Bautechnik : Austro-Know-how im Globaleinsatz

Im ersten Halbjahr 2012 wechselten mehr als 43.000 Immobilien mit einem Gesamtwert von mehr als 8 Milliarden Euro den Besitzer. Der Erhaltungszustand der Bauwerke spielt bei Immobilienkäufen naturgemäß eine große Rolle. Potenzielle Käufer verlangen heute neben einer intakten Bausubstanz zunehmend auch den Nachweis, dass keine Belastung durch Schadstoffe vorliegt. Die Qualität der vorgelegten Gutachten erwies sich in der Vergangenheit als einigermaßen durchwachsen. Unterschiedliche Herangehensweisen und Interessenslagen erschwerten die objektive Beurteilung.

Der Wunsch nach zuverlässigen Bewertungskriterien und -methoden führte schließlich 2009 zur Ausarbeitung der nationalen ÖNORM S 5730 „Erkundung von Bauwerken auf Schadstoffe und andere schädliche Faktoren". Sie wird nun europäisch und zugleich international. Die Norm regelt neben der strukturierten Vorgehensweise auch die Erfassung von Daten und Informationen für die Bewertung, hilft bei der Erstellung eines Schadstoffkatasters und bietet sowohl Auftraggebern als auch durchführenden Dienstleistern Rechtssicherheit.

Der am häufigsten festgestellte Schadstoff ist nach wie vor Asbest, wie er bis in die 1980er Jahre als Brandschutzmaterial eingesetzt wurde. Die natürliche Mineralfaser ist aber nur einer von vielen Schadstoffen, die in der Norm behandelt werden. Weitere sind u. a. Radon, Polychlorierte Biphenyle (PCB), Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Holzschutzmittel, wie Pentachlorphenol (PCP) oder Schimmelpilze. Darüber hinaus berücksichtigt ÖNORM S 5730 auch sekundäre Schadstoffquellen, die durch Übertritte in andere Bauteile entstehen, sowie nutzungs- und betriebsbedingte Kontaminationen. Im Anhang bietet das Regelwerk eine beispielhafte Aufzählung möglicher Schadstoffquellen für die bauwerksbezogene Schadstofferkundung sowie Musterformblätter für Probenahmeplanung und -protokollierung.

Seit ihrer Veröffentlichung stieß die ÖNORM S 5730 auch in anderen Ländern auf großes Interesse. Da weder auf europäischer noch auf internationaler Ebene ein derartiges Regelwerk existierte, wurde beim zuständigen Komitee der Internationalen Normungsorganisation ISO beschlossen, diese ÖNORM als EN ISO 16000-32 als Grundlage für das internationale und zugleich europäische Pendant zu verwenden. Heinz Kropiunik, Geschäftsführer des auf Schadstoffmanagement spezialisierten Ziviltechnikerbüros aetas, stand der österreichischen Arbeitsgruppe vor, welche die ÖNORM S 5730 entwickelte: „Der in der vorliegenden Norm definierte, aus Österreich stammende Standard für die Durchführung von Schadstofferkundungen hat die Chance, weltweit zu einer fundamentalen Grundlage in diesem Bereich zu werden.

Vor mehr als zwei Jahrzehnten wurde bei Austrian Standards das Vienna Agreement zwischen dem Europäischen Komitee für Normung CEN und der Internationalen Normungsorganisation ISO unterzeichnet. Auf Basis dieser Vereinbarung 1991 werden seitdem Normen entwickelt, die sowohl den Status einer Europäischen als auch einer Internationalen Norm erhalten (EN ISO). Die weitgehende Übernahme der ÖNORM S 5730 in eine entsprechende EN ISO zeigt, wie gut das Abkommen funktioniert und wie damit die europäische und internationale Zusammenarbeit zum Vorteil der künftigen Anwender einer Norm vereinfacht werden kann. Bibliographie

ÖNORM S 5730„Erkundung von Bauwerken auf Schadstoffe und andere schädliche Faktoren"

ÖNORM EN ISO 16000-32„Innenraumluftverunreinigungen; Teil 32: Untersuchung von Bauwerken auf Schadstoffe und andere schädliche Faktoren - Erkundung"