Infrastruktur : China baut das U-Bahn-Netz aus

not found
© Industriemagazin Verlag GmbH

Beijing setzt auf den verstärkten Ausbau des U-Bahn-Netzes und will bis 2020 umgerechnet in großem Stil in Metrosysteme investieren. Wie in vielen asiatischen Großstädten leidet auch in China der städtische Verkehr unter massiven Problemen, hauptsächlich durch den stark steigenden Bestand privater Pkw. Um die wachsenden Zulassungszahlen zu beschränken, wurde in Beijing ein System zur Verlosung von Nummernschildern eingeführt, und in Shanghai werden die Plaketten zu Preisen von bis zu 55.000 Renminbi Yuan (RMB; etwa 8.500 USD; 1 USD = 6,48 RMB) verkauft. Dennoch stehen die Metropolen vor dem Verkehrskollaps.

Der städtische Nahverkehr war lange ein Stiefkind der chinesischen Mobilitätspolitik. Mittlerweile hat der Urbanisierungsgrad des Landes die 50%-Marke überschritten, und den Planern ist klar, dass sie dem wachsenden Verkehrschaos nur mit dem forcierten Ausbau des U-Bahn-Netzes Herr werden können. Zweifellos werden die kommenden Jahrzehnte im Zeichen des Metrobaus stehen, da das Land insgesamt horrende Summen für die Erweiterung des bestehenden Netzes und den Neubau ausgeben will und muss.

Die Stadt mit dem umfangreichsten U-Bahn-Netz in China ist Shanghai mit einer Länge von mehr als 500 km. Pro Tag werden mehr als 6 Mio. Passagiere gefördert, doch das sind nur etwa 35 % des gesamten öffentlichen Nahverkehrs. In der chinesischen Presse wird darauf verwiesen, dass in vielen anderen Städten der Welt dieser Prozentsatz weitaus höher liegt. Als Beispiele werden unter anderem Tokio (86 %) und Paris (70 %) genannt. Alleine Shanghai wird sein U-Bahn-Netz bis 2020 auf 1.000 km erweitern.

Die Aussichten für den U-Bahnbau in China werden daher als "Goldenes Zeitalter" bezeichnet. Aktuell wird das U-Bahn-Netz in 29 Großstädten entweder erweitert oder neu gebaut. Weitere neun Kommunen haben Anträge auf einen Metro-Bau gestellt, warten aber noch auf eine Genehmigung. Entsprechend steigen die Investitionen in die U-Bahn seit vielen Jahren erheblich. Wurden 2005 nur 53 Mrd. RMB in den Ausbau des Netzes gesteckt, waren es 2010 schon 235 Mrd., und für 2011 werden die Ausgaben auf mindestens 260 Mrd. RMB geschätzt. Das gesamte U-Bahnnetz in China umfasste 2010 etwa 1.500 km mit rund 6.000 Waggons.

Künftig soll noch sehr viel mehr Geld in die Netze strömen. Die Planung sieht vor, in die U-Bahn-Strecken bis 2015 etwa 1.315 Mrd. RMB zu investieren. Die genehmigten Vorhaben sollen in 29 Städten durchgeführt werden und umfassen etwa 120 Einzelprojekte. Alleine 2012 dürften die Investitionen auf mindestens 400 Mrd. RMB steigen. Der Umfang des Streckennetzes soll 2020 etwa 7.400 km erreichen. Die Investitionssumme für den Neubau von knapp 6.000 km bis dahin wird mit 3.000 Mrd. RMB angegeben. Im Durchschnitt müssten zur Erreichung dieses Zieles jährlich neue Strecken im Umfang von 750 km gebaut werden. Dies entspräche Investitionen zwischen 375 Mrd. bis 450 Mrd. RMB pro Jahr.

Insgesamt kommen wohl 230 chinesische Städte für einen U-Bahn-Bau in Frage. Die Planer rechnen damit, dass bis zum Jahr 2050 insgesamt 290 Vorhaben durchgeführt werden. Das Streckennetz der U-Bahnen soll dann einen Umfang von 11.700 km erreichen. Rein rechnerisch müsste das "Reich der Mitte" bis dahin etwa 7.000 Mrd. RMB in die Metro investiert haben. Für den Bau eines U-Bahn-Kilometers werden derzeit etwa 600 Mio. RMB angesetzt, während sich die notwendige Investition für oberirdisch verlaufende Metros auf 300 Mio. RMB halbiert.

China ist auch zu einem der weltweit größten Importeure von Schienentechnik geworden. Alleine 2010 importierte das Reich der Mitte rollendes Material im Wert von 2.011 Mio. $ - ein neuer Höchststand. 2011 ergab sich zwar ein leichter Rückgang um 1,5% auf 1.981 Mio. $, der aber im Wesentlichen auf verringerte Einfuhren von Bahndienstfahrzeugen zurückzuführen war. Wichtigster Lieferant war 2011 Deutschland mit einem Anteil von 38 % an den chinesischen Gesamtbezügen von Schienentechnik vor Japan (24) und Italien (8 %).