesamten DACH-Region. Wir starten derzeit die ersten Gespräche mit Kunden aus Österreich und der Schweiz. Deshalb freuen wir uns auch über jedes österreichische Unternehmen, das uns proaktiv anspricht.