Bauschäden : Der Schaden am Kühlhaus
Jahrelange Undichtheiten am Flachdach zum 20.000 Quadratmeter Prager-Kühllager. Dazu eine Flachdachsanierung vor neun Jahren, und immer noch 20 Wassereintritte. Das klingt auf den ersten Blick nach kräftigem Bauschaden.
Der Eigentümer möchte gegen die Abdichtungsfirma vorgehen, benötigt daher ein Gutachten zu Ursachen und Ausführungsfehlern. Gleich vorweg: Tatsächlich liegen zahlreiche Fehler vor, es ist die damalige Sanierung sogar so zu bewerten als hätte sie nie stattgefunden.
Regenwasser ist nicht das Problem
Anschlüsse sind undicht, bahnenweise läßt sich die Sanierungslage ablösen, Blechanschlüsse sind falsch verlegt. Aufgrund ewiger Reparaturversuche ist die bituminöse Dachhaut bereits bis zu acht Zentimeter dick. Da tut sich das Wasser schwer noch einen Durchgang zu finden. Regenwasser ist hier nicht das Problem.
Während die durchschnittliche Jahres-Außentemperatur bei 9°C und 80% relativer Luftfeuchte liegt, ist innen von gekühlten 5°C bei 95% auszugehen. Die erste Vermutung geht demnach in Richtung Tauwasserschäden.
Bauphysikalisch betrachtet
Die Suche nach dem Taupunkt beginnt. Kühlhäuser sind meist Durchgangslager, Türen werden geöffnet, und durch die Luftdruckverhältnisse gelangt permanent feucht-warme Luft nach innen. Diese kühlt ab, kondensiert, friert. Aber es sind Schimmelschäden und Wassereintritte nur aus dem Deckenbereich feststellbar. Oben ist es wärmer, warum also nur Tauwasserschäden aus der Deckenkonstruktion?
Mittels bauphysikalischer Berechnungen wird der Sommerfall betrachtet. Während innen konstant +5°C vorliegen, wirken von außen etwa 20°C mit 85% relativer Luftfeuchte. Demnach innen ein absoluter Wassergehalt von 6,5g/m3 Luft gegen außen 14,7g/m3 antritt. Dazwischen liegt die Gebäudehülle, das Dach.
Jetzt zu den schwer überschätzten und heiß diskutierten Begriffen wie Dampfbremse, Dampfsperre und Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl. Beim Normalgebäude ist von einem winterlichen Dampfdruckgefälle in Richtung Außenklima auszugehen. Bei der Diffusion ist die treibende Kraft der absolute Feuchtegehalt der Luftschichten. Der Wärmestrom spielt keine Rolle. Aus eigener Erfahrung zu mehr als 6000 Bauschäden werden „sd-Werte“ - diffusionsäquivalente Luftschichtdicke - dampfbremsender Schichten extrem überschätzt.
Gefährliche Schwachstellen
Um ein Vielfaches gefährlicher sind Luftundichtheiten, Luftbrücken, auch „konvektive Wärmebrücken“ genannt. Sie sind die konstruktiv-offenen Türen welche feucht-warme Luft einströmen lassen. Aufgrund der „kühlhausbedingten“ Dampfdiffusionsumkehr ist mit einem Feuchtestrom von außen nach innen zu rechnen.
Demnach geht die weitere Suche mit Luftdichtheitsprüfungen weiter. Da findet sich dann auch prompt die Ursache. Wie beschrieben wäre oberstes Gebot die äußere „Luftdichtheit“, analog zur Winddichtheit. Und beides liegt hier nicht im Ansatz vor. Nach dem Prinzip der Überlappung sind die meisten Bauteile außen zwar schlagregensicher, aber nicht luftdicht. So kommt es zu einem Einströmen von feucht-warmer Außenluft in die Konstruktion. Die ohnehin fast feuchte-gesättigte Sommerluft unterkühlt und es kondensiert Wasser an den Bauteiloberflächen und an der Luft als Nebel aus.
Den Berechnungen nach entstehen drei Kondensationsebenen: An der Außenseite zwischen Abdichtung und Gefällebeton, an der Innenseite zwischen Luftschicht und abgehängten Deckenpaneelen sowie an der Untersicht der Paneele. Das Dach muss abermals saniert, die Wärmedämmung wesentlich verbessert werden.
Raten Sie, ob die damals alleine sanierende Firma diese bauphysikalischen Besonderheiten hätte berücksichtigen und anbieten müssen.