SOLID-Rechtsfragen am Bau : Baurecht: Zweiter Stichtag mit Folgen

Am 15. Juni ist der entscheidende Tag. Bis dahin soll der Auftraggeber seine Arbeiten erledigt haben. Dazu gehört auch der Einbau von Turbinen. Diese wurden aber vom Lieferanten nicht rechzeitig geliefert, da er nachweislich einen Stromausfall ins einem Werk erlitt. Dafür ist der Energieversorger zur Verantwortung zu ziehen. Doch die Sache mit dem Turbineneinbau verzögerte sich logischerweise. Vierzehn Tage später konnte erst begonnen werden. Der Auftragnehmer beeilte sich, was ging. Immerhin baute er zehn Tage später die Turbinen ein. Im Vertrag war jedoch eine Terminpönale von 1000 Euro pro Tag vereinbart.
Somit stünden jetzt 10.000 Euro an, die der Auftragnehmer dem Auftraggeber bezahlen muss. Doch in diesem Fall muss der Auftragnehmer nicht bezahlen: ihn und seine Erfüllungsgehilfen – falls er solche hat – trifft am Verzug nämlich kein Verschulden. Und das ist einer der wichtigen Punkte am Pönalrecht, die Bauleiter auf jeden Fall wissen müssen. Hier eine kurzer Übersicht über pönalrechtliche Bestimmungen:
6. Pönale auch bei Rücktritt vom Vertrag
Auch dann, wenn der Auftraggeber wegen der Terminverzögerung oder anderer Vertragsverstöße vom Vertrag zurücktritt – und dieser damit beseitigt wird – verfällt die Pönale trotzdem: und zwar nach der Rechtsprechung von dem Zeitpunkt ab dem Eintritt des Verzuges (Termin) bis zum Ablauf einer dem Auftragnehmer gesetzten angemessenen Nachfrist für die Erfüllung.
7. Pönale nur bei Verschulden
Da es sich bei der Pönale vom Typus her um einen Schadenersatz handelt, kann sie auch nur verfallen (das ist der korrekte Begriff für das Schlagendwerden der Pönale), wenn den Auftragnehmer am Verzug ein Verschulden trifft. Verschulden ist eben eine der Voraussetzungen für den Schadenersatz. Die Pönale ist daher verschuldensABhängig. Das Problem hierbei: Will der Auftragnehmer am Verzug nicht schuld sein, so muss er dies beweisen.
ACHTUNG: Die Vereinbarung einer verschuldensUNabhängigen Pönale ist möglich und zulässig. Achtung also auf die beiden Buchstaben „U“ und „N“ beim Durchlesen eines Vertragsentwurfes, der einem zur Unterschrift vorgelegt wird.
8. Pönale und Schadenersatz
Ist der dem Auftraggeber durch die Terminüberschreitung (den Verzug) tatsächlich eingetretene Schaden höher, als der Betrag, den dieser als Pönale vom Auftragnehmer erhält, wird es tückisch. Dann kann der Auftraggeber den die Pönale übersteigenden Schaden geltend machen. Allerdings ganz leicht ist das nicht: der Auftraggeber muss Betrag nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen beweisen – er muss also nachweisen können, dass er tatsächlich einen über die Pönale hinausgehenden Schaden hat.
Streitfrage Auftragssumme oder Schlussrechnungssumme: Bei in Prozent vom Auftragswert vereinbarten Pönalen wird immer wieder diskutiert, ob als Berechnungsgrundlage für die Pönale die Auftragssumme bei der Auftragserteilung oder aber die abgerechnete Schlussrechnungssumme gilt. Die Summen können durch Zusatzaufträge gravierend voneinander abweichen. Die Entscheidung ist grundsätzlich eine Frage der Vertragsauslegung und kann nicht generell und nur in Ansehung der konkreten Vertragsbestimmungen beantwortet werden. Aber es ist empfehlenswert im Falle von Zusatzaufträgen oder geänderten Leistungen auch zugleich das Schicksal der Pönale mitzubedenken und mitzuverhandeln.
9. Richterliche Mäßigung auch unter Unternehmern
Das richterliche Mäßigungsrecht für Pönale gilt auch für zwischen Unternehmern vereinbarte Strafzahlungen. Das war bis 2007 nicht so. Das bedeutet in der Praxis, dass auch die von einem Unternehmer an einen anderen Unternehmer gerichtete Pönale im Streitfall über Antrag vom Gericht auf ein erträgliches Maß gemäßigt werden kann. Das Mäßigungsrecht ist auch unter Unternehmern zwingend – darf also nicht „wegvereinbart“ werden.
Damit zusammenhängend treten auch immer wieder Streitfragen mit der maximalen Höhe auf: Wird eine Pönale vereinbart, aber keine maximale Höhe festgelegt - wie etwa maximal 10 Prozent der Auftragssumme, dann ist die Pönale unlimitiert. Das kann für den Auftragnehmer sehr unangenehm und teuer werden.
10. Sittenwidrigkeit einer Pönale
Zu guter Letzt noch die immer wieder angezogene Sittenwidrigkeit: Man kann sich eines merken: Die österreichische Rechtsprechung ist bei der Annahme der Sittenwidrigkeit eher zurückhaltend. Ist aber der tatsächlich durch den Terminverzug entstandene Schaden sehr gering und die Pönale zugleich sehr hoch, hat man „gute Karten“ die Sittenwidrigkeit wirksam zu argumentieren.
Insgesamt bleibt immer daran zu denken: Bei Pönalen aufpassen und die Pönal-Klauseln gut durchstudieren, um genau zu verstehen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe eine Pönale schlagend werden kann.